Kapitel 10

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Am nächsten Morgen wache ich nur langsam auf. Wir sind noch lange am Strand geblieben und ich bin erst spät ins Haus zurückgekehrt. Meine Eltern haben schon geschlafen und deswegen konnte ich sie auch nicht mehr fragen, wie ihr Essen gelaufen ist. 

Gähnend schäle ich mich aus meiner Bettdecke und versuche, auf dem Weg ins Bad gegen keine Türen zu laufen. Als ich in den Spiegel blicke, fällt mir auf, dass ich viel besser aussehe, als gestern. Zum einen habe ich keine Augenringe mehr und wirke ausgeschlafen. Auch die blauen Flecken verblassen immer weiter. Zum anderen wirke ich-... zufriedener. Vielleicht auch ein bisschen glücklicher, als die letzten Wochen. 

Gut gelaunt gehe ich in die Küche, in der meine Mom und Paul sitzen. Beide sind schon mit dem Frühstück fertig und trinken nur noch ihren Kaffee aus. Zusammen strahlen sie um die Wette und ich bleibe im Türrahmen stehen. Mom dreht sich um und ich sehe sie erwartungsvoll an. Ihre Augen leuchten und als ich das sehe, wird mir warm. Sie hat es wirklich verdient, endlich den richtigen Mann gefunden zu haben. 

„Willst du mir etwas sagen?", frage ich sie und zwinkere Paul zu. 

Meine Mutter wird rot. „Paul und ich-... Wir haben uns verlobt!", erwidert sie freudestrahlend. Ich fange an zu grinsen, gehe zu Paul, halte ihm die Hand zum High-Five hin und er schlägt lachend ein. 

Meine Mutter sieht uns ungläubig an. „Du hast es gewusst?"

Bei ihrem Gesichtsausdruck muss ich unwillkürlich lachen. Auch Paul stimmt ein. „Herzlichen Glückwunsch, Mom.", sage ich nur. Lächelnd drücke ich ihr einen Kuss auf die Wange. Dann hole ich mir einen Joghurt aus dem Kühlschrank. 

„Habt ihr schon einen Termin für die Hochzeit festgelegt?", frage ich. Nebenbei löffle ich den Joghurt. 

„Dafür ist es noch zu früh, wir sind ja erst seit gestern verlobt.", meint Paul, während Mom „Entweder vor oder nach der Geburt" antwortet. 

Paul sieht sie verwirrt an. „Wieso das denn?", will er wissen. 

Sie wird wieder rot. „Das klingt vielleicht eitel, oder so, aber ich möchte nicht mit einem Babybauch auf den Hochzeitsfotos zu sehen sein. Das hört sich furchtbar an, ich weiß!", sie vergräbt ihr Gesicht in den Händen. 

Mein Stiefvater in spe nimmt sanft ihre Hand. „Das macht doch nichts, Schatz. Wir machen es, wann immer du willst.", er lächelt sie aufmunternd an. Die ganze Zeit habe ich meinen Kopf wie bei einem interessanten Tennismatch hin und hergedreht. Bevor sie zu mir hersehen, stehe ich auf und schenke mir eine Tasse Kaffee ein. 

„Ich habe übrigens gestern Abend ein Surfboard verbrannt.", reiße ich sie aus ihrer kleinen Welt. Sofort schnellen ihre Köpfe zu mir herum. Entsetzt sehen sie mich an. 

„Du hast was? Ich dachte du wolltest-...", bevor Paul weiterreden kann, unterbreche ich ihn. 

„Es ist nicht so, wie ihr denkt. Es war nur das Board von den Nationalen Meisterschaften.", beruhige ich sie. 

Jetzt sehen mich beide verständnisvoll an. „Wie bist du auf diese Idee gekommen?", fragt mich Mom. Also erzähle ich ihnen von Tyler und was danach noch alles geschehen ist.

Am späten Vormittag gehe ich an den Strand. Wieder ist es kein guter Tag zum Surfen. Ich bin fast ein bisschen enttäuscht. Eigentlich habe ich mich innerlich darauf vorbereitet, heute das erste Mal wieder richtig zu Surfen. Aber daraus wird wohl nichts. Deshalb gehe ich noch einmal zu der Stelle, an der wir gestern das Lagerfeuer gemacht haben. Es liegen noch einige verkohlte Holzreste in dem Steinkreis. In der Asche entdecke ich auch noch ein rundes Stück Holz, das sich vom Rest abhebt. Mit gerunzelter Stirn hebe ich es auf-... und erstarre. Es ist ein unbeschadeter Teil des Boards. Ich drehe es eine Weile in der Hand und denke nach. Vielleicht gibt es ja einen Grund dafür, dass es nicht verbrannt ist. Zögerlich stecke ich es in die Hosentasche. Ich beschließe, es als Warnung aufzuheben.

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