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Sicht Lucy

Unglaublich erholt erwacht ich gegen Mittag aus einem angenehm traumlosen Schlaf und lief singend durch die Wohnung zur Küche, um Iki zu füttern, aber auch um selbst etwas zu essen. Mein Unterarm tat durch das ständige eincremen nicht mehr weh und auch spürte ich das kleine Tattoo, welches mein Bein beziehungsweise meinen rechten Hüftknochen verzierte, nicht allzu intensiv, wie ich es mir vorgestellt hatte. Joey war ein ansich echt cooler Typ der, was ich erst später herausgefunden hatte, gar nicht für Scoday arbeitete, sondern der Kumpel einer gewissen Julia und einem Chris war, die ihm sehr viel Gehalt zahlten, wenn er spontan jemanden tätowierte. Noch mit meinem Frühstücks-Smoothie -aus Erdbeeren, Johannisbeeren sowie Brombeeren, kehrte ich zu meinem Laptop zurück und öffnete anschließend meine alltägliche Nachricht von Scoday.

>>Hallo Lucy. Ich habe das Bild, welches Joey gemacht hat, von deinem Tattoo gesehen. Es sieht genauso wunderschön aus, wie du auch, meine Schöne. Ich hoffe, dass dir dein kleiner neuer Begleiter ebenso so gut gefällt und dass es nicht zu sehr weh tut, während dem Heilungsprozess. Nun komme ich zu deiner heutigen Aufgabe, meine liebste Lucy. Du musst dir vier Finger mit flüssigen Kontakthaftkleber zusammen kleben, aber keine Angst der Klebstoff braucht je nach Temperatur 10 bis 40 Minuten zum kompletten aushärten. Du musst ihn jedoch nur fünf Minuten zwischen allen vier Fingern darauf behalten. Danach darfst du ihn abwischen oder abwaschen, je nachdem was dir beliebt, und ich möchte zusätzlich ein Beweisvideo. Du hast nach der Erfüllung dieser Aufgabe 20 Tage hinter dir und hast nur noch 30 Tage, bis du endlich die totale Freiheit erlangst. Freue dich auf deine letzte Aufgabe, denn da habe ich eine besondere Überraschung für dich. Doch für jetzt, wünsche ich dir viel Spaß bei der Aufgabe. Dein Scoday.<<

Scoday, also der Echte, war wieder da und irgendwie klang er in seiner Nachricht nett, richtig wahrhaftig nett. Ein kluger Schachzug, um mich zu manipulieren, aber darauf werde ich auch nicht in tausend Jahren reinfallen und deswegen würde ich mir diese Worte genauso wenig zu Herzen nehmen. Er war nach wie vor ein unberechenbarer eiskalter Psychopath, der Menschen aus purer Lust und Profitgier quälte als auch folglich tötete. Es gehörte zu seinem Plan mich zum Suizid zu bringen, was er nicht schaffen wird, und diese Nachricht bestand aus kalten Lügen, die er jedem Spieler auftischte. Was genau er damit bezweckte mutmaßte ich zwar nur, aber er wird aus kaum einen anderen Grund tun. Jede Aufgabe zielte darauf ab mich und meinen freien Willen zu brechen, doch  da ich jetzt nicht aufhören konnte, suchte ich mir einen Kleber aus meinem Keller, der dem geforderten Kleber ähnelte, heraus und bereitete alles vor, damit ich keine Sauerei auf meinem Schreibtisch veranstaltete.

Ich atmete nochmals durch, ehe ich den Klebstoff zwischen meine Finger schmierte und kurz zusammen drückte. Währenddessen lief das Beweisvideo, worauf lediglich meine Hände zu sehen waren, schließlich wollte ich zu keiner Selbstbefriedigungsvorlage werden. Die Angst meine Finger nicht mehr von einander trennen zu können überkam mich, als ich die Hälfte der Zeit erreichte, und ich überlegte, ob ich ins Krankenhaus fahren oder sie gewaltsam lösen sollte, wenn dieser Fall wirklich eintrat. Bevor ich mich allerdings versah, war die Zeit um und ich schaffte es meine Finger ohne große Schmerzen zu spreizen, nachdem ich das Video beendet hatte. Anschließend wusch ich meine Hände gründlich, damit ich sämtliche Klebstoffreste entfernen konnte. Meine Fingerzwischenräume fühlten sich bei jeder Bewegen sehr merkwürdig an, weshalb alles erstmal eincremte, und beschloss folglich das Video später zu verschicken, um ein bisschen Fern zu schauen.

Sicht Luan

Endlich saß ich wieder an meinem geliebten Platz am Fenster und konnte meine Traumfrau beobachten, die von Tag zu Tag, nein, von Sekunde zu Sekunde immer schöner wurde. Das Gefühl der Begierde wollte die Überhand ergreifen, was ich zu verhindern wusste, und auch der Gedanke an unsere Zukunft kroch langsam aus meinem Unterbewusstsein in meine jetzigen Gedankengänge, doch auch sie verbannte ich, um nicht erneut durchzudrehen. Terry hatte ich bei meiner Ankunft von Julia in die Firma bringen lassen, da er mich hier nur nerven und ich ihm daraufhin die Kugel geben würde. So konnte er mit Tracy und Viktor -oder andersrum- etwas Spaß haben, denn Michelle war dazu nach ihrem Selbstmordversuch, wovon ich erst vor einigen Stunden erfahren hatte, nicht mehr in der Lage.

Ivan rief mich vergangene Nacht deswegen völlig verstört an und wies mir sämtliche Schuld zu, die ich selbstverständlich an mir abprallen ließ. Da wir uns jedoch so gut kannten, hatte ich ihm versichert, dass ich sie aussteigen lassen würde, wenn sie es unbedingt wollte, ohne sie zu töten, was üblicher Weise eine gängige Methode für sogenannte "Aussteiger" war. Sie hätte nie bei uns -in dem Alter wohlgemerkt- anfangen dürfen und Ivan war in Kenntnis, dass seine Schwester mental nicht stark genug sein würde. Er wusste um seine Schuld und dies machte ihn fertig. Genauso fertig machte mich der Gedanke an das Kind, welches Juli in sich trug und von mir sein sollte. Ich versuchte all das zu verdrängen, aber ich schaffte es einfach nicht, und die Angst deshalb wieder einen Nervenzusammenbruch zu bekommen war ein stetiger Begleiter am heutigen Tag.

Als sie es mir gestern beichtete, wollte ich dies nicht wahr haben, es aus ihr herausprügeln, sie für Hochverrat durch schwerwiegende Lügen exekutieren, aber ich setzte nichts von dem in die Tat um, denn schließlich war es ihr Körper, also auch ihre Entscheidung. Ich werde sie auf gar keinen Fall zur Abtreibung zwingen, dass war so sicher, wie der Fakt, dass ich Lucy liebte. Wenn sie es behalten wollte, dann würde sie eine angemessene Abfindung erhalten, um irgendwo anders ein ganz normales Leben aufbauen zu können. Das war ich nach allem schuldig. Sie wusste, dass ich den Vaterpart ablehnte, da ich nur mit einer Person Kinder in die Welt setzten wollte, und denn noch wäre ich immer zur Stelle, falls sie Hilfe benötigte. Innenständig hoffte ich, dass alles bald ein gutes Ende hatte und ich mein Leben wieder alleine lenken konnte, natürlich mit meiner schönen Lucy an der Seite. 

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