Chapter 3

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Who does not unterstand should either learn, or be silent

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Who does not unterstand should either learn, or be silent.
- John Dee

Die ganze Mensa war während der Mittagspause immer überfüllt. Meistens hatte jeder seinen Standardplatz; zumindest hatten ich und meine Freunde einen. Normalerweise unterhielten wir uns immer ausgiebig, doch heute hörte ich überhaupt nicht zu. Mein Blick war auf JJ gerichtet, die einige Plätze von uns entfernt saß, ihr Buletten-Brötchen essend und konzentriert lesend. Da hob sie den Kopf und erwiderte meinen Blick.
»Eli?«, rief Timo auf einmal in mein Ohr, so dass ich vor Schreck zusammenzuckte.
»Was?«, fragte ich perplex.
Er deutete auf meine Hand. »Seit wann trägst du so was?«
Ich blickte an mir herunter. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich die ganze Zeit meine Uhr in der Hand gehalten hatte.
»Seit den Osterferien«, sagte ich genervt. »Könntet ihr bitte aufhören, mir andauernd diese Frage zu stellen?«
Ich sah, wie JJ sich erhob und auf den Ausgang zusteuerte.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Lina mich besorgt.
»Ja … Ich muss nur was erledigen ...«
Bevor mich jemand aufhalten konnte, hatte ich mich erhoben und meine Tasche ergriffen und schlängelte mich an den Tischen vorbei zum Ausgang. Kaum war die Tür hinter mir zugefallen, erfüllte Stille den Korridor. Ich lief den leeren Gang hinunter. Es war dunkel. Das Licht war ausgeschaltet. Rechts und links neben mir standen die Decken hohen Spinde. Eigentlich müsste JJ hier auch entlanggegangen sein, doch sie war verschwunden.
»Suchst du mich?«, erklang auf einmal JJs Stimme in meinem Rücken.
Ich wandte mich um. Sie lehnte neben der Tür an der Wand, ihr linkes Bein angewinkelt, so dass sie sich mit dem Schuh an der Wand abstützte.
»Ich muss mit dir reden«, sagte ich und lief auf sie zu. »Weißt du etwas darüber?« Ich hob die Taschenuhr hoch.
JJ zog die Stirn in Falten. »Was  meinst du?«
»Die Uhr!« Ich nahm die Kette ab und hielt die Uhr nachdrücklicher hoch. »Du weißt, was sie kann, oder?«
Langsam richtete sie sich auf. »Nimmst du Drogen?«, wollte sie wissen und sah mich dabei an, als wäre ich wahnsinnig.
»Du brauchst dich nicht verstellen, JJ«, meinte ich, »ich hab deine Nachrichten verstanden. Das gestern, dass du mich besucht hast und mir die Bücher vorbeigebracht hast … der Zettel ...«
»Der Zettel war nur 'n Scherz«, erklärte JJ gelassen. »Hätte ich gewusst, dass du so ausflippst, hätte ich ein Blümchen gemalt.«
Ich ließ meine Hand sinken und verwirrt sah ich sie an. »Du weißt gar nichts über diese Uhr, oder?«
»Seh ich aus wie ein Uhrenspezialist?«, gab sie zurück. »Nein, keine Ahnung, was das Ding kann. Die Uhrzeit anzeigen? Mann, Liz, allmählich glaub ich wirklich, du bist high.«
Ich zog mir die Kette über den Kopf und versteckte die Uhr hinter meinem Oberteil. Verzweifelt wandte ich mich um, nur damit sie mein Gesicht nicht sehen musste.
Was war das für 'ne verdammt dumme Aktion, Eli?, fuhr ich mich innerlich an.
»Alles in Ordnung?«, fragte JJ in meinem Rücken. »Brauchst du 'nen Arzt oder so?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein … Nein, ich brauch verdammt noch mal jemanden zum Reden!«, sagte ich mit unbeabsichtigt lauter Stimme. Abrupt wandte ich mich ihr zu. »Tut mir leid, das sollte nicht -«
In diesem Moment betrat eine Lehrerin den Korridor. »Alle Schüler gehen in der Pause raus oder in die Mensa. Niemand steht im Flur.« Die Frau vollführte Scheuchbewegungen mit ihrer Hand.
Genervt wandte ich mich um und lief den Korridor hinunter, gefolgt von JJ.
»Ich hör zwar nicht gerne Menschen zu«, sagte JJ, als sie die Tür nach draußen öffnete, »aber falls du … reden … willst ...«
Die ganze Scheiße wächst dir noch über den Kopf, sagte meine innere Stimme, ohne dass ich dem Mädchen neben mir antwortete.
»Liz?«
»Wieso nennst du mich eigentlich Liz?«, rutschte es mir heraus und fragend sah ich sie an. »Niemand nennt mich so.«
JJ zuckte mit den Achseln. »Irgendjemand muss der Erste sein.«
Ich nickte verstehend und sah mich nachdenklich um.
Du musst mit jemanden darüber reden, Eli, und wahrscheinlich ist sie die Einzige, die dir helfen kann.
Ich schüttelte meinen Kopf und hielt mir mit meiner rechten Hand die Stirn.
»Hast du Kopfschmerzen?«
Ich antwortete nicht.
Wie lange willst du noch darüber stillschweigen? Das, was dir passiert ist – damit ist nicht zu spaßen.
Schön wär's.
»Ist alles in Ordnung?«
Abrupt wandte ich mich um. »Kannst du mich bitte in Ruhe lassen?«, fuhr ich sie an.
Sie deutete mit dem Finger auf mich. »Hey, ich wollte nur freundlich sein.«
»Lass es, okay? Ich kenn dich nicht. Wir sind nicht befreundet. Was mit mir los ist, kann dir am Arsch vorbeigehen!« Wutverzerrt wandte ich mich ab und ging davon.
»Geht es mir auch!«, brüllte JJ mir hinterher.
Innerlich hatte ich gehofft, sie würde versuchen, mich zu besänftigen und einen weiteren Versuch starten, mir zu helfen. Doch das tat sie nicht.

Die Taschenuhr - Lang lebe die Königin! [Band 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt