Kapitel 6

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Ich beschloss mich heute nochmal bei Rumpelstilzchen zu entschuldigen. Denn was ich gestern getan hatte, war wirklich nicht in Ordnung gewesen.

Ich hatte mir meine Entschuldigung schon im Kopf zurechtgelegt, doch den, an den sie gerichtet war, konnte ich nicht finden. Ich suchte ihn im ganzen Schloss, rief sogar ein paar Mal seinen Namen, doch Rumpelstilzchen tauchte nicht auf.

Enttäuscht setzte ich mich auf die Treppe. Wieso war er denn schon wieder weggegangen? Sollte das etwa eine weitere Ausführung meiner Strafe sein? Ich ließ mich in dem Sessel vor den Kamin nieder und wartete. Irgendwann im Laufe des Tages würde er ja zurückkommen und ich würde hier auf ihn warten, um mich direkt bei ihm entschuldigen zu können. 

Als ich ein paar Minuten einfach so dagesessen hatte, wurde ich unruhig, weshalb ich aufstand und auf und ab zu laufen begann. Abwesend strich ich mit der Hand über den Kamin. Dort stieß ich gegen etwas hartes. Es fiel herunter und ich schaute auf den Boden. Ein Buch. Vorsichtig hob ich es auf. Es hatte keinen Titel. 

Ich setzte mich wieder zurück in den Sessel und schlug die erste Seite auf. Als ich ein bisschen gelesen hatte, stellte sich heraus das die Geschichte von einer mutigen Kriegerin handelte, die auf der Suche nach Abenteuern war. Es gefiel mir, also las ich weiter.

Als ich ungefähr bei der Hälfte des Buches angekommen war, schaute ich auf. Draußen dämmerte es bereits. Und Rumpelstilzchen war noch immer nicht zurück. Enttäuscht klappte ich die Lektüre zu und lief zu der Eingangstür. Ich öffnete und sofort peitschten mir Wind und Regen um die Ohren. Schnell schloss ich sie wieder und lehnte mich dagegen. Vielleicht war Rumpelstilzchen etwas zugestoßen? Doch ich verwarf den Gedanken wieder. Er folterte Männer, da würde ihm doch der Regen nichts ausmachen.

Ein Donnerschlag ließ mich zusammenzucken. Aber mir machte es etwas aus. 

Ich konnte heute Nacht nicht in diesem eisigen Kerker verbringen. Also zündete ich das Feuer im Kamin an, kauerte mich wieder in den Sessel und wartete...

Ein lautes Poltern weckte mich. Ich war sofort hellwach und öffnete die Tür. Er war zurückgekommen! 

,,Guten Abend, Belle", sagte Rumpelstilzchen und grinste. 

,,Ihr seid wieder da", erwiderte ich erfreut.

,,In der Tat" Er trat ein und ich schloss die Tür. 

,,Wo wart Ihr?", fragte ich.

,,Ich habe dir etwas mitgebracht" , fuhr er unbeirrt fort und ging langsam um mich herum.

,,Wirklich? Was denn?", fragte ich erstaunt. Er holte einen kleinen Sack hervor.

,,Komm näher, dann zeige ich es dir", antwortete er bloß mit funkelnden Augen, als er wieder vor mir stand.

Zögernd trat ich näher. Er beobachtete mich grinsend.

,,Was ist es denn nun?", hakte ich neugierig nach.

,,Das hier", zischte er. Dann zog er blitzschnell einen Dolch hervor und rammte ihn mir in den Bauch. Ich sackte auf den Boden.

Ein greller Blitz durchzuckte das Zimmer. Schreiend fuhr ich hoch. 

Das Kaminfeuer war fast erloschen. Die Möbel warfen gruselige Schatten auf den Boden und der Wind rüttelte an den Fenstern.

Es war nur ein Traum gewesen. Ein schrecklicher Traum. 

Zitternd zog ich die Beine an und legte meinen Kopf auf die Knie. Jeder Donner ließ mich zusammenfahren, bei jedem Blitz kniff ich die Augen zusammen. In dieser Position verharrte ich, bis mir irgendwann die Augen wieder zufielen.

Beauty and the BeastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt