Kapitel 5: Traum und Wirklichkeit

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Max kam in seinem Zimmer an und schmiss sich auf sein Bett. Nach einem Blick auf die Uhr wusste er, dass es eigentlich zu früh war, um sich schlafen zu legen doch hier in der Kradeszentrale schien Zeit keine Rolle zu spielen. Man traf häufig mitten in der Nacht Jünglinge an, die sich die Zeit mit irgendwelchen sinnlosen Spielen oder Training vertrieben und im Gegensatz dazu, begegnete man tagsüber manchmal keiner Menschenseele. Hier liefen die Uhren anders. Man musste ständig bereit sein und doch geschah in der Regel nicht viel.

Cara brachte ein wenig Farbe in den Alltag, der sich eingeschlichen hatte. Sie war neu, interessant und geheimnisvoll. Max hatte Dorian genau beobachtet, als sie sich in Caras Zimmer befunden hatten und er hatte gesehen, dass auch Dorian etwas bei der Berührung ihrer Haut gespürt hatte. Noch hatte er nicht mit ihm darüber gesprochen, doch Max war sich sicher, dass Cara kein normales Mädchen war. Nicht ein solches, wie sie zu tausenden durch New Yorks Straßen liefen. Doch sie war ein Mensch, das wusste er mit Sicherheit, denn die Krades hatten die Fähigkeiten ihresgleichen sofort zu erkennen. Sie war jedoch auch mit Sicherheit keine der Ghilts, denn ansonsten hätten sie das Bedürfnis verspürt, sie zu töten und nicht sie zu beschützen.

Er legte einen Arm unter seinen Kopf und starrte an die weiße Decke. Die Led-Strahler blendeten ihn, doch er schloss seine Augen nicht. Stattdessen fixierte er die weiße Decke weiterhin und versuchte, darin abzutauchen. Max Ding waren die Farben. Aus den Farben konnte er Dinge heraus lesen, die sich ihm in der Realität nicht erschließen wollten, doch diesesmal brachte ihm nicht einmal das etwas, Cara zu verstehen. Sie schien eine Art Schild um sich gebildet zu haben und schien niemanden rein lassen zu wollen oder zu können. Er hatte Justin noch nicht gefragt, doch normalerweise konnte dieser in der Geist anderer eintauchen und ihnen ihre tiefsten Geheimnisse entlocken, genauso wie er das mit den Netzwerken auch tat. Bisher hatte Justin es jedoch noch nicht versucht, vielleicht sollten sie diesen Schritt jedoch einmal wagen.

Während er sich in der weißen Farbe seine Decke verlor, kamen ihm nicht die Bilder vor Augen sondern andere. Bilder, die er eigentlich nie wieder sehen wollte.

Tamara schlang einen Arm um seinen Hals und ihre tiefbraunen Augen fixierten seine. Er spürte die Gefühle, die er in diesem Moment gehabt hatte sehr deutlich. Es war, als durchlebe er diesen Moment erneut.

Ihr Atem streifte seine Wange und obwohl er gerade eben noch gelächelt hatte, verfinsterte sich sein Ausdruck von einem Moment auf den anderen.

„Ich hab dich...", flüsterte Tamara und ließ ihn schließlich los als sie bemerkte, dass sich etwas geändert hatte.

„Was ist los Max?", fragte sie ihn und sah zu ihm auf. Jetzt, da sie nicht mehr an ihm hing war sie wieder einen Kopf kleiner und Max konnte die kleinen feinen Härchen sehen, die ihr vom Kopf wegstanden. Das hatte er verursacht, als er ihr mit der Hand durch die Haare gefahren war.

„Nichts, alles bestens!", erklärte er und wollte sich abwenden doch Tamara hielt ihn zurück.

„Ich glaube wir haben uns vor einigen Jahren mal etwas versprochen, oder?", meinte sie lächelnd, auch wenn man ihrem Gesichtsausdruck ablesen konnte, dass sie ein wenig vorsichtig war. Sie hatte Angst vor dem was kam.

Max straffte seine Schultern und sah auf sie hinab. Er sah in ihre haselnussbraunen Augen und versank darin. Konnte er wirklich ehrlich sein? Stand es ihm zu, ein wenig Glück für sich selber zu erhoffen?

„Max jetzt komm schon, es kann ja wohl kaum so schlimm sein, oder?", meinte sie während ihr die Farbe ein wenig aus dem Gesicht wich. Sie rechnete damit, dass er abgezogen wurde und an die Grenzen versetzt wurde. Dort lauerten noch ganz andere Gestalten als die Ghilts, die es auf die Krades abgesehen hatten.

Second Faces (1) - Dunkelheit und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt