Kapitel 8.2

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In der Nacht wachte Akari auf, weil es plötzlich so still war. Sie humpelte, in eine Decke eingewickelt, zum Fenster und sah hinaus. Der Regen hatte aufgehört. Sie überlegte, die anderen zu wecken, aber dann legte sie sich wieder hin und schlief weiter.

Hawteha weckte sie irgendwann am frühen Morgen. Auch jetzt wurde Akari auf Schritt und Tritt von Kay verfolgt. Nach dem Frühstück machten sie sich wieder auf den Weg. Loretta verabschiedete sich freundlich von ihnen, aber Kay war sehr traurig, dass Akari wieder ging. Auch Akari musste zugeben, dass sie die Kleine ins Herz geschlossen hatte und hoffte, eines Tages wieder her zu kommen.

Sie hatten noch eine gute Tagesstrecke vor sich und sie beeilten sich, so schnell wie möglich voranzukommen. Der Himmel war bewölkt, aber es regnete nicht, wofür sie alle wirklich dankbar waren.

Es war schon ziemlich dunkel, als sie endlich die früheren Außenbezirke von Karls erreichten. Nito hatte irgendwann unterwegs die Führung übernommen und drehte sich jetzt um.

„Heute ist es zu spät, den Lord aufzusuchen. Wir übernachten bei Corin und werden beim ersten Morgengrauen zum Schloss reiten."

Die anderen hatten absolut nichts dagegen. Die Strapazen der letzten Tage machten sich langsam bemerkbar. Keiner in der Gruppe war bekannt dafür viel zu reden, aber je länger die Reise ging umso schweigsamer wurden sie.

Corin empfing sie nicht so herzlich wie ein paar Tage zuvor. Die Sorge um die Zukunft von Karls schien ihm im Gesicht zu stehen.

Beim Essen erklärte er kurz, wie sich die Situation noch verschärft hatte und dass die Soldaten der Allianz in spätestens zwei Tagen hier sein würden. Einige hatten die Stadt schon fluchtartig verlassen, andere waren gewillt, bis zum bitteren Ende zu kämpfen. Das Gerücht ging um, dass die neuen Waffen von Karls durch Sabotage unbrauchbar gemacht worden waren. Allerdings konnte Corin ihnen nicht sagen, ob das wirklich stimmte.

Manejoso war noch stiller als sonst. Er war noch nie in Karls gewesen und schien genauso überwältigt wie Akari ein paar Tage zuvor. Er konnte sich an Corins Wohnung nicht sattsehen.

Nito schickte die Kinder, inklusive Owasa nach dem Essen ins Bett. Akari stand noch etwas unsicher herum.

„Darf ich duschen?"

Corin nickte geistesabwesend und Akari ging ins Bad. Sie genoss das warme Wasser und merkte wie müde ihre Muskeln waren. Es wunderte sie überhaupt nicht. Auch wenn sie es gewohnt war, mehrere Tage hintereinander zu reiten, hatte sie doch noch nie so lange am Stück auf einem Pferderücken verbracht. Sie massierte ihre Unterschenkel und ging dann ins Bett. Die Teenager schliefen alle im Gästezimmer, während Nito und Hawteha sich entschlossen hatten, im Wohnzimmer zu schlafen. Trotz einer überwältigenden Müdigkeit lauschte Akari noch eine Weile den Stimmen aus der Küche, bevor sie in einen tiefen Schlaf fiel.

***

Marea starrte aus dem Fenster. Es regnete seit Tagen und machte die kalte Luft noch unerträglicher. Im Büro merkte sie davon nichts. Ihre Gedanken drehten sich um das morgendliche Meeting. Ein Krieg mit Karls schien mittlerweile unabwendbar. Mareas Kollegen waren seit Wochen in Karls stationiert und berichteten immer wieder von Rüstungsvorhaben. Die Allianz hatte nun endgültig beschlossen, der Stadt den Kampf anzusagen.

Joel war scheinbar der einzige, der gegen die Pläne der Allianz-Führung Einwände hatte.

„Wir sollten die Bewohner von Karls und ihren Willen auf Selbstbestimmung auf keinen Fall unterschätzen", warnte er seine Vorgesetzten. Sein Gesichtsausdruck war dabei so undurchschaubar, wie es Marea noch nie bei ihm gesehen hatte. Joel hatte durchaus ein Pokerface, aber in diesem Moment konnte sie beim besten Willen nicht erkennen, was er gerade dachte oder fühlte. Seit dem Meeting war er extra schweigsam gewesen. Nach der Mittagspause reichte er Marea seine Jacke und bat sie, die Jacke in sein Büro zu legen. Er stieg wieder zurück in den Aufzug und murmelte, er müsste noch schnell etwas erledigen.

Akari Amisa - KarlsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt