Kapitel 4

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Ein Tag noch. Der letzte Tag bevor alles losgeht. 24 Stunden um alles nochmal durchzugehen, um alle Abläufe nochmal zu proben, um die letzten Vorbereitungen zu treffen. Und so fängt alles an.

Verschlafen. Super! Schnell unter die Dusche gehüpft. Aus lauter Eile habe ich auch noch vergessen mich wieder anzuziehen und gehe im Bademantel zu den Proben. Jetzt nur keine Panik das kann jedem mal passieren, die anderen werden das bestimmt verstehen. Das taten sie jedoch nicht, sondern machten sich bis zum gehtnichtmehr über mich lustig. Ich riss mich jedoch zusammen um nicht vor Scham in Tränen auszubrechen. Ich stand nur da. Ich hatte alles vergessen, meine Texte, die Abläufe, was sonst noch so alles besprochen war, einfach alles. Zum Glück kam Chloé, meine Visagistin, um mit mir noch die letzten Kleinigkeiten wegen meines Make-ups zu besprechen.. dachte ich. Sie bat mich mit ihrem hübschen Lächeln in den kleinen schön beleuchteten Raum und schloss hinter sich die Tür zu. Ungewöhnlich, dachte ich.. das tat sie doch sonst nie. Ich schaute sie an und sie kam auf mich zu. "Was hast du vor?" fragte ich verwundert, doch als Antwort stoß sie mich gegen die Wand, ich stieß mir den Kopf und fiel zu Boden. Durch eine Ohrfeige wurde ich wieder wach. Dort stand sie wieder. Jetzt mit geballten Fäusten und blutunterlaufenen Augen. Sie hatte geweint. "Warum hast du das getan?" fragte ich entsetzt und schon merkte ich wie mir die Tränen die Wangen hinunter liefen "Ich hasse dich!" schrie sie "Ich hasse dich wie die Pest! Ich wollte noch nie für dich arbeiten, sieh dich doch an du bist so hässlich und dick! Ich kann gut verstehen, dass dich keiner mag! Ich wünschte du hättest damals tief genug geritzt! Niemand braucht dich. Sieh doch, wie alle über dich lachen. Du bist selbst zu dumm um zu merken, wie jeder über dich redet ganz ehrlich, es ist so peinlich sich mit dir sehen zu lassen! Sieh zu, wie du deine Narben selber überschminkst. Ich mach's nicht mehr. Ich tu überhaupt nichts mehr für dich! Du bist so armselig!"

….Dann wurde ich durch ein starkes rütteln an meiner Schulter geweckt.

"Hey kleine, beruhig dich ssssshhhhhh…… Alles ist gut ich bin bei dir! "

Ich öffnete meine Augen und schaute direkt in Andi's besorgtes und vor allem schläfriges Gesicht. Es war alles nur ein Traum? Ich spürte wie mein Herz raste und versuchte Luft zu holen..

"Liv atme! Ein und aus. Ein und aus. Langsam! Wo ist dein Spray?" -rief Andi panisch.

"I… i .. i i…ch brauch's..ss.s.sss.s nich!"

"So hörst du dich aber nicht gerade an! Ich will nicht deinen Bruder anrufen und ihm sagen müssen, dass es schon wieder passiert! Einmal noch Olivia WO IST DEIN SPRAY!"

ich wies auf meine Hose hin und bekam das Gas wenige Sekunden später in meine Lungen gepustet.

Es dauerte nur wenige Minuten bis ich mich wieder gefangen hatte und Andi saß kraftlos und erschöpft mit seinem Kopf in den Armen am meinem Bettende. Sein Rücken zu mir.

"Es ist doch nichts passiert." wollte ich ihn beruhigen

"Nichts passiert.." wiederholte er. "Du weist, dass mir jedes mal mein Herz stehen bleibt wenn das anfängt?"

ich robbte zu ihm rüber und nahm ihn von hinten wie einen Teddybär in den Arm..

"Ich kann da nichts dafür."

"Das weiß ich doch! Aber ich habe einfach jedes mal Angst, dass ich zu spät komme oder dein Spray nicht finde! Ich kann dich vor kreischenden Fans beschützen aber nicht vor dir selber!"

Da hatte er recht. 

Er tat mir so leid, genau wie alle anderen die sich das schon mit ansehen mussten. Nie wusste jemand wie sie mir helfen sollten. Alle rennen immer nur panisch rum und fragen mich tausend Dinge, wobei sie ganz genau wissen, dass ich ihnen keine Antwort geben kann. 

Man muss sich das so vorstellen; jeder kennt das Gefühl, wenn man Unterwasser ist und man sich irgendwie verschluckt hat und atmen oder  besser gesagt in dem Fall Husten will und das alles nur noch schlimmer macht. Die Luft gelangt nicht in die Lungen bzw man kann sie nicht ausatmen und wenn man nichts dagegen tut, erstickt man. Bei mir gibt es da nur einen kleinen Unterschied. Mir bleibt die Luft ständig weg. Morgens nach dem Aufwachen, einfach mal so mitten am Tag, Abends wenn ich ins Bett gehe, wenn die Luft in Räumen stickig ist, wenn ich von Leuten eingequetscht werde ( was bei meinem Beruf nicht gerade hilfreich ist), wenn ich extreme Angst habe, in Stresssituationen bla bla bla… Es fängt immer ganz langsam an und sobald ich merke dass ich nicht genügend oder eben schwer Luft bekomme, habe ich mein Spray. Dann braucht es keine 5 Sekunden und alles ist wieder in Ordnung und keiner hat etwas mitbekommen. Klar, man könnte denken das passiert mir weil ich extrem übergewichtig oder einfach zu unsportlich bin. Dazu kann ich nur sagen, ich finde mich zu dick das ist klar aber mein Arzt sagt mein Gewicht sei ideal, wenn nicht sogar ein bisschen 'zu wenig' für meine Körpergröße und als unsportlich würde ich mich auch nicht bezeichnen.

7 Jahre Leichtathletik und etliche Medaillen und Pokale behaupten das Gegenteil. Ich habe diese Erkrankung von meinem Vater vererbt. Niemand außer meiner Familie, meiner besten Freundin Eva, zu welcher ich derzeit nur wenig bis keinen Kontakt haben kann und meinem Arzt wissen davon. Achja und nicht zu vergessen Andi.

Ich weiß noch als Andi zum ersten Mal dabei war als ich einen Asthmaanfall bekam. Er dachte ich häbe mich verschluckt und haute mir auf den Rücken, was es nicht gerade besser machte. Ich lag schon halb auf dem Boden da man davon erstens müde wird und zweitens die Kraft immer mehr nachlässt und Andi verstand die Welt nicht mehr. Ich deutete auf meine Tasche die er mir dann hinüberwarf. Nachdem ich mein Spray verwendet hatte, war es Zeit ihn darüber aufzuklären.

Jetzt im Nachhinein kann ich darüber lachen, wenn ich daran denke wie er mir auf den Rücken haute, aber damals fand ich's noch nicht so lustig.

Nun saßen wir da an meinem Bettende. 

"Hör bitte auf dir jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen was wäre wenn! Du weißt ich habe mein Spray immer bei mir und auch immer griffbereit!" , dass ich in diesen Situationen wo ich überhaupt keine Luft mehr bekomme nicht in der Lage bin es alleine zu verwenden, erwähnte ich nicht..

"Ich weiß. Aber was wäre wenn du es mal nicht dabei hast, dann kann ich dir überhaupt nicht helfen."

"Ich sagte doch hör auf damit! Wir haben jetzt andere Dinge über die wir uns kümmern müssen. Wieviel Uhr ist es eigentlich?"

"Halb 4."

"Wir müssen jetzt schlafen sonst wird morgen eine Katastrophe!"

Andi stimmte mir zu und war gerade auf dem Weg in sein Zimmer, als mir noch was einfiel.

"Halt warte! Wie bist du überhaupt in mein Zimmer gekommen, ich hatte abgeschlossen?"

"Ich bitte dich, ich bin dein Bodyguard, ich muss sowas können." 

"Aha.. ähm…….war ich denn so laut?"

"Nun ja, unsere Betten liegen Kopf an Kopf und ich hörte dich.. ich konnte dich nicht verstehen aber ja du warst ziemlich laut."

"Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken!"

Er winkte es mit der Hand ab, nahm mich ein letztes Mal in den Arm und ging wieder auf sein Zimmer.

Dann versuchen wir das eben nochmal  -dachte ich mir und schlief erneut ein.

Never been more in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt