Kapitel 8

4.6K 300 45
                                    

"Wie meinst du das?" Ich schaute ihn an, doch er starrte nur vor sich hin.

"Ich meine, du bist der Erste, der mich beim Tanzen gesehen hat."

Als ich darauf nichts erwiderte, schüttelte er den Kopf. "Nicht so wichtig. Du musst jetzt desinfizieren."

Ich nickte und sprühte das Zeug auf die Schnittwunde und auf die Haut drum herum, Jimin zischte und beugte sich noch weiter nach vorn, bis seine Stirn auf dem Rand des Waschbeckens lag. Er atmete zitternd ein und ich hatte das Bedürfnis, ihm zu sagen, dass alles gut werden würde. Ich tat es nicht.

Schließlich richtete er sich langsam auf und trat etwas vom Waschbecken weg, damit ich ihm den Verband umwickeln konnte. Sowas hatte ich mal in einem Kurs gemacht, aber das war schon eine halbe Ewigkeit her.

Schließlich stand ich vor ihm, steckte das Ende des weißen Stoffs unter eine andere Windung davon und trat einen Schritt zurück. Wieder fielen mir die hellen Narbenflecken auf seiner Brust auf, dort, wo der Verband nicht die Haut bedeckte.

Jimin schwankte etwas. Sein Gesicht war ganz blass und seine Haare klebten an seiner Stirn. Ich holte aus unserem Medizinschrank Schmerztabletten, füllte sein Glas nochmal auf und hielt ihn fest, während er sie runterschluckte.

Ich führte ihn in sein Zimmer und brachte ihn dazu, sich auf sein Bett zu setzen.

"Hier, zieh das an, falls meine Mutter rein kommt." Ich hielt ihm eins seiner übergroßen Shirts hin und half ihm, es vorsichtig über den Kopf zu bekommen. Er schaute mich die ganze Zeit über nicht an.

"Danke, Yoongi", murmelte er kaum hörbar.

"Schon gut", ich warf mich auf sein Bett und streckte die Beine hinter ihm aus. "Aber jetzt, wo du mich mit reingezogen hast, wie genau ist das passiert?"

Ernst schaute ich ihn an und wartete, bis er meinen Blick erwiderte. Er schien völlig fertig.

"Nach der Schule war ich in der Abstellkammer, ich hab was gesucht. Irgendwie bin ich gestolpert und mit dem Rücken gegen einen dieser blöden Metallhaken gekommen."

Sein Blick war überzeugend, doch ich war nicht dumm.

"Hat dieser Kerl von gestern dir beim Suchen geholfen? Vielleicht hat er dir ja wieder ein Bein gestellt?"

Herablassend schaute ich ihn an, wenn er dachte, er könnte mich anlügen, hatte er sich geschnitten. Schlechter Wortwitz? Egal.

Jimin schaute mich verärgert an. "Ich hab doch gesagt, ich komme klar."

"Ja, so sah das vorhin auch aus."

Wütend sprang er auf, ich ignorierte, dass er sich dabei am Bettgestell festhalten musste.

"Ich hab dich nicht freiwillig um Hilfe gebeten, okay? Du warst halt da! Aber lass mich bloß in Ruhe mit deinen abfälligen Sprüchen und Blicken, verstanden? Du kannst gehen, danke!"

Eigentlich lag ich gerade ganz bequem, aber er sah aus, als würde er jeden Augenblick zusammen brechen, also tat ich, was er sagte. Nochmal wollte ich ihn nicht versorgen müssen.

-

"Mach schneller, ich will duschen!" Genervt klopfte ich erneut gegen die Badezimmertür.

"Lass mich in Ruhe!", rief er zurück.

Was fiel ihm eigentlich ein? Das war mein Bad. Er sollte froh sein, es überhaupt benutzen zu dürfen. Nur noch heute, versuchte ich mich zu beruhigen.

"Jimin." Ich schaffte es nicht ganz, die Wut aus meiner Stimme raus zu halten.

Dann wurde der Schlüssel herumgedreht und die Tür aufgestoßen. Mein Blick erfasste den oberkörperfreien Jungen, der vergeblich versuchte, seinen Verband zu wechseln.

Brother's Love // YoonMinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt