Kapitel 25

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Ich gehe durch die Menschenmenge zu meinen Freunden, die schon auf mich warten. Sie bilden einen Kreis um mich und Annabeth umarmt mich einmal kurz. Es scheint sie nicht zu stören, dass ich von Meer komplett nass bin. Ich drücke sie mit meinem Arm schnell an mich und als ich meine Freunde schnell mustere, bemerke ich, wie sie mich ein bisschen mitleidig ansehen. „Mach dir nichts draus, Percy. Das nächste Mal gewinnst du wieder.", meint Jason aufmunternd. Ich schnaube einmal kurz. „Ihr müsst mich nicht trösten, wirklich nicht. Ich habe ja von Anfang an gewusst, dass ich keine Chance habe. Ich wollte allen hier nur zeigen, dass ich noch surfen kann, wenn auch nicht so gut wie früher.", sage ich in die Runde. Wir gehen zu unserem Platz zurück und ich spüre Octavians Blick in meinem Rücken. Ich muss kurz die Augen verdrehen. Annie bemerkt dies. „Was ist los?", will sie wissen. Ich zucke mit den Schultern. „Weißt du, er hat alles daran gesetzt, dass ich nicht mal eine Welle bekomme und es hat fast geklappt.", erzähle ich ihr. „Bei der letzten war er ein bisschen unaufmerksam und nur deswegen hatte ich die Chance, überhaupt einmal zu Surfen. Der Junge sollte echt mal zum Psychiater gehen und an seinem Sozialverhalten arbeiten.", schließe ich. Die Vorstellung von Octavian, wie er bei einem Psychiater auf der Couch liegt bringt sie zum Lachen und auch ich muss grinsen. Nachdem wir uns alle wieder auf den Handtüchern niedergelassen haben, sieht Leo mich prüfend an. „Du bist also gar nicht enttäuscht, oder so?", fragt er. „Naja, enttäuscht bin ich schon ein bisschen, ich habe schließlich verloren. Aber fällt dir was auf? Ich werde nicht mehr so mitleidig oder wie ein Tier im Zoo angestarrt, denn ich habe gezeigt, dass ich zumindest durchschnittlich surfen kann und nur darum ging es.", erkläre ich. Was in mir drinnen nun genau vor sich geht, weiß ich selber nicht so genau. Es ist eine Mischung aus verschiedenen Empfindungen. Ja, ich bin ein bisschen Enttäuscht, aber ich bin auch ein wenig stolz und zufrieden mit meiner Leistung. Octavian ist ein Arsch und das habe schon immer gewusst, deswegen erkennt er die Leistung, die ich heute gebracht habe, nicht an. Kurz nachdem ich den Arm verloren habe, habe ich nicht gedacht, dass ich jemals wieder auf einem Surfbrett stehen werde, aber heute habe ich mich getraut, in der Öffentlichkeit zu surfen und erst jetzt wird mir klar, was das für ein großer Schritt ist. Und es wird nicht der letzte große Schritt bleiben.

Als es langsam leerer am Strand ist und es schon spät wird, machen Annabeth und ich uns auf den Weg, um etwas zum Essen zu besorgen. Am Strand gibt es ein kleines italienisches Restaurant und von dort holen wir uns Pizza, die wir dann am Strand essen. Nachdem es schon zu Dämmern angefangen hat, haben Annie und ich genug für einen Tag erlebt und verabschieden uns von unseren Freunden. Kurz darauf sitzen wir wieder im Auto. Jason hat versprochen, unsere Boards am nächsten Tag vorbeizubringen. Es ist nicht weit bis zu mir und schon nach wenigen Minuten fährt Annie meine Einfahrt hoch, da jetzt die Hauptverkehrszeit vorbei ist und somit die Straßen relativ leer sind. Um mich von Annabeth zu verabschieden, beuge ich mich zu ihr hinüber und drücke meine Lippen auf ihre. Ich drehe eine ihrer blonden Haarsträhnen in meiner Hand und sehe ihr tief in die Augen. „Wenn wir das nächste Mal etwas zusammen machen, darfst du alleine entscheiden, was wir machen, versprochen. Ich würde sogar mit dir in ein Museum gehen, oder so. Hauptsache, du bist da.", murmele ich. Bei dem Gedanken an einen Museumsbesuch verziehe ich fast das Gesicht. Ein kleines Lächeln stiehlt sich auf ihre Lippen. „Ich werde deine Worte nicht vergessen.", meint sie. „Aber so schlimm war es heute gar nicht, du brauchst also kein schlechtes Gewissen haben.". Ich küsse sie noch einmal. „Weißt du eigentlich, dass du die beste Freundin aller Zeiten bist?", hauche ich. Sie boxt mir leicht gegen die Schulter. „Nein, du sagst es mir nur jeden Tag.", die Ironie in ihrer Stimme ist nicht zu überhören, doch gleichzeitig lächelt sie. Nach einem langen Blick bringe ich es endlich über mich auszusteigen. Ich winke ihr noch einmal zu, dann schließe ich die Haustür auf.  Als ich den Flur betrete, kommt mir Paul schon entgegen. „Sei bitte leise, deine Mutter schläft schon, sie war vorhin ziemlich müde.", flüstert er. Ich zeige ihm mit einem Nicken, dass ich ihn verstanden habe und schlüpfe aus meinen Flipflops. Dann gehe ich in die Küche, um mir etwas zum Trinken zu holen. „Wie war dein Tag?", erkundigt sich Paul leise, also erzähle ich ihm alles. Nachdem ich fertig war, beschließe ich, dass anzusprechen, was mir schon den ganzen restlichen Nachmittag im Kopf herumgeistert. „Mir ist heute aufgefallen, wie sehr ich aus der Form bin. Ich weiß, mit nur einem Arm ist es eine riesige Umstellung und ich bin stolz auf das, was ich schon erreicht habe. Aber ich will wieder auf Wettkämpfe gehen, das wurde mir bei dem kleinen Wettbewerb zwischen mir und Octavian klar. Und das kann ich nur, wenn ich wieder anfange richtig zu trainieren.", sage ich und sehe ihn erwartungsvoll an. „Was hältst du davon?". Paul fängt an zu grinsen. „Mir war das klar, seit du mich gefragt hast, ob ich dir beim Schwimmen und Surfen helfe. Ich finde die Idee großartig, denn ich weiß, dass das Surfen ein Teil von dir ist und ich werde dir in jeglicher Hinsicht helfen.", schließt mein Stiefvater. Ich halte ihm meine Hand hin, damit er einschlägt. Es ist Zeit, wieder richtig ins Geschäft einzusteigen und Octavian Feuer unter dem Hintern zu machen.

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