Kapitel 22

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Da ich mich jetzt nicht mehr mit der Schule herumschlagen muss, kann ich mich endlich wieder vollends auf das Surfen konzentrieren. Ich trainiere jeden Tag und sobald es die Wetterbedingungen erlauben am Strand hinter unserem Haus. Ich habe auch Annabeth und Leo gebeten, meine restlichen Surfboards mit einem Griff auszustatten, sodass ich nicht immer nur auf ein Brett beschränkt bin. Ich mache schnell Fortschritte und auch Annabeth leistet mir oft Gesellschaft. An eine Nachmittag Ende Juni, sind wir also wieder einmal im Meer und üben. Meine Freundin findet auch langsam Gefallen am Surfen und es macht mich einfach glücklich, mit ihr zusammen zu sein.

Langsam paddeln wir beide nach draußen. In diesem Tempo bereitet es mir keine Probleme mehr, denn mein Arm hat sich schon ein bisschen an die Arbeit gewöhnt. Als wir weit genug draußen sind, halten wir an und setzen uns auf. Kurz darauf sehe ich die erste gute Welle. „Annie, das ist deine. Schnapp sie dir!", fordere ich meine Freundin auf. Diese lässt es sich nicht zweimal sagen und paddelt sofort los. Ihr Take-Off ist schon relativ sicher und sie fährt ein paar Turns. Ich jubele ihr zu und strecke meine Faust in die Luft. Als sie wieder bei mir ist, sehe ich, dass sie lächelt. Ich drücke ihr einen Kuss auf die Lippen. Ich schmecke das Salzwasser und fühle ihre Wärme. Kurz schließe ich die Augen, doch ich spüre, wie sie mich leicht von sich wegdrückt. „Was ist?", frage ich verwundert. Annie lacht. „Falls du es vergessen hast, treiben wir beide auf zwei Surfbrettern im Meer. Ich glaube, das ist nicht der richtige Moment für Zärtlichkeiten.", meint sie immer noch lachend. Ihre Worte bringen mich zum Schmunzeln. „Ich glaube, da hast du Recht.", erwidere ich. Was würde ich nur ohne sie machen? Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich eine Welle auftürmt. Ich weise Annabeth darauf ihn und mache mich sofort auf den Weg. Als die Welle noch zwanzig Meter von mit entfernt ist, drehe ich das Board, sodass ich in Richtung Strand sehe und paddle weiter. Ich spüre, wie die Welle die Wassermassen unter mir anzieht und wie immer ist es ein unbeschreibliches Gefühl die Macht des Meeres zu spüren. Ich warte den passenden Moment ab und stehe dann auf. Zuerst fahre ich nur zwei Turns, aber als ich merke, dass diese keine Herausforderung mehr darstellen, entscheide ich mich im Bruchteil einer Sekunde, dass es Zeit ist, wieder die ersten Tricks zu trainieren. Ich probiere mich an einem Snap-Tailslide und surfe bis zum höchsten Punkt an der Welle. Dann wende ich ruckartig und drehe mich um ungefähr 90°. Mein Board schliddert ein bisschen weiter und ich spüre, wie ich mein Gleichgewicht verliere. Um dies wieder auszugleichen, gehe ich noch ein bisschen mehr in die Knie und versuche meinen Oberkörper über dem Brett zu halten. Es funktioniert und ich merke, wie ich sicherer auf dem Surfboard stehe. Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht. Es ist wie ein Rausch. Nirgendwo anders fühle ich mich so frei wie hier. Leider ist dieser Augenblick viel zu schnell zu Ende. Ich sehe, dass ich das Ende der Welle erreicht habe und springe in das Wasser. Dann paddele ich zu Annabeth zurück. Ich grinse immer noch dämlich und sie zieht amüsiert die Augenbrauen hoch, als sie mich sieht. So geht das den ganzen Vormittag weiter. Wir wechseln uns immer ab und dann, als die Sonne schon stark vom Himmel scheint, beschließen wir, dass es fürs Erste genug ist. Wir setzen uns noch an den Strand. Ich schnappe mir ein Handtuch und trocken meine Haare und mein Gesicht, dann setze ich mich neben Annabeth. „Danke.", sage ich plötzlich und ziehe sie an mich. Unsere Lippen treffen aufeinander. Schnell wird der Kuss leidenschaftlich und ich stöhne leise auf. Meine Hand liegt auf ihrem Rücken und ich lasse sie in ihren Nacken hochwandern. Dann wird uns beiden bewusst, wo wir sind und wir lösen uns voneinander. Ich sehe, wie Annabeth leicht rot anläuft. Sanft nehme ich ihre Hand. „Hey, es hat uns doch niemand gesehen.", murmele ich. Sie nickt kurz, dann wird ihre Miene verwirrt. „Wofür hast du dich bedankt?", will sie wissen. Ich lächle. „Dafür, dass du da bist und mit mir surfen gehst. Ich weiß jetzt, was das für eine Überwindung für dich sein muss und ich bin einfach glücklich, dass du es trotzdem für mich tust.", erkläre ich ihr. „Weißt du, es ist natürlich schwer für mich, aber so langsam kann ich verstehen, wieso du das Surfen so sehr liebst. Ich kann nicht leugnen, dass es mir manchmal auch Spaß macht.", meint sie zaghaft. Ich lächle sie an und weiß nicht, was ich sagen soll, also lass ich es einfach und versuche, ihr mit einem Blick meine Gefühle zu beschreiben. Dann fällt mir noch etwas ein. „Du musst dir übrigens den Abend von deinem Geburtstag freihalten.", sage ich. Überrascht sieht sie mich an. „Du planst etwas?", fragt sie. „Es könnte theoretisch möglich sein, dass ich unter gewissen Umständen eine Überraschung vorbereite.", antworte ich. Meine Worte bringen sie zum Lachen und mir wird warm ums Herz. Sie setzt einen verführerischen Blick auf und sieht mich unter halb geschlossenen Lidern an. „Erhalte ich einen kleinen Hinweis?", haucht sie. Es fällt mir schwer, standhaft zu bleiben, doch am Ende gelingt es mir doch. „Vergiss es, Annie. Das erfährst du erst an deinem Geburtstag.", gebe ich so sicher wie möglich zurück. Sie verzieht enttäuscht das Gesicht. 

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