Wiedersehen

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Bereits am nächsten Tag hatte Jarl Thorund einen Boten nach Harvarstad entsannt, um dem König die Nachricht zu überbringen, dass seine Söhne erfolgreich waren und bei ihm als Gäste willkommen seien.

Bjorn hatte beschlossen, zusammen mit seinem Bruder Ivar und seinen engsten Freunden Leif und Floki auf seinen Vater und seine Frau zu warten. Denn der Jarl war nicht in der Lage, so eine lange Reise auf sich zu nehmen. Bei dem Überfall damals, als Runa fliehen musste, wurde Thorund so schwer von Farfus Männern verletzt, dann sie es gerade so schafften, sein Leben zu retten. Seine Beine blieben seit diesem Tag jedoch absolut unbrauchbar. Er war jeden Tag darauf angewiesen, von seinen Sklaven gewaschen zu werden und von seinen Söhnen, mithilfe des selbst gebauten Wagens, befördert zu werden.

Es waren mittlerweile fast fünft Tage und Nächte vergangen, als einer von Jarl Thorunds Männern in das Langhaus stolperte. Komplett außer Atem versuchte er, seinem Jarl eine Nachricht zu überbringen, doch da er ständig nach Luft japste, konnte weder der Jarl noch seine Gäste ein Wort verstehen.

"Nun sammel und beruhigt euch erst einmal. Man versteht keines eurer Worte." sprach der Jarl.

"Mein Jarl,.... vor dem Dorf... Reiter!" brachte der junge Mann zwischen einigen Atemzügen keuchend hervor.

"Das müssen Vater und Runa sein!" war Ivar der Erste, der die richtigen Schlussfolgerungen zog.

Doch als die Männer versammelt am Dorfesrand standen, konnten sie erkennen, dass nicht nur der König mit seiner Schwiegertochter angeritten kam. Nein, die komplette königliche Familie mit einigen der besten Kriegern und den zurückgebliebenen Männern von Jarl Thorund, ritten gemeinsam mit Allvar die Hügelwiese hinunter.

Lachend und winkend wurden sie von Bjorn, Ivar, Leif und Floki begrüßt. Bjorn war so glücklich, als er seine Frau auf dem weißen Hengst ihm entgegen reiten sah, dass er es sich nicht nehmen lies ihr ein Stück des Weges entgegen zu kommen.

Freudig ließ Runa sich vom Rücken des Pferds fallen und landete in dem starken Armen ihres Mannes. Sofort drückte er sie an sich und gab ihr einen Leidenschaftlichen Kuss.

"Du hast es geschafft! Ihr habt Farfus Männer besiegt und meine Mutter gerettet." Allein bei diesem freudigen Satz traten Runa die ersten Tränen in die Augen.

Grinsend nickte Bjorn zustimmend und trat aus ihrer Sicht, um ihr den Anblick ihrer Familie zu geben. In diesem Moment kam Allvar bereits am Dorfrand an, stieg noch im Ritt von seinem Pferd, stolperte ein paar Schritte bevor er sich wieder fing und riss schließlich die kleine, rundliche Frau neben dem Holzwagen weinend in seine Arme.

Langsam näherte sich Runa mit ihrem Mann als letzte den wartenden Wikingern. Die königliche Familie war schon begrüßt worden und machte nun Platz für ihren Sohn und ihre Schwiegertochter.

Zögernd blieb Runa einige Meter vor ihren Eltern stehen und starrte sie mit tränen verschleiertem Blick an.

Auch Jarl Thorund und Dotta starrten ihre für tot geglaubte Tochter an. Erst als bereits die ersten Tränen sich über Runas Wangen bahnten und Dotta herzzerreißend Schluchzte, überbrückte Dotta die letzten Schritte und riss ihre Tochter in eine Umarmung.

"Du lebst! Bei Odin du lebst!" erneut wurde Dotta von einem heftigen Heulkrampf geschüttelt und auch Runa begann nun bitterlich zu weinen.

"Mutter. Ich.... ich wusste nicht woher ich kam. Es tut mir so leid!" versuchte Runa sich unter Tränen zu erklären.

"Aber Liebes! