Kapitel 15

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„Die Abschlussprüfungen rücken immer näher und manche von euch müssen langsam ein bisschen mehr für die Schule tun.", Mrs. Dodds wirft mir einen Blick zu, doch ich verdrehe nur die Augen. Sie ist heute schon die dritte Lehrerin, die mit diesem Thema anfängt und langsam kommt es mir wie ein schlechter Aprilscherz vor. Denn heute ist ja schließlich der 1. April und ich habe das Gefühl, dass alle Lehrer sich zusammengeschlossen haben um uns an die Prüfungen zu erinnern und uns somit den Tag zu versauen.

Auch meine Freunde verziehen schon missmutig das Gesicht. Vorne meldet sich jemand, doch ich schalte nun komplett ab. Wir haben noch zweieinhalb Monate und wir wiederholen sowieso nur noch und machen fast keinen neuen Stoff mehr, also sehe ich keinen Grund, jetzt in Panik zu verfallen. 

In der Pause sitzen wir wie immer an unserem Stammplatz. Seit dem gemeinsamen Surfen sind zwei Wochen vergangen und der Take-Off gelingt mir schon öfter, aber noch nicht oft genug. Ich weiß, dass ich mich zumindest ein bisschen mehr auf die Schule konzentrieren muss, doch das Surfen schwirrt mir die ganze Zeit im Kopf herum. Ich finde einfach keine Lösung für dieses Problem. 

Ich schüttele kurz den Kopf, um mich wieder auf das hier und jetzt zu konzentrieren. Meine Freunde unterhalten sich gerade über die Prüfungen. 

„Ich habe jetzt schon Angst davor. Ich werde vermutlich alles versauen.", meint Leo und verzieht das Gesicht. 

„Hey, das schaffst du schon.", muntert Piper ihren besten Freund auf. 

Jetzt mische ich mich auch in das Gespräch ein. „Wisst ihr eigentlich schon, was ihr danach machen wollt?", ich sehe neugierig in die Runde. Vor dem Haiangriff ist das für mich nie ein Problem gewesen. Ich habe alle Chancen auf eine Karriere als Profisurfer gehabt, doch nun muss ich mir eine Alternative überlegen. 

„Piper und ich haben beschlossen, dass wir auf ein College auf dem Festland gehen.", die beiden halten sich an den Händen und sehen sich lächelnd an. Automatisch taste ich nach Annies Hand. Mir wird klar, dass ich auf jeden Fall mit Annabeth zusammen bleiben will, egal was die Zukunft für mich bereithält. Ich sehe zu ihr und sie lächelt mich an. Aus irgendeinem Grund weiß ich, dass sie genauso denkt wie ich. Ein warmes Gefühl durchströmt mich. 

„Das ist eine tolle Neuigkeit.", sagt nun Hazel. Kurz sehe ich zu meinem besten Freund Grover. In letzter Zeit ist er stiller als sonst. Sofort fühle ich mich mies. Ich hätte das schon früher bemerken sollen, war aber zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Mir ist klar, dass er mir das nie vorwerfen würde, dennoch nagt es an meinem Gewissen. Als die Pause zu Ende ist, halte ich ihn kurz am Arm fest. 

„Was ist mit dir? Du siehst niedergeschlagen aus.", frage ich ihn. Wir gehen ein paar Schritte hinter den Anderen. 

„Es ist wegen Juniper. Sie will unbedingt auf das Festland und dort auf ein College gehen, aber ich würde viel lieber hier bleiben und mich für die Umwelt einsetzen.", erzählt er mir traurig. „Ich habe Angst, sie zu verlieren, aber ich will auch nichts machen, dass ich wirklich nicht möchte." 

Ich runzle die Stirn und überlege kurz. „Sag ihr das, sie sollte es wissen. Vielleicht findet ihr einen Mittelweg.", rate ich ihm. Er lächelt mich schief an und murmelt ein danke. Wir betreten das Schulgebäude und die klimatisierte Luft schlägt mir entgegen. 

Plötzlich hackt sich Annie bei mir unter. „Woran denkst du?", will sie wissen. 

„An alles und irgendwie nichts", antworte ich. Darauf lächelt sie kurz geheimnisvoll. „Komm, lass uns in das Klassenzimmer gehen."

Nach der Schule sitze ich mit Annabeth in meinem alten Auto. Sie startet den Motor und fährt los. Doch schon bald fällt mir auf, dass wir nicht wie sonst zu mir nach Hause fahren. 

„Annie, wohin fährst du? Haben wir noch etwas vor?", frage ich. 

„Du wirst es sehen.", meint sie nur und richtet ihren Blick wieder auf die Straße. Grübelnd sehe ich aus dem Fenster. Das Meer glitzert in der Sonne und die Palmen bewegen sich im Wind. Kleine Wellen türmen sich in der Bucht und es wäre der perfekte Tag zum Surfen. Ich verliere mich in den Gedanken, doch dann hält Annie plötzlich an. Ich sehe auf und bemerke, dass wir vor Leos' Zuhause parken. Schnell packe ich meinen Glücksbringer, denn ich, ohne es zu bemerken, in meiner Hand gedreht habe, wieder in meine Hosentasche. 

„Willst du mir jetzt sagen, was wir hier machen?", bitte ich meine Freundin, aber sie schüttelt lachend den Kopf. 

„Jetzt sei doch nicht so neugierig. Du wirst es sowieso gleich sehen. Die fünf Minuten kannst du auch noch warten.", antwortet sie auf meine Frage. Jetzt öffnet sich die Haustür und Leo kommt uns entgegen. Schnell steigen wir aus und warten. 

„Da seid ihr ja endlich! Lasst uns in den Garten gehen.", meint er und geht schon einmal los. Annabeth folgt ihm ohne zu zögern und ich mache es ihr gleich. Mir fällt auf, dass ich noch nie bei Leo war. Wir haben ihn immer nur vor dem Haus abgeholt. Aber sein Zuhause unterscheidet sich kaum von meinem. Es ist relativ groß und hat einen Garten, in dem -wie auch bei mir- ein Schuppen steht. Wir lassen uns an einem Tisch nieder. Ich beuge mich erwartungsvoll vor und warte auf Erklärungen. 

Leo bemerkt meine Ungeduld und lässt sich extra noch ein bisschen Zeit, bevor er anfängt zu reden. „Also... ähhh... wo fange ich am besten an...", beginnt er, doch meine Freundin unterbricht ihn. 

„Meine Güte, Leo, lass mich das machen." Sie nimmt meine Hand „Seit wir zusammen Surfen waren, sind mir deine Probleme nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Ich habe Tag und Nacht gegrübelt, was helfen könnte und habe schließlich Leo um Rat gebeten. Du weißt ja, dass er gerne bastelt und da haben wir uns zusammengesetzt. Es könnte sein, dass wir eine Lösung gefunden haben.", sie sieht mich erwartungsvoll an und wartet anscheinend auf eine Erwiderung. Doch mir hat es die Sprache verschlagen. Eine Lösung? Was bedeutet das? Ein kleiner Hoffnungsschimmer glimmt in mir auf, doch ich versuche ihn gleich wieder zu ersticken, um nicht enttäuscht zu werden. Denn im Moment bin ich mir meiner Situation relativ zufrieden und ich will nicht, dass sich dies ändert. 

„Was meinst du damit?", will ich vorsichtig wissen. 

Annie lächelt sanft. „Du hast doch Probleme mit dem Take-Off und dem Durchtauchen einer Welle, oder? Weil du mit nur einem Arm das Board nicht festhalten kannst. Wir haben eine Lösung. Komm mit, wir zeigen es dir.", mit diesen Worten steht sie auf und geht auf den Schuppen zu. Leo grinst mich einmal an und folgt ihr. 

Auch ich stehe nun auf. Meine Beine fühlen sich vor Aufregung wie Gummi an. Leo sperrt gerade den Schuppen auf und verschwindet darin. Ich stelle mich neben Annabeth und nehme ihre Hand. Zärtlich streicht sie mit ihrem Daumen über meinen Handrücken. Diese Berührung beruhigt mich und ich warte nun neugierig. Kurz darauf kommt Leo zurück und trägt ein... Surfboard nach draußen. Ich begreife nicht, was an diesem Board anders ist, als an meinen eigenen. 

Leo lehnt es an die Wand des Schuppens. Jetzt wird es mir klar. An der Vorderseite, relativ weit vorne, ist ein Griff angebracht. Mir stockt der Atem. Schnell gehe ich zu dem Brett und sehe mir alles genauer an. Vorsichtig streiche ich mit meiner Hand über das Board und nehme zum Schluss den Griff in die Hand. Von ganz weit weg höre ich Leo reden. 

„Es ist vielleicht noch nicht perfekt und manche Sachen müssen noch verbessert werden, aber es ist ein Anfang. Was sagst du?"

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Wie immer hoffe ich, dass es euch gefallen hat :) Und ich würde mich freuen, wenn ihr bei meiner neuen Geschichte vorbeischauen würdet: 

https://www.wattpad.com/story/160194578-die-macht-der-meere 

glg Sharon <3

Soul SurferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt