Sicht Lucy
Verwundert sah ich auf meinen E-Mail Posteingang und aktualisierte ihn zum gefühlten tausendsten Mal, aber es stand noch immer da, dass ich keine Nachricht hatte. Dies konnte jedoch nicht sein, da es bereits nach 13 Uhr war und ich normalerweise schon längst eine E-Mail von Scoday erhalten haben müsste. Ich hatte gestern, wie von ihm gefordert, das Beweisfoto sowie das Video geschickt und schon dabei kam nichts von ihm zurück, was mich zunächst nicht sonderlich beunruhigte. Doch jetzt war das etwas anderes, denn ohne Aufgabe würde jemand sterben müssen. Wieder und wieder lud ich die Seite neu bis mir endlich eine E-Mail von Scoday angezeigt wurde. Erleichtert auf der einen Seite und auf der anderen Seite genervt öffnete ich diese.
>>Hi Lucy. Sorry. Entschuldige die verspätete Nachricht. Ich musste etwas wichtiges erledigen, was zum Teil mit dir zusammenhing. Wir mussten -das verrate ich dir doch gern- einige Körperteile deines Luans verschicken und dabei gab es leider ein paar Komplikationen, die leicht mit Hilfe eines Sturmgewehrs geregelt werden konnten. Nun zu deiner Aufgabe. Bewirf eine Gruppe von Polizisten (min. 3) mit Eiern, hierbei musst du aufpassen, dass du nicht erwischt und festgenommen wirst. Du musst das ganze Geschehen filmen. Scodai!<<
Skeptisch begutachtete ich die E-Mail, die irgendwie alles andere als von Scoday sein konnte, denn seit wann schrieb er seinen Namen mit einem 'i', und überlegte gleichzeitig wie ich eine Gruppe von mindestens 3 Polizisten finden sollte. Die liefen schließlich nicht einfach so in meiner Straße herum und warteten darauf, dass etwas passierte, wozu man ihre Hilfe gebrauchen könnte. Ich könnte den Notruf wählen, eine Straftat vortäuschen und sie dann bewerfen, allerdings fiel diese Adresse hier definitiv raus, denn ich durfte nicht ertappt werden. Die Innenstadt wäre eine gute Alternative. Viele Menschen, exzellente Versteck- und Fluchtmöglichkeiten. Darüber hinaus waren dort öfters Prügeleien sowie polizistenfeindliche Personen vor Ort, also wäre meine Aktion unauffälliger, als gedacht. Mit diesem theoretisch funktionierenden Plan ging ich mit zwei Packungen a 10 Eier los zum Bus.
***
„Âllo? Meine Name ist Marie Antoinette. Isch mochte eine Prugelei an die Rat'ausplatz rapporté eh melden. S'il vous plaît schnell kommen. Deux Manner liegen auf die Boden et drei ondere schlagen weiter. Bitte schnell!" Mit einem grauenvoll schlechten französischen Akzent sowie verstellter Stimme rief ich die Notrufzentrale an und wartete auf weitere Fragen meines Gesprächspartner. „Ganz ruhig Frau Antoinette. Gibt es Verletzte?" Fragte der Mann mit einer beruhigenden Stimme am anderen Ende der Leitung. „No! No, kein Verletzte. Aber muss das reden wir? Bitte kommen einfach." Ich wollte keinen Großeinsatz auslösen, weshalb ich darauf bestand, dass es keine verletzte Personen gab, sondern es nur eine kleine Auseinandersetztung mehrerer Männer war. „Okay, Frau Antoinette, ich schicke Ihnen Hilfe. Bleiben Sie ruhig und nehmen Sie etwas Abstand von der Personengruppe." Ich legte auf, ehe er noch etwas sagen konnte, und wartete geduldig auf die Polizisten.
10 Minuten später rückten zwei Streifenwagen mit Blaulicht und Sirene an. Die umherlaufenden Fußgänger schauten sich verdutzt um, als die Polizisten auf den Platz liefen und plötzlich meine Eier durch die Luft folgen. Mein Handy hatte ich in der rechten Hand, um alles mit zu filmen, und mit der linken Hand warf ich Ei für Ei auf die ahnungslosen Beamten, die sich voller Wut umsahen und versuchten den Geschossen auszuweichen. Es dauerte nicht lange bis meine Eierschachteln leer waren und mein Versteck entdeckt wurde. Panik erfasste mich, weshalb ich das Video beendete und die Beine in die Hand nahm, sodass ich fliehen konnte, ehe die Polizisten mich erreichen konnten. Die vier Beamten waren mir indessen auf den Fersen und so langsam ging mir auch die Puste aus, was sich darin äußerte, dass ich intensive Seitenstiche bekam. Meine Verfolger holten derweilen weiter auf und ich konzentrierte auf meine Möglichkeiten zu entkommen. In diesem Moment sah ich wie eine Straßenbahn sich der nicht weit entfernten Haltestelle nährte, was gerade nicht besser sein konnte.
Ich musste es einfach darein schaffen, bevor ich festgenommen werden konnte. Nur noch ein paar Meter trennten mich von der Tram und fast hätte ich es auch geschafft, doch ich die Beamten unterschätzt. Als ich bereits mit einem Fuß in der Straßenbahn stand, wurde ich unsanft an der Schulter nach hinten gezogen und auf den Boden gerissen. Die vier Polizisten, wovon einer mir gerade Handschallen anlegte, standen um mich herum, sodass ich keine weiteren Fluchtversuch starten konnte. Die Tram fuhr ohne mich los und ich saß tief in der Scheiße. Mein Herz raste unkontrolliert und ich spürte den Kaltschweiß meinen Rücken herunter laufen. ,,Sie sind hiermit wegen Verdacht auf Körperverletzung §223 StGB sowie Sachbeschädigung §303 vorläufig verhaftet. Sie können sich zu der Sache mündlich oder schriftlich äußern oder von Ihrem Recht des Schweigens gebrauch machen. Sie können Ihren Anwalt benachrichtigen und zur Polizeiwache bestellen. Falls Sie keinen Anwalt haben, wird Ihnen im Falle einer Inhaftierung in die Untersuchungshaft ein Pflichtverteidiger bereitgestellt. Haben Sie das Verstanden?" Meinte der eine Beamte, während sie mich zu ihren Wagen schleppten.
***
20 Minuten später saß ich in einem Verhörraum, in welchem ein Tisch, drei Stühle und drei Gläser mit Wasser standen. Die Handschellen hatten sie bereits beim Hineinführen abgenommen, sodass ich mich frei bewegen konnte, doch ich hingegen blieb stumm auf meinem Stuhl sitzen und wartete geduldig darauf, dass die Beamten endlich den Raum betraten, damit ich die Sache hinter mich bringen konnte. Sie ließen sich beachtlich viel Zeit, womöglich um mich einzuschüchtern, und schon bald fing ich an mich zu langweilen, allerdings bewegte ich meinen Körper denn noch keinen Millimeter von der Stelle. Nach weiteren 10 Minuten betrat eine Frau und der Mann, welcher mir bei der Festnahme die Handschellen angelegt hatte, den Saal. ,,Wie heißt du?" Fragte die Frau, welche sich als Schulze vorstellte, und starrte mich wütend an. Anstatt zu antworten, nahm ich ihren Block sowie ihren Kugelschreiber, die vor ihr lagen, und schrieb meine Notfallnummer auf. ,,Rufen Sie diese Nummer an und alles wird sich aufklären." Meinte ich mit einer erstaunlichen Gelassenheit und lehnte mich wieder zurück. Die beiden Beamten schauten sich fragend an und es dauerte einige Minuten bis der Mann aufstand, um dort anzurufen.
DU LIEST GERADE
Todesspiel ||
HorrorZweiter Teil der Triologie AB 18 ++ JAHRE Nach dem Tod von Lola ist Luan (aka Scoday) nicht wieder zu erkennen und die Fassade eines eiskalten Killer fängt an zu bröckeln. Durch grausame Gewalttaten will er sich immer wieder beweisen, doch aufgrund...