Twelve days afterwards - ✥Memory 2✥ Make-up

95 28 11
                                    

Das gleichmäßige, schrubbende Geräusch der Zahnbürste erklang ein letztes Mal, dann erfüllte der Klang von fließendem Wasser das Bad. Yoongi spülte die Überreste der Zahnpasta aus seinem Mund, bevor er den Spiegelschrank öffnete um Zahnbürste und Zahnpasta gleichermaßen in dem dafür vorgesehenen Becher verstaute. Sein Blick glitt über den Inhalt des Schränkchens, bis er an einer kleinen Flasche mit Make-up hängen blieb.

"Du trägst Make-up?", fragte Jimin verwundert, als er das Fläschchen auf Yoongis Nachttischchen entdeckt hatte. "Also nicht das ich was dagegen hätte, aber ich habe es noch nie bemerkt.", stellte er schnell klar. "Ja, irgendwie schon.", erwiderte Yoongi. "Hast du grade welches drauf? Wenn ja kannst du dich echt gut schminken, es sieht wirklich natürlich aus." Jimin bewunderte Yoongis reine Porzellanhaut, auf der er jedoch keine Spuren von Kosmetikprodukten entdecken konnte. "Ja, irgendwie trage ich grade Make-up." Ohne weitere Erklärungen öffnete Yoongi eine Schublade und zog ein Abschminktuch hervor. Anders als von Jimin erwartet strich er damit jedoch nicht durch sein Gesicht, stattdessen ließ er es ein paar mal über seinen Unterarm gleiten. Die Paste, die Yoongis Hautton aufs genaueste imitierte wich und entblößte drei schmale, weiße, kaum sichtbare Striche.

Jimin schien zu spüren, dass jegliche Worte nicht in die Situation zu passen schienen, also nahm er statt einer verbalen Antwort Yoongis Handgelenk und hob seinen Arm an. Er beugte seinen Kopf leicht und ließ seine Lippen über jede der verblassten Narben gleiten, benetzte die nun nicht mehr verdeckten Zeichen von Yoongis innerer Dunkelheit mit sanften Küssen, die das Licht zurück brachten. Er ließ sich Zeit, bevor er schließlich von Yoongis Arm abließ und einen Schritt nach vorne machte, um seinem Freund tief in die Augen zu sehen. Sie standen so dicht voreinander, dass kein Blatt Papier mehr zwischen sie gepasst hätte, doch Jimin ergab sich nicht der Versuchung seine Lippen mit eben jenen zu verbinden, die für ihn den Himmel darstellten. Zumindest nicht sofort, auch wenn es ihm schwerfiel, aber er wollte zuerst noch etwas loswerden, doch Yoongi kam ihm zuvor. "Entschuldigung Jiminie. Ich hätte es dir früher erzählen müssen. Eigentlich hätte ich es gar nicht tun dürfen, aber... sie sind alt. Sie entstammen einer Zeit, in der die omnipräsente Dunkelheit die Vorherrschaft über meine Gedanken übernommen hatte, einer Zeit der Aussichtslosigkeit. Es sind drei Erinnerungen an meine schwächsten Momente." Seine dunklen Augen wurden von einem noch dunklerem Schleier getrübt, eben jenem des Schuldgefühls. "Nein Yoonglez. Du musst dich nicht entschuldigen. Gib mir nur die Chance deine Narben zu heilen. Nicht diese, sondern die auf deiner Seele, die die hier verursacht haben. Und sie sind kein Zeichen von Schwäche. Eher von der Stärke, dass du trotz allem was du durchgemacht hast noch lebst. Das du gekämpft hast.", versicherte Jimin zärtlich, bevor er seinen Kopf noch ein wenig vorbeugte und seine Lippen endlich auf Yoongis legte, einen seiner Arme um die fragil wirkende Taille seiner großen Liebe geschlungen, die Hand des anderen Armes in dessen Haaren vergraben. Das sanfte, zarte Spiel ihrer Lippen, ihrer Zungen, die Ungewissheit darüber wo der eine aufhörte und der andere begann, es hätte ewig so weitergehen können, zumindest für Jimin. Viel zu schnell löste Yoongi seine Lippen von den seinen und ließ ein kaltes Gefühl zurück. "Ich habe für dich gekämpft mein Stern." Und ohne Jimin auch nur einen Sekundenbruchteil gab um eine Antwort zu geben ließ er ihre Münder wieder miteinander verschmelzen, zu ihrer kleinen Unendlichkeit.

Gedankenverloren strich Yoongi sich über seinen Arm und spürte wieder Jimins federleichte Küsse.

Aber anstatt Tränen zu vergießen nahm er sich bei dieser Erinnerung etwas vor. Er wollte wieder kämpfen. Er wollte wieder leben.

Für Jimin.

AfterwardsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt