Kapitel 3.2

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Den Rückweg zu Corins Wohnung legten sie in einem Rekordtempo hin. Als sie in der Wohnung ankamen, waren Nito und Corin in einer lauten Diskussion. Beide wurden still, als sie Owasa und Akari bemerkten. Owasa sah sie böse an.

„Haltet ihr es wirklich nicht aus, euch alle zwei Monate für einen Tag zu sehen, ohne euch zu streiten? Wir haben jetzt wirklich größere Probleme als euren dummen Streit. Corin, gibt es was Neues im Konflikt mit der Allianz?"

Corin sah seinen Bruder leicht verwirrt an und nickte dann.

„Ja. Der Lord hat der Allianz die Transitgebühren für den Hyperloop wieder erhöht. Ich weiß nicht, wie lange die Allianz das noch mit sich machen lässt, bevor sie eingreift."

„Akari hier hat eben mitgehört, dass die Allianz Waffen in Karls entdeckt hat. Was hat es damit auf sich?"

Corin wurde bleich.

„Unser Militär hat neue, sehr effektive Waffen entwickelt, die irgendwo in den Tunneln gelagert werden. Die Allianz wird das nicht mit sich machen lassen, wenn sie davon erfährt."

„Nun offenbar ist das schon geschehen."

Corin setzte sich schockiert auf einen Stuhl.

„Dann sind wir verloren."

Nito meldete sich zu Wort.

„Wenn Karls an die Allianz fällt, sind wir alle verloren."

Akari saß auf dem Sofa und folgte der Diskussion mit großen Augen und offenen Ohren. Auch wenn sie die politischen Konsequenzen der Situation nicht verstand, wusste sie, dass es nichts Gutes heißen konnte. Owasa erkannte Akaris Unsicherheit und beschloss, seine Schwester besser etwas abzulenken, während Nito und Corin diskutierten, was nun am besten zu tun war und ob die Lage noch zu retten war.

„Komm Akari, ich zeige dir das Internet."

Akari sah ihren Bruder mit großen Augen an.

„Was ist das Internet?"

„Oh das wird dir gefallen. Wir können einen Film gucken."

„Einen Film?"

Owasa ging zum Sofa und setzte sich neben sie. Akari dachte zurück an den Streit zwischen Nito und Corin, bevor sie mit den Neuigkeiten rausrückte. Sie sah Owasa besorgt an.

„Streiten die sich immer?"

Owasa wollte Akari beruhigen, aber es fiel ihm schwer eine gute Miene aufzusetzen.

„Ja. Jedes Mal. Papa hat nie verstanden, warum Corin die Nashua verließ und Corin will Papa immer beweisen, dass mit Technik doch alles so viel besser ist. Also was willst du sehen?"

Owasa schaltete den großen Glasschirm an. Akari hielt es nur für eine Glasscheibe vor einer schwarz gefärbten Wand, aber sie staunte nicht schlecht, als ein Bedienmenü auftauchte. Erstaunt sprang sie auf und lief zum Bildschirm. Sie betastete ihn vorsichtig und versuchte dahinter zu schauen. Aber außer einer Halterung und ein paar Kabeln konnte sie nichts erkennen. Owasa holte die Tastatur hervor und öffnete das Videomenü und suchte nach den Filmen. Er schien sehr in Gedanken verloren zu sein, denn er machte sich dieses Mal nicht über Akaris Unwissen lustig.

Ein Untermenü öffnete sich und Owasa sah Akari an.

„Wollen wir was Lustiges sehen oder was Spannendes? Keine Liebesgeschichten."

„Spannend?"

„Ein Abenteuerfilm?"

„Von mir aus."

Akari hatte null Plan, von was Owasa eigentlich redete. Aber als er einen Film ausgewählt hatte und begann, ihn abzuspielen, konnte Akari kaum aufhören zu Staunen.

Owasa schien sich zu entspannen und war nun belustigt von seiner kleinen Schwester und davon dass sie keine Ahnung hatte, was diese Welt alles zu bieten hatte. Und doch wusste er, dass Akari diesen Teil nicht vermissen würde. Sie war ein Naturkind. Noch mehr als Owasa selbst, der sich hin und wieder über den Luxus der technischen Welt freute. Aber Akari war in der Natur zu Hause. Sie liebte die Freiheit mehr als alles andere und die konnte ihr weder Karls noch eine andere Stadt, in der Owasa gewesen war, bieten.

Nach dem Film ging Akari mit Owasa noch einmal runter in den Stall um nach den Pferden zu sehen. Nito und Corin kamen und erklärten, dass sie am frühen Morgen wieder abreisen würden. Dann gingen sie alle hinaus in die frische Nachtluft und pendelten durch die Straßen.

„Wir können noch zum Konzert gehen", schlug Corin vor.

Owasa bekam große Ohren.

„Was für ein Konzert?"

„Oh ein paar Leute spielen heute im Park um die Ecke. Nichts Besonderes, aber ich weiß ja wie sehr du auf Musik stehst."

Sie bogen nach rechts ab und liefen noch zwei Straßen weiter, dann standen sie auf dem Platz. Eine kleine Bühne war auf einer Seite aufgebaut und die vier setzten sich auf eine Stange, die das Blumenbeet begrenzte. Owasas Augen leuchteten, als er der Musik zuhörte. Er war in seinem Element. Die Gruppen wechselten von Zeit zu Zeit und irgendwann wurde Akari so müde, dass Nito entschied, nach Hause zu gehen. Auch an diesem Abend fiel Akari sehr schnell in einen tiefen Schlaf.

Am nächsten Morgen packten sie ihre Sachen und beluden das Packpferd. Auch Corin war aufgestanden, obwohl er sonst eher ein Spätaufsteher war. Er murmelte etwas von einem Termin, zu dem er müsste, als er noch schlaftrunken mit nach unten ging. Vor dem Haus drückte er erst Akari.

„Es war nett, dich wieder zusehen Akari. Du bist jederzeit bei mir willkommen, kleine Schwester." Er gab ihr einen kleinen Stupser am Arm.

Dann umarmte er Owasa sehr herzlich.

„Sammie. Hör auf zu wachsen, hörst du? Du bist bald doppelt so groß wie ich. Und pass auf deine Schwester auf."

Owasa nickte.

„Immer."

Zuletzt war Nito an der Reihe. Die Umarmung von Vater und Sohn schien keinem von beiden leicht zu fallen. Sie Meinungsverschiedenheiten der beiden führte zu einer gewissen Distanz. Nito umarmte seinen Sohn trotzdem fest.

„Pal ntounouti."

Selbst die große Distanz die zwischen Vater und Sohn herrschte konnte Nito nicht davon abhalten, seinem Sohn zu sagen, dass er ihn liebte. Corin musste kurz schlucken.

„Nouti pal jos."

Sie ließen voneinander ab und die drei Nashua stiegen auf ihre Pferde.

„Bist du sicher, dass du nicht mit willst?", fragte Nito seinen Sohn.

„Dies ist mein Zuhause."

Corin winkte ihnen kurz hinterher, als sie langsam davonritten. Dann ging er zur Schwebebahn-Station, um zu seinem Termin zu gelangen.

Akari betrachtete die Stadt erneut, als sie jetzt über andere Straßen wieder gen Südosten ritten. Schließlich erreichten sie eine frühere Schnellstraße, auf der nun Gras zwischen dem Beton hervorsprießte und vereinzelte Bäumchen ihren Weg durch die Betondecke gefunden hatten. Sie schienen ideale Schattenspender für sonnige Tage zu sein. Aber es war immer noch ziemlich kalt und Akari nahm heute jeden Sonnenstrahl dankbar auf, den sie auf ihrer Haut spürte. Auf dem Weg zurück ins Dorf der Nashua ritten sie noch an einigen Dörfern vorbei. Manche waren zum Teil bewohnt, andere waren vollkommen verlassen und verfallen. In den vergangenen 100 Jahren wurden viele Häuser abgetragen und als Baumaterial für andere Gebäude benutzt. Auch das Dorf der Nashua wurde in den letzten Jahrzehnten vor allem aus dem Material von anderen Häusern repariert.

Da der Heimweg die meiste Zeit bergauf ging, war es bereits Abend als Nito mit seinen Kindern das Dorf erreichte. Sie versorgten die Pferde und verstauten die getauschten Güter. Nito schrieb eine Nachricht und schickte zwei Boten los. Dann warfen sie sich müde in ihre Betten und schliefen sehr schnell ein.


Akari Amisa - KarlsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt