||Louis POV||
Am nächsten Morgen erhielt ich einen Anruf von Harry, dass er heute später kommen würde, da seine Mutter ihm einen Arztbesuch an's Herz gelegt hatte.
Also saß ich alleine vor dem Fernseher, versuchte Begeisterung für den abspielenden Action-Film aufzubringen, doch dachte in Wirklichkeit ununterbrochen an Harry. Er hatte so etwas Beruhigendes an sich, auch wenn er die Aufregung und Tollpatschigkeit in Person war, dass mir durch ihn endlich wieder die schöne Seite des Lebens gezeigt wurde. Harry war jemand, den man gerne bei sich hatte, den man gerne umarmen würde und jemand - um es ganz kitschig auszudrücken-, der ein Stück des Himmels auf die Erde brachte. Er wirkte auf den ersten Blick so naiv und leichtsinnig, doch eigentlich tat er nur genau das, was mir so schwer fiel: Er genoss sein Leben. Mir gefiel es, wie er ständig, über jeden noch so schlechten Witz lachte, wie er sich andauernd blamierte und wie viel zu oft das Kleinkind in ihm wieder hervorkam.
Ungeduldig begannen meine Finger mit den Speichen der Räder unter mir zu spielen und ich seufzte leise auf. Ich vermisste Harry und es nervte mich. Ich wollte nicht mehr durch meine Gefühle auf andere Personen angewiesen sein, wo es doch so viel einfacher war, immer kalt und sturr zu bleiben und niemanden heranzulassen. Doch Harrys Charme hatte mich irgendwie um den Finger gewickelt und das war mir eigentlich von der allerersten, verdammten Minute an klar gewesen, als er vor mir stand, hilflos, nervös und eingeschüchtert.
"Hi." Erschrocken drehte ich meinen Kopf zu Seite. Im Türrahmen stand Harry, ein verlegenes Grinsen im Gesicht und seine Hände fest um ein Paar Krücken geklammert. "Harry", lächelte ich leise und schaltete den Fernseher aus, "Setzt dich doch." Mit wackeligen Hopsern bewegte er sich Richtung Sofa und ließ sich schließlich mir gegenüber fallen. Seine Krücken versuchte er umständlich an die Wand neben sich zu lehnen, doch er gab nach einigen Versuchen auf und legte sie stattdessen auf den Boden. Abwartend grinste er mich an und strich sich mit einer schnellen Bewegung eine seiner Locken hinter die Ohren. "Wie geht's dir?", fragte ich ihn, mit noch immer nach oben gezogenen Mundwinkeln. Wie gesagt, ich mochte seine Anwesenheit. "Könnte besser sein... aber auch schlechter", er grinste und ich verdrehte die Augen, eher amüsiert als entnervt, "Der Arzt hat gemeint, dass ich mir die Bänder angerissen habe." Seine Stimme klang dabei so unsicher und kenntnisarm, dass ich mir die Frage, ob Innen- oder Außenband, wirklich sparen konnte. "Und wie lange brauchst du die Stecken noch?", fragte ich ihn stattdessen und nickte mit dem Kopf in Richtung der Krücken. "Nur zwei Wochen oder so." Er lehnte sich ein Stück weiter in die Kissen und versuchte, eine gemütlichere Position zu finden, als er auf einmal sein Gesicht verzog und leise stöhnte. Ich löste sofort die Bremsen aus dem Rollstuhl und schob mich näher an ihn. "Alles okay?" Er nickte, doch seine Augen waren noch immer zugekniffen und seine Hand umklammerte den verbundenen Fuß. "Harry, brauchst du etwas? Ein Kühlpack vielleicht oder soll ich den Tisch heranziehen, damit du deinen Fuß hochlegen kannst?" Harry öffnete seine Augen und sah mich dankend an. "Den Tisch... das wäre nett, ich hab mich nur angestoßen, aber es tut weh", stammelte er leise und ich strich ihm kurz über den Rücken, bevor ich den Beistelltisch näher an das Sofa schob und Harrys Fuß darauf bettete. "Danke." Ich nickte und sah mir den Jungen vor mir genauer an. "Du siehst müde aus", stellte ich fest und hatte selber keine Ahnung, warum ich ihm das jetzt mitgeteilt hatte. "Hab schlecht geschlafen. Meine Mutter war nicht da und zwei kleine Schwestern passen nicht von alleine auf sich auf", meinte er schon wieder grinsend. "Du hast Schwestern? Wie alt sind sie?" Harry nickte glücklich. "Nathalie ist vier Jahre alt und Victoria zwölf. Sie sind wirklich Engel, beide haben blonde Locken und sind zuckersüß. Klar, sind sie manchmal nervig, aber das bin ich ja auch und normalerweise benehmen sie sich gut. Sie verstehen es auch, dass sie nicht alles haben oder machen können, wegen dem Geld. Sie versuchen immer, Mum nicht zur Last zu fallen und- O Gott, tut mir leid. Ähm ja, also, vier und zwölf Jahre alt", beendete er seine kleine Rede beschämt und senkte den Blick auf den Boden. Ich lachte kurz auf. "Ich muss sie unbedingt kennenlernen." Seine Augen erhellten sich und er grinste breit sein lass-uns-die-Welt-besser-machen-indem-wir-alle-ganz-breit-lächeln-Grinsen. "Hast du auch Geschwister?" Meine Mundwinkel fielen, ich schloss kurz meine Augen und umklammerte die Armlehnen des Rollstuhls fest mit meinen Fingern. Die Erinnerungen kamen zurück, die Geschwindigkeit, der Schrei und dann diese Stille. Diese grausame, schmerzvolle Stille.
"Nein", flüsterte ich, mehr für mich selbst als für irgendjemand anderen.
"Na, ihr Süßen?! Was habt ihr Schönes geplant?", holte mich die Stimme meiner Mutter in die Gegenwart zurück. Harry lächelte sie höflich an, "Noch nichts." Sie nickte verstehend, bevor ihr Blick auf mich fiel. "Ist alles in Ordnung, Schatz?", fragte sie einfühlsam und strich mir mit dem Handrücken über die Wange. "Ähm, ja klar", log ich sie an, mit einem halbherzigem Lächeln auf den Lippen. "Na gut. Habt ihr Hunger?" Harry nickte schüchternd, woraufhin meine Mutter sofort in der Küche verschwand. Ich bemerkte, wie der Blick des Lockenkopfes auf mir lag, doch er traute sich nicht etwas zu sagen. Mein Räuspern unterbrach das unangenehme Schweigen. "Äh, wie geht's deinem Fuß?" Harry atmete auf, scheinbar erleichtert, dass er nun nicht mehr angestrengt nach Worten suchen musste. "Besser, danke." Ich nickte und es wurde wieder still. "Louis?" Harry spielte nervös mit seinen Fingern, bevor er fortfuhr, "Warum hast du diesen Aufkleber auf der Lehne kleben? Ich meine, es passt irgendwie nicht zu dir..." Ich grinste, genau das dachte ich mir auch immer. "Mum fand das scheinbar witzig. Immerhin konnte ich ihr den 'Ich bin nur zu faul, um zu laufen'-Sticker ausreden." Harry brach in Lachen aus und ich schmunzelte amüsiert, viel mehr über Harry als diesen dämlichen Witz.
"Essen ist fertig!", erklang Mums Stimme und kurz darauf steckte sie ihren Kopf mit einem dämlichen Grinsen durch den Türspalt. "Kommt ihr?" Ich nickte, leise über die Übermotivation meiner Mutter schimpfend. "Du solltest sie lieben, immerhin ist sie der Grund, dass du überhaupt leben darfst", meinte Harry und ich konnte tatsächlich so etwas wie Ernsthaftigkeit aus seiner Stimme heraushören. "Oh, da bin ich ihr aber dankbar." Als Reaktion auf meine sarkastische Antwort zog Harry nur seine Augenbrauen hoch und bückte sich nach seinen Krücken. Wir gingen gemeinsam in die Küche, wobei das bei Harry eher ein sehr langsamer Prozess des Hopsens war und bei mir ein endloses Schieben der Reifen des Rollstuhles. "Na, ihr seid vielleicht ein Pack. Ihr seht aus wie frisch aus dem Krankenhaus ausgebrochen", machte meine Mutter den Witz des Jahrtausend. Ich war mir nicht einmal sicher, ob das überhaupt noch als Witz gelten würde, doch Harry lachte natürlich.
Das Essen bestand erneut aus betreten Schweigen, kurzen, unnötigen Anekdoten meiner Mutter und Harrys lautem Lachen. Ich schob die meiste Zeit das Essen auf meinem Teller hin und her. Gerade war ich dabei mir zu überlegen, ob es normal war, dass Kartoffelbrei beinahe braun war oder ob es da jemand für unnötig gehalten hatte, die Kartoffeln zu schälen, als meine Mum mich leicht anstupste. "Schmeckt es dir?" Ich nickte mit gequältem Lächeln und schaute Harry böse an, als er anfing zu lachen. Meine Mutter war noch nie eine besonders gute Köchin gewesen.
Allerdings waren die, auf Harry gerichteten bösen Blicke auch nicht sonderlich überzeugend.
Hhaallöllee (hehe)
Okay. Es tut mir so scheiße leid, wirklich.
Ich weiß gar nicht, wie viele Wochen es her ist, dass ich geupdatet habe, aber definitiv zu viele ._.
Ich hasse es selber, wenn Leute ewig nicht weiterschreiben (außer sie haben einen gescheiten Grund) und ja... es tut mir echt leid:/
Vorallem weil ich morgen für zwei Wochen nach Frankreich fahre und da kein Internet habe, dh ihr nochmal etwas länger warten müsst :/
Ich hoffe ihr hasst mich jetzt nicht komplett, weil ich liebe euch ♡
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Ich bremse auch für Fußgänger | Larry
RomanceDie Räder seines Rollstuhls drehten sich beinahe lautlos auf dem glatten Steinboden, hinterließen feine Streifen und ein leises, quietschendes Geräusch. Manchmal dachte er sich, dass diese Räder wie sein Leben waren, eintönig und scheinbar endlos. A...