Eleven days afterwards - ✥Memory 1✥ Beachday

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Das gleichmäßige Rattern der Bahn vermischte sich mit der Musik, die aus Yoongis Kopfhörern drang, die Lichter vor dem Fenster verschwammen ein wenig, als der Zug die geschäftigen Vororte Seouls zielstrebig durchquerte. Noch immer spukte der Geruch der unbarmherzigen See in Yoongis Nase herum, seine Haare waren vom Wind wirr geworden, ein wenig Salz haftete ihnen wohl auch an. Sein Kopf fühlte sich unendlich schwer und gleichzeitig so leicht, als hätte die Schwerkraft urplötzlich ihre Wirkung verloren. Außerdem wirkte er wie leergefegt. Alle Gedanken schienen von Wind fortgeweht worden zu sein, bis auf einen. Nur eine einzige Erinnerung hatte der Strand nicht zeitweise verbannt, sondern sogar erst wachgerufen.

Jungkook und Taehyung spazierten Hand in Hand den Strand entlang, tauschten leise Worte aus, als wären sie die kostbarsten Geheimnisse, schenkten sich ein Lächeln nach dem anderen, während ihre Augen von einem Funkeln geziert wurden, dass die Sterne im Vergleich wie kleine Nachtlichter wirkten. Hin und wieder wehte der Wind ein glockenhelles Lachen von ihnen zum Deckenlager hinüber, auf dem es sich die anderen bequem gemacht hatten. Keiner von ihnen konnte sich noch genau an die Zeit erinnern, in der Jungkook und Taehyung nicht zusammen gewesen waren, es kam allen so natürlich, so selbstverständlich vor. Jungkook gab es nicht ohne Taehyung, Taehyung gab es nicht ohne Jungkook.

Namjoon lag auf dem Bauch auf einer Decke und las, Entspannung zeichnete jeden seiner Züge und er schien die Seeluft zu genießen, genauso wie die Sommersonne, die hoch am Himmel stand. Wahrscheinlich genoss er auch Jins Anwesenheit, vielleicht sogar mehr als Sonne und Luft zusammen. Denn auch Jin las, er lag halb auf Namjoon und hatte seinen Kopf in dessen Halsbeuge gebettet, vermutlich allerdings nicht nur um einen Blick in das Buch zu erhaschen. Sie hatten nie offiziell gesagt, dass sie zusammen waren, aber das war nie nötig gewesen. Zumal sie es lange Zeit selbst nicht wussten, so waren sie sich sehr langsam näher gekommen, aus Anziehung wurde Liebe, zu purer Bewunderung gesellte sich grenzenloses Vertrauen. Namjoon und Jin verstanden sich ohne Worte, sie kannten sich gegenseitig besser als sich selbst. Egal wie oft sie sich neckten, es blieb immer scherzhaft, wenn sie stritten, was selten vorkam, dann wirkten sie nach ihrer Versöhnung, die nie lange auf sich warten ließ, nur noch fester zusammengeschweißt. Einen derart sanften Umgang miteinander hegten mit Sicherheit die wenigsten.

Hoseok planschte fröhlich im Wasser, bald hatte er auch Jungkook und Taehyung mitgezogen und sie spielten ein Ballspiel, dessen Regeln wahrscheinlich nur sie selbst verstanden. Yoongi bewunderte Hoseok schon immer für dessen ansteckende Fröhlichkeit. Er war immer da, wenn sie ihn brauchten und Yoongi gab sein bestes genauso für ihn da zu sein. Hoseok strahlte, als er den Ball fing und Jungkook damit abwarf, das Spiel eskalierte relativ schnell zu einer Wasserschlacht vom feinsten. Später würde Hoseoks Freundin Yuki noch dazukommen und Yoongi freute sich insgeheim schon darauf, Hoseok hatte es seiner Meinung mehr als nur verdient, dass er nicht nur immer alle verkuppelte und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stand, sondern auch mal jemand bei ihm war. Außerdem war Yukis Anwesenheit angenehm, die quirlige kleine Halbjapanerin stand Hoseok beim Thema Fröhlichkeit in nichts nach. Die beiden zusammen waren mehr als nur niedlich, sie waren ein energiegeladenes Duo und zugleich ziemlich oft ein wandelndes Klischee. Zum Beispiel machten sie beim Spaghetti oder Ramen essen immer dieses Lilo und Stitch Ding.

Yoongi musste grinsen, als er all das beobachtete. Dann wandte er sich wieder dem Notizbuch vor sich zu, welches ihm jedoch sanft aus der Hand gezogen wurde. Verwundert sah er auf, er war noch nicht ganz wieder aus seiner Gedankenwelt aufgetaucht. "Du kannst nicht die ganze Zeit über arbeiten!", meinte Jimin halb besorgt, halb genervt. "Ich arbeite nicht.", antwortete Yoongi und lächelte. "Ach nein? Und was ist das dann?", fragte Jimin und deutete auf das Notizbuch, auf dessen aufgeschlagene Seite ganz offensichtlich ein Songtext geschrieben wurde. "Das... das ist nicht für die Arbeit." Yoongis Wangen wurden leicht rosa. "Ach nein?" Jimin zog eine Augenbraue skeptisch hoch. "Das ist für dich.", gestand Yoongi schließlich und bevor er noch etwas sagen konnte stand Jimin auf und zog ihn vorsichtig hoch, die eine Hand mit seiner verschränkt, den anderen Arm um seine Taille geschlungen. Ihre Lippen trafen sich, vorsichtig und unschuldig, doch bevor sich diese himmlische Berührung, die Yoongis Körper zum prickeln brachte, wiederholen konnte, musste er erkennen, dass Jimin noch etwas anderes mit ihm vorhatte. Die Hand die vorher seine Taille hielt wanderte hoch an seinen Rücken, die andere ließ seine Finger los und landete an seinem Knie, während seine Kniekehlen auf Jimins Arm lagen und seine Beine in der Luft baumelten. Jimin hatte ihn hochgehoben, als würde er weniger wiegen als die Decke, die sie immer weiter hinter sich zurückließen. er schlang seine Arme instinktiv um Jimins Hals, um nicht herunterzufallen, doch er sagte nichts. Diese Situation erforderte keine Worte. Da beide nur ihre Badehosen trugen spürte Yoongi Jimins Haut überdeutlich an seiner, doch die aufkommende Hitze wurde recht schnell vertrieben, als Jimin ihn plötzlich ins Wasser fallen ließ. Kurz bereute Yoongi es sein Gefühl für seine Umwelt dermaßen verloren zu haben, dass er gar nicht bemerkt hatte, dass Jimin bereits bis zur Hüfte im Wasser stand, doch dann verließ ein perlendes Lachen seinen Mund. Da Jimin offensichtlich nicht bedacht hatte, dass Yoongis Hände noch immer um seinen Hals lagen, war auch er ins Wasser gefallen, als er Yoongi mit aller Kraft hineinschleuderte.

Und Yoongi konnte sich nicht erinnern jemals so unbeschwert gelacht zu haben.

Diesen Tag würde er nie vergessen. Es war der Tag drei Tage nach ihrem ersten Kuss, als Hoseok sie alle für einen Strandausflug begeistern konnte.

Und genau diesen Geruch hatte er gerochen, als er sein Gesicht auf der Rückfahrt in Jimins zerzausten Haaren vergraben hatte, als dieser seinen Kopf auf seine Schulter gelegt hatte.

"Woran denkst du Yoonglez?", fragte Jimin interessiert. "An den Tag am Strand." Mehr musste er nicht sagen. Jimin wusste sofort welchen Tag er meinte. "Es war ein schöner Tag.", erwiderte er. "Jeder Tag mit dir war ein schöner Tag."

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