Louis POV:
Die Zeit mit Harry verging wahnsinnig schnell, seit fast einem Monat besuchte er mich nun schon täglich und es verging kein Tag, an dem ich mich nicht auf ihn freute. Ein Außenstehender hätte wahrscheinlich behauptet, dass Harry und ich Freunde waren, doch darüber war ich mir nicht wirklich sicher. Immerhin erledigte er hier nur seine Arbeit.
"Louis!", holte mich Harrys laute Stimme aus meinen Gedanken. Er hatte jetzt schon seit fast einer halben Stunde versucht ein Kartenhaus aufzustellen, da ich mit ihm eine Wette am Laufen hatte, nachdem ich ihn über seine Tollpatschigkeit und Ungeduld aufgezogen hatte. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass er 34 Minuten Zeit hatte (35 hätte ich ihm niemals genehmigt, aber unter 33 ging bei ihm nichts), er zwölf Karten verwenden sollte und ich ihn nicht ablenken durfte.
Ich drehte meinen Kopf zu Harry und dem erwartetem Meisterwerk. Doch anstatt einer Pyramide aus Spielkarten, blickte mir ein Lockenschopf mit Schmollmund und großen traurigen Augen entgegen. Vor ihm sammelte sich ein kleiner Haufen an Karten, nicht eine einzige schien am rechten Ort zu liegen oder stehen "Weißt du, was ich glaube?", begann Harry leise und ich schüttelte grinsend meinen Kopf. "Ich denke, dass das überhaupt nicht funktioniert. Die Bilder, die ich davon gesehen habe, sind bestimmt gar nicht echt." Lachend rollte ich mich näher an Harry und seine verunglückte Wette heran. "Das heißt, du gibst auf?" Provozierend wackelte ich mit meinen Augenbrauen. Der Junge zuckte mit den Schultern und nickte schließlich. "Aber muss ich das jetzt echt trinken?" Meine Mutter hatte heute Morgen frische Austern vom Markt mitgebracht und war ernsthaft der Meinung gewesen, dass ich mich freuen würde. Ich mocht vielleicht Fischsuppe, aber lebendige Muscheln wollte ich eigentlich nicht in meinem Mund haben. "Ich weiß nicht, ich glaube nicht, dass man es wirklich trinken nennt, eher schlürfen", meinte ich grinsend. Doch diesmal lachte Harry nicht. "Das ist nicht lustig, Lou. Die Viecher leben noch, da kann ich sie doch nicht einfach essen." Er nannte mich 'Lou' und schaute mich so unschuldig und mitleiderregend an, dass ich die Sache beinahe hätte sein lassen. Beinahe. "Du hättest halt nicht wetten sollen. Na komm, Harry, ich halte ein Glas Limo für dich bereit und du musst auch nur eine essen, ich meine, schlürfen", grinste ich, woraufhin er schließlich seufzend aufstand.
Mit großen Augen betrachtete Harry die nun zubereitete Muschel. "Da ist Wasser drinnen", stellte er fest und sah mich etwas verängstigt an. "Salzwasser", antwortete ich knapp und fuhr ein wenig näher zu ihm, um ihm dann schnell die Limo überreichen zu können. "Ich will nicht", flüsterte er sichtlich verstört von dem Anblick der Auster in seinen Händen. Er sah mich verklemmt an und presste seine Lippen zusammen. Ich wollte gerade sagen, dass es okay war, als er tief durchatmete und die Schale der Muschel an seinen Mund ansetzte. Dann sah ich nur, wie er schluckte, die leere Muschel weglegte und sein Gesicht verzog, bevor er nach dem Glas in meiner Hand griff. Er trank es in einem Zug leer und ich war mir nicht sicher, ob ich mir Sorgen um ihn machen oder das Ganze lustig finden sollte. "Oh mein Gott, ich habe eine Auster gegessen! Louis, ich habe eine verdammte Auster gegessen, das erzähle ich allen!", grinste er keine 5 Sekunden später. Ich lachte erleichtert und räumte das Glas und die Muschelschale weg. "Und wie war's?", fragte ich ihn schließlich lächelnd. "Salzig. Im ersten Moment dachte ich, ich sterbe, so eklig war das, aber dann ging es eigentlich", meinte Harry stolz und rieb sich über den Bauch.
In dem Moment kam meine Mutter in die Küche und Harry begann sofort zu erzählen, "Mrs Tomlinson, ich habe eine der Austern gegessen!" Seine Stimme klang, als würde er erwarten, dass man ihm den Kopf tätschelte und ein Leckerlie überreichen. Stattdessen lächelte Mum breit, "Nenn mich ruhig Marie. Freut mich, hat sie dir geschmeckt? Du kannst gerne noch welche haben!" Harry schüttelte schnell seinen Kopf und nuschelte, "Ne ne, das passt schon."
