„Seht Leute, wer da ist!“, rief ich in die Kamera, als mein Gast hinter mir winkend herschlich. So sah es für die Zuschauer aus. Was dazwischen passiert ist, naja, war folgendes:
Ich stand von meinem Stuhl auf und verließ das Zimmer, marschierte den Flur hinunter und zog meine Ärmel hinunter zu meinen Fingern, und als ich schließlich den Knopf zum Öffnen der Haustür drückte und den Unbekannten in das Haus ließ, öffnete ich die Tür zu meinem Apartment und lehnte mich gegen den Durchgang, ein wenig interessiert darüber, wer jetzt die Treppen nach oben gelaufen kam. Ich hörte die Schritte auf den steinernen Boden, große und schwere Schritte, also wohl möglich die eines Mannes. Nach einer halben Ewigkeit dann konnte ich schließlich einen Blick auf die Haare meines Gastes erhaschen, und auch nur kurz darauf blickte dieser durch das Treppengeländer nach oben in meine Richtung.
„Hi.“, schnaubte er und lächelte. Er ging nun die letzten Stufen hoch zu meiner Wohnung und atmete kurz auf. „Ist ja ein scheiß Weg bis hier oben.“ Er holte noch einmal Luft und blieb vor mir stehen. „Netter Pulli.“, grinste er dann, als ihm sein roter „Anti“-Pullover aufgefallen ist, und blickte schließlich besorgt zu mir hinunter. „Komm mal her.“ Und ohne, dass ich auch nur etwas erwidern konnte, zog er mich schon sachte in seine Arm, drückte mich vorsichtig und dennoch kräftig gegen sein Brust, und legte seinen Kopf auf meine Schulter.
„Ich hab davon gehört.“, erklärte er dann leise und streichelte über meinen Rücken. Und in dem Moment, in dem wir dort im Treppenhaus standen, ich in seinem Pulli eng an seinen Oberkörper gedrückt, kamen alle Gefühle zurück, die ich im Schlaf verdrängt hatte. Und erst dann wurde mir bewusst, wie sehr ich seine Nähe brauchte. „Wollen wir erstmal rein gehen?“, schlug er mit ruhiger Stimme vor und ich nickte.
„Ich mach gerade ne Aufnahme für Minecraft.“, sagte ich als ich die Apartmenttür hinter mir zuschloss. Er drehte sich zu mir und lächelte sanft.
„Meinst du deine Zuschauer haben was dagegen, wenn ich dazustoße?“
Ich schüttelte den Kopf und lächelte. Natürlich hatten sie das nicht. Meine Viewer liebten Izzi. Als wir dann den Flur hinunter in mein Arbeitszimmer gingen, blieben wir beide vor der Tür stehen und zögerten, drehten uns zu dem jeweils anderen um und schauten uns beide in die Augen. Er lächelte – noch immer ein wenig besorgt – und ich verdrehte innerlich die Augen, da ich sein Mitleid echt nicht gebrauchen konnte. In Realität jedoch schaute ich ebenfalls zu ihm auf und lächelte ihn an, und als wir uns so ansahen, nur Zentimeter voneinander entfernt, da entstand diese Bindung, die man hat, wenn man sich eben sehr nahe steht und wenn man weiß, gleich küsst man sich. Doch anders als in solchen Momenten, strich er mir sachte über meine Haare und küsste mich auf die Stirn.
„Komm, du musst noch ein Video drehen.“, sagte er leise und lächelte. Ich nickte und wir beide gingen in das Zimmer.