Der Thing - Teil 2

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Danke für das neue tolle Cover von @_MaryJ_
Wie findet ihr es?

Als König Erik sich erhob wurde es schlagartig Still unter den Wikingern und alle richteten ihren Blick auf ihren König.

"Seid zum diesjährigen Thing herzlich willkommen! Es erfüllt mich mit Freude und Tolz, dass ihr zuweilen einen sehr weiten Weg auf euch genommen habt, um mir hier und heute erneut die Treue zu schwören. Ich möchte damit beginnen, unsere diesjährigen Jünglinge nach vorne treten zu lassen, um zum ersten Mal ihren Schwur abzulegen und zum Manne aufzusteigen." der König setzte sich nieder und der Gode erhob sich.

Gemurmel ging durch die Männer und die Söhne und Neffen wurden von den Erwachsenen mit Schulterklopfen dazu aufgefordert, sich vor dem König zu versammeln. Es war eine große Menge an jungen Burschen, die sich jetzt vor dem König einfanden und ihn mit großen Augen musterten.

Bjorn kannte den strengen Gesichtsausdruck, den sein Vater nun auf hatte. Er wollte Macht demonstrieren und die zukünftigen vollwertigen Mitglieder des Stammes einschüchtern und auf ihren Platz hinweisen. Er war der König, ihm zollte man Respekt und Treue. Auch mit dem Hintergedanken, dass heute hier jemand einen Schwur erneuern würde, der bereits nur auf seine Chance wartete, ihm ein Messer in den Rücken zu jagen.

Schnell kehrte auch wieder Stille in die Versammlung ein und der Gode begann mit dem ersten Teil des Schwures, er begann ein altes Lied zu singen. In einer alten Sprache, die nur noch von Gode zu Gode weitergegeben wurden. Damit ehrte er die Götter und wollte ihre Aufmerksamkeit für den Treueschwur an den König erhalten.

Er umkreiste die Burschen und streckte seine Hände in dem Himmel, wanderte einmal um den Steinkreis der Wikinger und endete schließlich vor dem Feuer. Mit einer schwungvollen Handbewegung warf er etwas ins Feuer. Sofort schossen die Flammen weiter empor und ein Knistern und Zischen erfüllte die Luft. Seltsame Funken sprühten über dem Feuer und kleine Lichter flackerten um die Feuersbrunst.

Dann holte der Gode vor den großen Augen der Jünglinge eine hölzerne Kiste hinter einem der Steine hervor. Er öffnete den Deckel und man konnte die geschmiedeten Klingen der Schwerter in der Sonne und dem funkeln des Feuers, glitzern sehen. In einer weiteren Kiste kamen die frisch geschmiedeten Armreife zum Vorschein, die die Jünglinge als Zeichen ihrer Treue von ihrem König erhalten würden.

Nun stand der Gode erneut neben König Eirk, der sich wieder erhoben hatte. Links und rechts von ihnen die Beiden Kisten, vor ihnen die Schar der Jungen. Mit einer Handbewegung an den ältesten der angehenden Männern, gab ihm der Gode zu verstehen, dass er nun der Erste sein würde, der seinen Schwur leisten musste.

"Ich, Finnr Hallthorrson, schwöre meinem König die Treue. Mit meiner ganzen Kraft, der Kraft meines eisernen Schwertes und dem Blut, dass durch meinen Körper pumpt, werde ich ihm dienen, ihn verteidigen und ihm zu Seite stehen. Bis ich im Kampf durch das Schwert meinen Tod ereile und an der Tafel Odins in Walhalla sitze!" mit dem im gereichten Ritualdolch schnitt er sich in die Handfläche und drückte diese auf das dargebotene Schwert der Königs. Sein Blut floss den kühlen Stahl entlang nach unten auf den Boden.

"Ich, König Eirik nehme deinen Treueschwur an und überreiche dir dein Schwert und deinen Armreifen. Von nun an, kannst du dich als Mann nennen und dich Teil meines Königreiches fühlen." Eirik reichte ihm eines der Schwerte und legte ihm den goldenen Armreif an den Oberarm des rechten Armes.

Mit tosendem Gebrüll und dem Schlagenden Geräusches der Fäuste der Männer, die auf ihre Schilde klopften, reihte sich Finnr nun in den Steinkreis der Wikinger zurück. Diesmal allerdings als ganzer, vollwertiger Mann.

Und so folgten ein Bursche nach dem anderen. Das Blut am Schwert des Königs wurde immer mehr, mittlerweile konnte man vom einst glänzenden Eisens nichts mehr erkennen. Das Schwert war über und über mit Blut getränkt. Selbst der Boden, wo die Spitze des Schwertes die feuchte Erde traf, war durchtränkt mit dem Blut der Wikinger.

Nach einer schier endlosen Zeit, hatte endlich der letzte der Jünglinge seinen Schwur geleistet und war in die Gemeinschaft der Männer aufgenommen worden. Nun waren die restlichen Männer daran, ihren alten Schwur zu erneuern.

Bjorn würde der Erste sein, denn er war auch der Erstgeborene Sohn des Königs. Allerdings bedeutete die bei den Wikingern nicht automatisch, dass er auch der nächste König werden würde. Das wird bei den Wikingern eher durch den bitteren Kampf der männlichen Nachkommen des Königs ausgemacht werden.

Auch König Eirik musste sich zu seiner Zeit, als sein Vater starb, die Krone erkämpfen. Sein Bruder wurde damals von ihm im Schwertkampf getötet. Bjorn hoffte, dass er sich nicht mit seinen Brüder um die Krone streiten muss. Er wusste dass Svan keinerlei Ehrgeiz auf die Krone hatte. Bei Ivar war er sich da nicht sicher, aber er hoffte, dass sie das klären können würden, ohne das einer von den vier Brüdern sterben muss.

Bjorn erhob sich von seinem Platz und kniete sich vor seinen Vater.

"Ich, Bjorn Eirikson schwöre dir erneut die Treue. Mein Schwert ist das eure und mein Leben soll für immer mit dem eurigen verbunden sein. Mögen wir für immer Seite an Seite kämpfen, bis wir gemeinsam an Odins Tafel speisen!" er hatte sein Armband und sein Schwert vor die Füße seines Vaters gelegt.

König Eirik hob das Schwert vom Boden auf, und reichte es seinem Sohn zurück.

"Ich, König Eirik, erkennen deinen erneuten Schwur an!" Eirik legte seinem Sohn auch wieder den goldenen Reifen um den Oberarm. Der Gode tauchte seinen Arm in einen gusseisernen Topf, als er ihn wieder herauszog, konnte Bjorn das Blut der geopferten Ziege erkennen. Mit einer schwungvollen Bewegung bespritze der Gode ihn mit dem Blut. Bjorn konnte das noch warme Blut in seinem Gesicht spüren und er wusste, dass auch alle anderen Männer mit dem Blut der Ziege geweiht wurden.

Bjorn erhob sich mit dem Schwert in der Hand, verbeugte sich vor seinem Vater und König und kehrte unter dem Trommeln und Jubel der Wikinger an seinen Platz zurück.

Zuerst folgten ihm seine Brüder, dann die stärksten Krieger ihres Dorfes und dann die restlichen Männer. Als vorletzter trat Allvar vor den König und leistet ihm seinen Schwur. Danach folgte Farfus und Bjorn hielt gespannt den Atem an. Sollte er dem König nun seinen Schwur leisten und die Warnung von Allvar wahr sein, würde die Rache seines Vaters äußerst grausam sein. Denn der Bruch dieses Schwures, wurde hier unter den Augen der Götter abgehalten.

Doch wie zu erwarten, kniete sich Farfus vor den König und erneuerte seinen Schwur. Mit zusammengezogenen Augenbrauen, folgte Bjorn dem gefährlichen Mann bis er sich zurück in den Steinkreis gesetzt hatte.

Nun würde die Verurteilung der Verbrecher fallen und Bjorn hörte nur noch mit halbem Ohr zu. Er wusste jetzt schon, dass sollte er König werden, dies nicht seine Lieblingsbeschäftigung werden würde. Und so wie er seinen Vater kannte, würde heute noch eine Menge Blut über den Richtstein fließen. Bjorn wusste, er wollte Farfus dadurch Angst machen und seinen Platz als König deutlich zeigen.

Einer ums andere wurde von ihm zum Tode verurteilt oder verlor einen Giedmaßen. Als die Sonne bereits den Horizont berührte, war der Boden um den flachen Stein in der Mitte völlig durchtränkt mit dem Blut der verurteilten Wikinger. Die Leichen der Männer stapelten sich unter dem alten Baum und einige Hände und Füße lagen abgetrennt im Gras.

Im Auge des Wikingers - Bjorn EiriksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt