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Mit einer Tasse warmen Tee's saß ich Peter gegenüber. Nun, nachdem ich mit ihm eine Stunde geredet und diskutiert hatte, wusste er alles. Nur die merkwürdigen Träume und das Verhalten meines Bruders erwähnte ich nicht.
Vielleicht war das heute wieder vorbei...
Auch wenn ich das selbst nicht glauben wollte, redete ich es mir trotzdem ein.

"Ich schwänze auch die Schule und mache mich auf den Weg um sie zu suchen."
Zuerst verstand ich nicht wirklich wie er das anstellen wollte. Doch dann wurde mir bewusst, dass Spiderman vor mir saß.
"Ich danke dir, Peter. Vielleicht findest du sie ja." Er nickte aufmunternd, streckte seinen Arm nach mir aus und strich mir über meine kalte Hand. Vorsichtig stand ich auf, ging um den Tisch herum und setzte mich auf den Stuhl neben Peter. Lange sahen wir uns an.
Bis ich ihm einen Kuss auf den Mund drückte. Seine Hand legte er beruhigend auf mein Knie.
Als wir uns wieder lösten, flüsterte ich:"Danke, dass du für mich und meinen Bruder da bist."
"Das ist doch selbstverständlich. Immerhin bist du mein Mädchen."
Er sah kurz auf die Kette, die wie immer um meinen Hals hing. Das Glücksklee glänzte.
Peter gab mir einen letzten Kuss, stand auf und sagte:"Ich komme bald wieder. Sollte ich etwas finden, ruf ich dich sofort an."
Ich nickte. Er entledigte sich seiner Kleidung, unter ihnen der Anzug. Seine Klamotten stopfte er in den Rucksack, dann zog er sich die Maske an. Er schulterte den Rucksack und sah kurz zu mir, bevor er aus dem Fenster verschwand.

"Guten Morgen, Geroge", begrüßte ich meinen jüngeren Bruder so liebevoll wie möglich. Er kam ohne ein Wort auf mich zu und umarmte mich. Ich hörte ihn schluchzen.
Beruhigend strich ich ihm über den Rücken. "Ich habe nicht geträumt. Gar nichts. Mami und Dadi sind weg."
Nun kamen auch mir die Tränen. Doch ich hielt sie zurück. Für meinen Bruder musste ich stark sein.
"Ja, sie sind noch weg. Aber sie kommen bald wieder."
~Er glaubt dir nicht. Du glaubst dir nicht~
Er schluchzte laut auf.
Wiederwillig drückte ich ihn etwas weg, damit wir uns ansehen konnten.
"Ich rufe jetzt unsere Tante an. Ich habe nämlich mit einer Polizisten gesprochen und sie hat gesagt, dass das gut für uns wäre, wenn sie kommen könnte. Außerdem habe ich eine Vermisstenanzeige auf gegeben. Vielleicht finden wir sie so schneller."
George strich sich mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen und fragte:"Kann ich helfen?"
Lächelnd antwortete ich:"Du hilfst mir schon, in dem du aufgehört hast zu weinen. Und wenn du etwas isst." Er nickte, versuchte zu lächeln.
Schnell richtete ich ihm ein Müsli mit warmer Milch. Während er aß, schrieb ich an Michelle, dass ich krank sei und deswegen nicht in die Schule kommen könnte. Sie wünschte mir eine Gute Besserung und sagte das Treffen morgen ab.
Ich wollte sie nicht mit meinem großen Problem belasten, jedenfalls vorerst. Zwar war sie meine beste Freundin, doch im Moment hatte sie eine so gute Zeit.
Als Geroge fertig gegessen hatte, räumte ich das Geschir weg und sagte zu George:"Super. Du gehst dich jetzt anziehen, dann holst du bitte meinen Laptop. Wir machen Flugblätter."
Er machte sich auf den Weg.
Ich holte das Haustelefon und suchte die Nummer meiner Tante.
Schnell fand ich sie.
"Hallo?"
"Hallo, Tante Petra. Hier ist Laura."
"Ah Laura! Wir haben uns ja ewig nicht gehört oder gesehen!"
"Das ist jetzt unwichtig."
"Weswegen?", ihre Stimme war ganz überrascht.
"Mom und Dad sind verschwunden."
"Was!?"
"Ich hab schon die Polizei kontaktiert. Sie haben gesagt, dass es besser wäre wenn eine Verwandte zu uns kommen könnte. Weil ich noch nicht volljährig bin."
Kurze Zeit war es still. Nur ihr Atmen war zu hören.
"Ich weiß nicht ob ich das kann."
Und da war die Petra, die ich kannte. Die unsichere 25-jährige.
"Du müsstest eigentlich nichts machen. Nur hier sein. Ich kümmere mich um George und um den Haushalt. Aber wenn nicht du kommst, bekommen wir eine Betreuerin. Ich denke nicht, dass das meinem Bruder guttun würde."
"Da hast du recht... okay. Ich nehme mir Urlaub und komme so schnell wie möglich zu euch. Aber  erst morgen, früher geht es nicht."
~Selbst wenn die eigene Schwester verschwunden war, dachte sie nicht an die Arbeit?~
Da musste ich meiner inneren Stimme leider recht geben. Zwar war meine Tante oft unsicher, doch sie war ein Arbeitstier. Für sie zählte nur Karriere, Familie war nebensächlich.
"Das ist kein Problem. Komm einfach her."
Ich legte auf. Ohne Umwege holte ich mein Handy heraus und schrieb der Polizisten Mona, dass meine Tante morgen kommen würde.
Sie schickte einen Daumen nach oben zurück.

"Wie viele Flugblätter brauchen wir, was meinst du?", fragte ich George.
"100?" Ich nickte und tippte 100 ein.
Laut fing der eher ältere Drucker an, das fertig gemachte Flugblatt zu drucken. Es dauerte ewig bis wir alle zusammen hatten.
Mit den 100 Blättern und einer Klammermaschine machten wir uns auf den Weg. Mit dem Bus fuhren wir in die Innenstadt und hingen dort die Blätter auf. Einige verteilten wir an die Passanten.

Zur Mittagszeit waren wir wieder Daheim. Einen Zettel hatte ich aufgehoben. Diesen sah ich mir nochmals genauer an.
Vermisst! stand ganz oben, darunter das Foto und eine kurze Beschreibung meiner Eltern. Am Ende stand meine Handynummer und sogar meine E-Mail.
Sicher ist sicher.

"Meinst du es meldet sich jemand?", fragte Geroge, die Stimme voller Trauer.
"Ich hoffe es."

Want you, Spidey Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt