Kapitel 8.1

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Nito weckte sie schon sehr früh am Morgen.

„Wir haben einen sehr langen Weg vor uns. Nach Karls sind es von hier aus zwei Tagesreisen."

Es war noch dunkel draußen, als sie sich auf den Weg machten. Hawteha zückte eine Taschenlampe und beleuchtete den Weg vor ihr. Es war klirrend kalt und Akari holte nach einigen hundert Metern ihre Decke hervor und wickelte sie sich um. Manejoso ritt an ihr vorbei und reichte ihr einen Gurt, mit dem sie sich die Decke festband, damit sie die Hände frei hatte. Nach circa einer Stunde waren ihre Finger in den Handschuhen steifgefroren, aber es wurde heller und Akari wusste, dass die Sonne sie wieder aufwärmen würde, sobald sie über dem Horizont aufstieg. In dieser Hoffnung schlug Hawteha auch einen höher gelegenen Weg ein, der sie den Bergkamm entlangführte, statt ins Tal hinabzureiten. Die Sonne kam und wärmte sie wieder auf. Akari packte ihre Decke wieder weg und als sie in Freiburg ankamen zog sie auch ihre Handschuhe aus.

Leider hielt das gute Wetter nicht sehr lange. Im Norden brauten sich schwere Wolken zusammen. Hawteha hielt die anderen zu einem stetigen Galopp an, damit sie Weg gutmachen konnten, solange das Wetter hielt. Als die Pferde müde wurden machten sie eine Pause und aßen etwas von den Vorräten. Dann ging es weiter. Nach kurzer Zeit fing es an zu regnen. Zuerst nur ein bisschen, aber der Regen wurde immer stärker, je weiter nach Norden sie kamen. Akari konnte kaum noch etwas sehen. Sie war vollkommen durchnässt. Selbst in ihren Schuhen stand das Wasser und sie hatte das Gefühl ihre Klamotten waren mehrere Kilo schwerer. Die Pferde hatten auch sichtlich Schwierigkeiten mit dem Wetter und nach einer Weile wurde der Weg so matschig, dass sie dagegen ankämpfen mussten, nicht stecken zu bleiben. Akari spürte, dass Neapel die Situation überhaupt nicht passte. Sie sah hinüber zu Manejoso, der neben ihr ritt und hörte wie dieser ermutigend auf sein Pferd einredete. Irgendwann stellte Akari fest, dass sie den Regen und die Kälte kaum noch spürte. Der ständige Kampf gegen die Wassermassen nahm ihr jedes Gefühl für Temperaturen und Zeit. Das einzige was blieb, war der Wille zu kämpfen, um irgendwann ins Trockene zu kommen.

Hawteha kam wohl irgendwann an einen Punkt, an dem sie nicht mehr weiter wollte. Sie waren nun schon seit Stunden im Regen geritten und die Wege waren beinahe unpassierbar. Einmal hatten sie versucht auf einer Straße weiter zu reiten, weil da weniger Schlamm war, aber das Wasser stand so hoch auf der Straße, dass sie auch nicht schneller vorankamen. Also hielten sie sich weiterhin an Feldwege. Jetzt war es aber schon bald Abend und Hawteha hatte sichtlich genug.

„Wir brauchen dringend eine Pause. Vielleicht ändert sich das Wetter in den nächsten Stunden. Irgendwann muss der Regen doch aufhören, oder weniger werden."

Die Verzweiflung war deutlich in ihrer Stimme zu hören. So verletzlich hatte Akari sie noch nie gesehen.

„Ich kenne jemanden hier in der Gegend, bei dem wir vielleicht unterkommen können. Wenn ich das Haus noch finde."

Selbst Nito war offensichtlich zu fertig um weiter zu reiten, denn er sagte kein Wort, sondern hob nur einen Daumen um seine Zustimmung auszudrücken. Hawteha verließ an der nächsten Weggabelung die Strecke und führte die Gruppe Richtung Osten. Nach einer Weile wechselten sie wieder auf einen Weg nach Norden. Sie kamen in ein verlassenes Dorf und wendeten sich wieder nach Osten. Hawteha wurde langsamer, als sie versuchte sich an den genauen Standort zu erinnern. Sie durchquerten den Ort und folgten einer Straße an einem Bach entlang in ein Tal hinein. Der Bach führte bei dem Wetter ziemlich hohes Wasser und die Pferde mussten an zwei Stellen durch hohes Wasser waten. Das Dorf schien zu enden und es tauchten hin und wieder nur noch vereinzelte Häuser auf.

Plötzlich blieb Hawteha stehen.

„Ich bin mir nicht sicher, ob es die richtige Straße ist. Wenn mich meine Erinnerungen nicht trügen müsste das Haus hier sein."

Akari Amisa - KarlsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt