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Sicht Lucy

Ich konnte es nicht glauben, dass ich den gestrigen Tag nur am Laptop saß und irgendwelche Serien angeschaut hatte. Völlig übermüdet stand ich auf und setzte mich erneut mit meinem Laptop auf mein Bett, um meine sechste Aufgabe zu erfahren. Während der Laptop hochfuhr, ging ich in die Küche und bereitete mir ein kleines Frühstück -bestehend aus einer Tasse Kaffee, Rührei mit Kräutern sowie zwei Stücken Knäckebrot- zu. Das Rührei legte ich auf das Brot und biss genüsslich hinein. Meinen Kaffee stellte ich auf meinem Nachtisch ab, da ich diesen, bei meinem Glück, während dem Hinsetzen verschütten würde und darauf hatte ich heute so gar keine Lust. Bevor ich ein Schlückchen nahm, tippte ich mein Passwort ein und öffnete den Tor-Browser, der mich in die Abgründe des Internets transportierte.

>>Einen wunderschönen guten Tag meine schöne Lucy. Du bist wirklich ein sehr talentiertes junges Mädchen. Dein Wal auf deinem Bauch sieht wirklich wahnsinnig gut aus! Nun zu deiner Aufgabe. Heute wirst du in einem Modegeschäft deiner Wahl gehen und wirst dort ein Kleid, was mir gefallen könnte, stehlen. Natürlich darfst du hierbei nicht erwischt werden und du musst darüber hinaus alles filmen und ein Foto mit dir in dem Kleid schicken, quasi als Beweis. Viel Erfolg. Dein Scoday.<<

Klauen? Ernsthaft? Ich habe noch nie jemanden beklaut und dies hatte ich eigentlich auch in Zukunft nicht vor gehabt. Davon mal abgesehen, woher sollte ich wissen, was ihm gefällt? Ich konnte höchstens etwas in die Richtung vermuten.  Wahrscheinlich mochte er die Farbe rot, denn ich schätzte ihn als sadistisch veranlagten Soziopathen ein, der seine Opfer, beziehungsweise Spieler, gerne quält und von Blut fasziniert war. Ich überlegte weiter darüber nach, während ich mich anzog und zum Losgehen fertig machte. Nach 20 Minuten stand ich in voller Montur an der Bushaltestelle und wartete ungeduldig auf diesen dummen Bus. Der Wind blies mit seinem eisigen Atem durch meine Haare und hinterließ bei mir eine unangenehme Gänsehaut. Warum muss ausgerechnet heute der Bus zu spät? Mein ganzer Körper zitterte wie Espenlaub.

***

In der Stadt angekommen, suchte ich mir einen kleinen Laden, der ausschließlich Ballkleider anbot, und der über keine gute Sicherheitsüberwachung verfügte. Als ich den Laden betrat und mich umschaute, bemerkte ich nur einen Verkäufer, der in seine Zeitung vertieft war. Der Laden ansich war sehr unübersichtlich, was das Bevorstehende begünstigte, und kaum hatte ich mich durch diese überfüllten Kleiderstangen, die überall von der Decke hingen, durch gewühlt, fand ich das perfekte Kleid für mich. Es war ein dunkelrotes, ja fast schon blutrotes, mit Glitzer übersätes, knielanges Kleid, welches das Dekolleté mit  wunderschönen zarten Stickereien verdeckte und am Rücken offen war. Ich nahm es von der Stange, zusammen mit einem bereiteren dunkelblauen glitzernden Kleid, das direkt davor hing, und lief damit zur Umkleidekabine. Dort streifte ich das Blaue über, startete das Video und filmte, wie ich das andere Kleid in meine Handtasche quetschte. Danach hing ich das blaue Kleid zurück auf den Bügel, verließ die Kabine, wobei mein Blick auf den immer noch Zeitung lesenden Verkäufer fiel.

 ,,Gefällt Ihnen das Kleid nicht?" Fragte dieser, als ich das besagte blaue Kleid zurück hängte und den Laden verlassen wollte. ,,Es ist mir etwas zu groß und der Schnitt ist unpassend für meine Figur. Ich komme morgen einfach wieder, da ich jetzt leider schon los muss." Meinte ich freundlich und verabschiedete mich von ihm, während ich weiterhin mit der linken Hand alles filmte. Mein Herz raste, als ich den Mann rufen hörte, dass er bestohlen wurde, nachdem ich den Laden einige Meter hinter mir gelassen hatte, und sofort lief ich schneller. Wie konnte er das so schnell wissen? ,,Diese Frau! Haltet sie auf!" Schrie er, was mich in noch mehr Panik versetzte und in diesem Moment sah ich einen Bus anhalten, was definitiv ein Zeichen sein musste. Das war meine Chance, bevor der Verkäufer oder irgendwer sonst mich einholen konnte. Außer Atem sprang ich in der letzten Sekunde in  den Bus, der zu meinem Glück sofort losfuhr und der Verkäufer konnte nur noch die Rücklichter sehen. Als ich mich hinsetzte, senkte sich so langsam mein Puls wieder. Geschafft.

***

Sobald ich zu Hause angekommen war, lud ich das Video auf meinem Laptop hoch und bereitete die E-Mail für Scoday vor. Mit zitternden Händen holte ich das blutrote Kleid aus meiner Tasche und betrachtete es eingehend. Es fühlte sich so falsch an und mir wurde übel, doch ich versuchte all diese Gefühle zu ignorieren, damit ich meinen Verstand nicht verlor. Ich schlüpfte aus meinen Klamotten und in das Kleid. Um ein Bild davon zu machen, ging ich in das Schlafzimmer meiner Mitbewohnerinnen, da diese dort einen großen Spiegel hatten. Nachdem ich das Bild gemacht hatte, lud ich dieses ebenso hoch und sendete die E-Mail. Innerlich hoffte ich, dass ihm das Kleid gefällt und ich nicht nochmal etwas für ihn stehlen musste. Kaum eine Minute später kam eine Antwort zurück.

>>Hallo Lucy. Das mit dem Filmen üben wir noch in Zukunft, aber das Kleid sieht atemberaubend an dir aus und ich wünsche mir, dass du dieses Kleid behältst, sodass du es an deinem 50. Tag tragen kannst. Dein geliebter Scoday.<<

Sicht Luan (Einige Stunden zuvor)

Erholt und ausgeschlafen erwachte ich auf dem Bett im Schlafzimmer gegen 15 Uhr. Gähnend lief ich in die Küche, um mir einen Kaffee zu zubereiten, doch just in diesem Moment fiel mir ein, dass ich einfach meinen Sklaven damit beauftragen konnte. Grinsend ging ich ins Wohnzimmer, in welchem er an die Couch gefesselt war und mit meinem Erscheinen schlagartig verkrampfte. ,,Tachen. Hast du dich gut von den nächtlichen Aktivitäten erholt? Ja? Perfekt! Hör zu, ich löse jetzt deine Fesseln und du wirst mir ein schönes Frühstück machen. Falls du dabei kreativ bist, natürlich muss es auch besonders gut schmecken, spiele ich ausnahmsweise heute nicht mit dir!" Meinte ich gelangweilt und löste seine Fesseln, woraufhin er aufstand. ,,Ach und falls du vorhast zu flüchten oder ähnliches zu tun, verkneifen es dir! Sämtliche Ausgänge sind verschlossen. Du entscheidest durch dein Verhalten wie und wann du stirbst." Seine Augen füllten sich mit Tränen. ,,Du darfst deinen Gefallen jetzt einlösen." Sein Blick streifte kurz die Tür, aber senkte sich nach unten zu seiner Nase.

,,Du willst keinen Knebel mehr?" Er nickte hoffnungsvoll. ,,Du wirst nicht schreien?" Er schüttelte seinen Kopf und ich stimmt dem zu. Kaum hatte ich den Knebel aus seinem Mund entfernt, bedankte er sich und bewegte sich in Richtung Küche. Ich folgte ihm, da er mich rein theoretisch vergiften könnte und es offensichtlicher weise war dies nicht in meinem Interesse. ,,M-ma-magst d-du O-omelett?" Diese Angst in seiner Stumme war einfach herrlich und um diese zu steigern, schaute ich bösartig in seine Richtung. ,,I-ich k-kann a-auch e-etwas anderes machen..." Ich schüttelte den Kopf ,,Omelett ist gut, aber mach es zu etwas besonderen, denn sonst..." Ich gab ihm einen eindeutigen Blick und er fing daraufhin sofort an zu kochen.

***

Er war ein ziemlich guter Koch und ich war ein Mann meines Worte, weshalb ich ihn heute in Ruhe ließ. Er durfte im Schlafzimmer schlafen, während ich im Wohnzimmer bis abends fern sah. Punkt 18 Uhr erhielt ich eine Nachricht, welche aus dem Beweisfoto- und Video bestand, von Lucy. Das Video war total verwackelt, aber ich konnte das Geschehnis halbwegs mitverfolgen, und das Bild von dem Kleid, welches blutrot war, verschlug mir die Sprache. Da sie die Aufgabe so gut erledigt hatte, sendete ich ihr ohne zu zögern eine Antwort.

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