Kapitel 13

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"Erzählst du mir, was im Heim passiert ist?", fragte ich, als wir zusammen nach Hause liefen. Eine Weile schwieg er und ich fragte nicht erneut nach.

"Wer schwach ist, wird unterdrückt. Das war schon immer so, aber in diesem Heim hab ich das zum ersten Mal wirklich verstanden."

Es wurde wieder still, aber ich musste nachfragen.

"Die Betreuer?"

Er schüttelte den Kopf. "Die kümmern sich einen Dreck um die Probleme der Kinder. Es waren die älteren, die mich fertig gemacht haben. Schon damals, als ich gerade neu in dieses Heim gekommen bin."

"Damals?" Ich dachte kurz nach. "Hat diese Tussi nicht gesagt, du warst erst drei Wochen oder so da?"

Er lachte erstickt auf.

"Vor drei Wochen und fünf Tagen wurde ich aus der letzten Übergangsfamilie geholt. Davor waren es zwei Monate, die ich im Heim war, und davor fünf Wochen."

Wie erstarrt blieb ich stehen. Jimin lief noch ein paar Schritte, bevor er sich zu mir umdrehte.

"In wie vielen Übergangsfamilien warst du?"

Er lächelte und zuckte mit den Schultern, er versuchte, stark zu bleiben. "Hab aufgehört zu zählen."

Ich folgte ihm, als er sich abwandte und weiter ging.

"Was haben sie im Heim mit dir gemacht?"

Als er antwortete, klang seine Stimme müde und ausdruckslos.

"Verschiedenes. Sie haben meine Sachen geklaut, Schuhe versteckt, mein Essen genommen, sowas in der Richtung. Du hattest das Bild von meiner Mutter und mir gesehen? Den Bilderrahmen, der vorher drum war, haben sie kaputt gemacht."

Inzwischen standen wir vor der Haustür, die ich nachdenklich aufschloss.

"Können wir noch weiterreden?" Als Antwort bekam ich ein Schulterzucken.

"Jimin? Yoongi?"

Warum nannte sie seinen Namen zuerst? Das war ungerecht, ich war der Ältere und außerdem der leibliche Sohn! Ich bemerkte einen unsicheren Blick auf mir und schaute zu Jimin, der schnell auf den Boden starrte.

Vermutlich hatte er meinen Blick richtig gedeutet.

"Wir sind hier, was gibt es denn?"

Sie rief, dass wir nochmal in unsere Zimmer gehen konnten, die Betreuerin würde erst gegen fünf vorbeikommen.

Erleichtert nickte ich, als Jimin mir auf der Treppe anbot, mit in sein Zimmer zu kommen. Ich hatte noch mehr Fragen. Er setzte sich auf sein Bett, während ich mir den Schreibtischstuhl etwas heranzog.

"Gab es denn einen Grund, dass sie dich so behandelt haben?"

Er lächelte leicht, als er auf seine Hände starrte.

"Ich war der Favorit der Interessenten. Ich bin klein, ruhig und hab gute Manieren. Es hat nie lang gedauert, bis mich jemand zu sich holen wollte, das hat den Älteren nicht gepasst."

Das Lächeln verschwand, als ich fragte, warum er nicht in einer der Gastfamilien bleiben konnte.

"Die Betreuerin hat immer einen Weg gefunden, mich zurückzuholen. Lügengeschichten, falsche Beweise. Das Heim bekommt das Geld für mich, solang ich nicht offiziell in einer Pflegefamilie untergebracht bin. Und die fünf Tage, die ich dann in einer der Übergangslösungen bin, müssen sie kein Geld für mich ausgeben, also voller Gewinn. Außerdem sparen sie an Kleidung und sonstigem Zeug."

Ich wusste gar nicht, was ich dazu sagen sollte. Er saß mir gerade erschöpft gegenüber und erzählte von seinem traurigen Leben und ich musste feststellen, dass ich nicht besser gewesen war als seine anderen Problemverursacher.

"Jimin, es tut mir alles so Leid."

"Schon gut."

Eine Frage hatte ich noch.

"Diese Brandwunden... Sind die auch aus dem Heim?"

"Schön wär's. Dann hätte ich was gegen die in der Hand gehabt. Die sind von vor etwa zwei Jahren. Der Gastvater hatte einen Knacks und war nicht zufrieden damit, wie ich seine Wohnung aufgeräumt hatte."

Er senkte den Blick auf seinen Schoß und biss auf seiner Lippe herum.

"Das war das einzige Mal, dass ich froh war, als die fünf Tage vorbei waren."

Ich versuchte zu schlucken, doch es ging nicht. Mein Hals war wie zugeschnürt. Ich fragte mich, ob ihm damals mehr passiert war als die Zigarettennarben. Aber ich traute mich nicht, weiter nachzuhaken. Diese Stimmung an Jimin gefiel mir nicht.

Ich stand auf und ging vor ihm in die Hocke, schaute ihn einfach nur an.

"Ich sorge dafür, dass du hier bleiben kannst."

Er erwiderte meinen Blick, aber er glaubte mir nicht. Seine Augen vertrauten meinen Worten nicht und sein Mund verzog sich nicht zu einem Lächeln.

Als ich mich aufrichtete, strich ich ihm einmal durch die Haare und verließ dann sein Zimmer.

- - -

Meint ihr, Yoongi bekommt das echt hin?

Die Story ist wirklich fast zuende, nur noch ein längeres und dann ein kurzes Kapitel...
Ich hoffe sehr, dass es euch gefallen hat und ihr mit dem Ende zufrieden sein könnt.

Bezüglich der Fortsetzung werde ich wohl noch eine zusätzliche Info machen, und dann schauen, ob überhaupt Interesse bestehen würde. Jedenfalls findet diese Geschichte ein Ende, bei dem man nicht auf die Fortsetzung angewiesen ist!

LG SerenaTopas

Brother's Love // YoonMinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt