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Sicht Lucy

>>Hallo Lucy. Die neue Haarfarbe steht dir wirklich ausgezeichnet und auch wenn du immer wunderschön bist, siehst du wenn du tanzt besonders toll aus! Du bist wahrhaftig eine anmutige Feenprinzessin, die erst zur Königin an meiner Seite wird. Aber auch deine Schönheit und meine Zuneigung zu dir können dich leider nicht vor deiner heutigen Aufgabe beschützen.  Du musst heute die ganze Nacht von Anbruch der Dunkelheit, also ab 17 Uhr, bis 7 Uhr auf der Straße verbringen. Du hast dich während dieser Zeit von 14 Stunden an bestimmte Regeln zu halten, damit die Aufgabe als erfolgreich abgeschlossen gilt. Du darfst dich in keinem Gebäude oder ähnlichen, was schützend wirken oder als Versteck dienen könnte -z.B. Fahrzeuge, Züge, Bahnhöfe, usw.-,  aufhalten. Du darfst keine Waffen , auch keine Messer, Schlüssel o.ä., mit dir führen. Darüber hinaus darfst du keine Wertgegenstände, wie zum Beispiel Handy, Uhren, Bargeld, mitnehmen. Du darfst Nahrungsmittel sowie Getränke, ein Buch deiner Wahl und einen Rucksack verwenden. Bereite dich gut vor und keine Angst, du wirst nie richtig in Gefahr sein. Viel Glück. Dein Scoday<<

Wie konnte ich nicht in Gefahr sein, wenn ich weder Waffen noch ein Handy mitnehmen oder mich  in Gebäuden oder Fahrzeugen aufhalten durfte? Zwar war unsere Stadt soweit sicherer als manch andere Städte, aber denn noch sollte man sich zu gewissen Zeiten insbesondere bei Nacht nicht auf der Straße aufhalten, da Drogenabhängige, Kleinkriminelle, Obdachlose und alkoholisierte Personen oftmals genau zu dieser Zeit auf der Suche nach ihren nächsten Opfern waren. Ich, als Frau, war eine scheinbar leichte Beute in den Augen dieser Menschen und, auch wenn ich viel Kraft hatte, konnte ich mich nicht gegenfünf oder mehr Täter zur Wehr setzen. Scoday hatte tatsächlich den Verstand verloren und ich wusste nicht, wie ich diese Aufgabe ohne Schäden überstehen sollte. Da er in der Mail Essen erwähnt hatte, wollte ich mich mit der Zubereitung von einigen Snacks und Sandwiches von der aufsteigenden Angst ablenken.

Bepackt mit einem Rucksack voll mit Essen, Decken, Getränke sowie mit etwas erste Hilfe Verbandszeug, stand ich Punkt 17 Uhr vor meiner Haustür, welche ich fest verschloss und anschließend den Schlüssel versteckte unter meiner Schuhmatte, da mir dies ebenfalls von Scoday verboten wurde. In den vergangenen Stunden vor meines Aufbruches hatte ich mir sämtliche Karten mit Straßen sowie Schleichwege meiner Stadt aus dem Internet besorgt und hatte mir einen Plan zu Recht gelegt, der mir eine sichere Nacht bescheren sollte. Zu jeder vollen Stunde den Standort wechseln, nie in dunkle Gassen einbiegen, mit niemanden reden oder anschauen und vorallem immer an befahrene bewachte Straße entlang laufen. So könnte ich wahrhaftig eine Chance haben und wäre nicht auf Scodays Hilfe angewiesen, egal wie diese aussehen würde.

Sicht Luan

Sie wechselte zu jeder voller Stunde den Ort, was ziemlich clever war, und ich musste, um nicht aufzufallen, ihr zu Fuß folgen. Sie hatte sich gut vorbereitet, wie ich es ihr geraten hatte, sodass ich nicht glaubte, dass in dieser Nacht mein Eingreifen erforderlich sein würde, denn noch hielt ich mich für alle Fälle bereit, und beobachtete sie bei jeder ihrer anmutigen Bewegungen.  Sie legte sich eine Decke -nach einem weiteren Standortwechsel- über ihre mit einer schwarzen Jeans bedeckten Beinen, packte ihr Essen in den Rucksack und kramte ein Buch, welches mir aufgrund fehlender Abnutzungsmerkmalen brandneu erschien, hervor. Den Zopf, welchen sie sich zuvor gemacht hatte sprang plötzlich auf und so schlugen ihre schwarzen lockigen Haaren ihr wild ins Gesicht. Die Versuche ihre Haare zu bändigen schlugen kläglich fehl, weshalb sie nach 10 Minuten des Kampfes ihre Zotteln zu einem Dutt zusammen band. Ich lächelte unwillkürlich und machte es mir zunächst etwas gemütlicher auf meiner Bank, die unweit von ihrer stand.

***

Lucy musste noch vier Stunden durchhalten und bis jetzt hatte es dank ihrer Taktig keine Probleme gegeben, obwohl mir eine kleine Gruppe von Möchtegern-Gangster, die ihr seit zwei Stunden folgte, aufgefallen waren. Diese beobachteten sie, aber kamen ihr nicht zu nah oder taten sonst irgendetwas Verdächtiges, was Lucy gefährden könnten und somit mein Eingreifen erforderten. Plötzlich kurz bevor Lucy erneut den Ort wechselte teilten sie sich auf  ohne dass meine Prinzessin davon Kenntnis nehmen konnte, und umstellten sie, sodass sie keine Fluchtmöglichkeit mehr besaß.  Ich eilte zu meinem Motorrad, welches einige Straßen weiter geparkt war, und setzte hektisch meinen Helm auf, damit ich unerkannt blieb. Bevor ich losfuhr entsicherte ich noch schnell meine Waffe und raste zu Lucy. Es waren nun vier Gruppen mit je zwei Personen, die als Waffen lediglich Klappmesser verwendeten, mit denen sie jedoch Lucy bedrohten. Sie waren ihr viel zu nah für meinen Geschmack, was sie in Panik versetzte. 

Binnen wenigen Sekunden packte sie ihre Sachen und wollte flüchten, indessen stoppte ich wenige Meter von der Szenerie und wartete auf den Angriff der Ganoven. Auf diesen musste ich nicht lange warten, denn einer der Typen packte Lucy an der Schulter und schleuderte sie zu Boden. ,,Geld!" Das war das einzige, was er sagte und ehe ich mich versah, drückte er ihr die Klinge seines Messers an den Hals. Lucy leistete Gegenwehr in dem sie ihre Daumen in seine Augen presste, womit er sichtlich nicht gerechnet hatte, und schlug dem nächsten Angreifer direkt ins Gesicht.  Sie packten zu zweit ihre Arme  und hielten sie davon ab sich zu bewegen, sodass sie sie in Ruhe verprügeln konnten. Das war genug! Ich startete abermals meine Maschine. Der kühle Nachtwind wehte unheilsam durch die Bäume und sorgte dafür, dass die Situation noch bedrohlicher wurde.  Wieder flog Lucy zu Boden und als das Messer des Geschlagenen über ihren Körper flog, um sie zu entkleiden, pflanzte ich ihm eine Kugel zwischen die Augen.

Das Blut spritzte überall hin, nachdem ich meine Waffe erneut abfeuerte und sofort nutzte Lucy die Verwirrung der umherstehenden Täter um wegzurennen. Das war meine Chance sie einzusammeln und sie aus der Gefahrenzone zu bringen. Ich fuhr los und versperrte ihr den Weg ,,Spring auf!" Befahl ich ihr, was sie auch sofort tat, auch wenn ich das Misstrauen in ihren Augen aufblitzen sah. Sie schlang ihre Arme um meinen Bauch, während ich durch die Straßen raste, und aus dem lockeren festhalten wurde ein reinkrallen. Ich hörte wie sie in Tränen ausbrach und sich fest an mich presste. Ich setzte sie vor ihrer Haustür ab und bot ihr ein Taschentuch an, welches sie lächelnd annahm. ,,Danke." Sie umarmte mich heftig und ich löste mich nur widerwillig von ihr. ,,Warst du die ganze Zeit über da, Scoday?" Ihr Verstand war auch in der Aufregung voll funktionsfähig, was mich zutiefst beeindruckte. ,,Noch 2 Stunden und dann gehst du sofort rein!" Ich wollte gerade losfahren, als sich Lucy mutig vor mich stellte. ,,Warte. Ich habe nur noch eine Frage. Wieso beschützt du mich und bist so nett?" Ich streichelte ihr sanft über die Wange. ,,Was man liebt beschützt man!" Meinte ich ehrlich und durfte wegfahren, obwohl ich nicht sehr weit weg von ihrem Haus parkte, um sie gegebenenfalls zu beschützen.

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