Grinsend nahm ich ihn bei der Hand und zog ihn mit mir wieder in das Wohnzimmer. "Louis?", begann Harry mein Nicken abwartend, "Kannst du mir dein Zimmer 'mal zeigen?" Ich seufzte, bevor ich mit den Schultern zuckte. "Wenn du möchtest. Aber es ist nichts besonderes und auch kein typisches Teenager-Zimmer, falls du das jetzt gedacht hast." Grinsend schüttelte Harry den Kopf, "Hätte ich mir bei dir nicht vorstellen können." Ich führte ihn also zu dem Raum, öffnete die Tür und ließ ihn eintreten. Neugierig betrachtete Harry das manuell verstellbare Bett, den Schrank mit Spiegel an der Tür und das Regal mit hunderten von verschiedenen Medizinen jeder Größe, Farbe und Form. Im Ganzen glich der Raum einem einfachen, weiß gestrichenem Krankenzimmer. "Wie kannst du hier wohnen?", fragte Harry ein wenig unbedacht. Ich zuckte mit den Achseln, "Ich schlaf hier ja nur."
Der Lockenschopf blickte sich noch einmal um, bevor er einen Entschluss fasste. "Wir peppen das hier 'mal ein bisschen auf."
Keine Stunde später befand ich mich in einem Baumarkt oder zumindest so etwas in der Art. Denn anstatt hier handelsübliche Materialien zu verkaufen, hatte der Eigentümer dieses Geschäftes wohl beschlossen, den Kunden all das anzubieten, was kein Mensch besitzen wollte. So gab es zum Beispiel eine komplette Abteilung für Türstopper in der Form eines Tieres, sowie eine gigantische Anzahl an Wandstickern, die irgendwelche Möbelstücke abbildeten. All das sah ich von meinem gewohntem Platz in meinem wackelndem Rollstuhl -Harrys Herumgehopser sei dank. "Wie findest du das?", fragte Harry begeistert und zeigte auf einen Teppich in der Form und mit dem Aufdruck ganz Europas. "Das ist nicht dein Ernst, oder? Harry, das hat irgendein Vollidiot für Kinder entwickelt, damit sie sich ihren eigenen, wunderbaren Kontinent merken können." Er zuckte daraufhin nur mit seinen Schultern, "Tss, dann halt nicht."
Harry schob mich weiter durch den Laden, machte immer wieder irgendwelche nicht ernstzunehmenden Vorschläge, wie eine Stehlampe in Form eines Storches, einen Schreibtisch der komplett mit kunterbunten Federn beklebt war und eine Wanduhr, die rückwärts lief. Meine Reaktion bestand zum größten Teil aus amüsiertem Kopfschütteln oder geschocktem Blickkontakt. Eine weitere Viertelstunde war vergangen und so langsam verlor ich die Geduld. "Harry, was hälst du davon, wenn wir erst einmal nach Farbe schauen?"-"Mhm okay, aber ich weiß nicht, ob die hier sowas haben." Ich zog nur belustigt meine Augenbrauen hoch und zeigte auf ein Regal mit Wandfarbe aller Art.
"Auch wenn es schwer zu glauben ist, das hier soll immer noch einen Baumarkt darstellen, denke ich."
Eine halbe Stunde später verließen wir das Geschäft mit grüner Wandfarbe, drei gemustertem Kissen, einem Wandsticker in der Form einer Kamera (Harrys Überredungskünste waren echt großartig), zehn Bilderrahmen, einer Überdecke fürs Bett mit verschiedenen Filmstars aufgedruckt und einem dunkelgrünen, kuscheligen Teppich, von dem Harry behauptet hatte, er wäre besser als jede Matraze. Gott, mein Zimmer würde noch zum absolutem Harry-Paradies mutieren und im Moment war ich mir nicht sicher, ob ich davon begeistert sein sollte oder vielleicht doch lieber nicht. "Lou?" Und schon wieder dieser zuckersüße Blick kombiniert mit meinem Spitznamen. Seufzend bedeutete ich Harry fortzufahren. "Ähm, du erinnerst dich an die rückwärts laufende Uhr?" Abwartend zog ich meine Augenbrauen nach oben und nickte. "Naja, ich habe sie gaanz vielleicht dochgekauftweilichsiesotollfand..." Wie hatte er das jetzt schon wieder hinbekommen? Mit Behinderten konnte man es ja machen... "Ist okay, Harry", seufzte ich, worauf er breit zu grinsen begann. "Perfekt, die hängen wir gleich neben den Wandsticker!" Wenn es ihn glücklich machte...
Hallllllllllllo:)
in diesem Kapitel hat LeoLL14 mir Beistand geleistet, also nochmals DANKE Leochen!! :D xxICH HABE AUCH EINE AUSTER GEGESSEN UND EIGENTLICH HAB ICH DAS HIER NUR MIT EINGEBRACHT, DAMIT ICH EUCH DAS ERZÄHLEN KANN.
Ich meine, hallo?! Ich hab mir fast in die Hose gemacht vor Angst, aber schließlich hab ichs eeeeeinfach gegess-äh geschlürft, hach ich Held:DIch freu mich wahnsinnig über Kommis, Votes und Follower, also falls ihr gerade so in der Stimmung seid oder so ;D
Dankeschön, hab euch lieb, ihr Knuddelbären (fragt nicht, das bleibt eine einmalige Sache versprochen)
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Ich bremse auch für Fußgänger | Larry
RomansaDie Räder seines Rollstuhls drehten sich beinahe lautlos auf dem glatten Steinboden, hinterließen feine Streifen und ein leises, quietschendes Geräusch. Manchmal dachte er sich, dass diese Räder wie sein Leben waren, eintönig und scheinbar endlos. A...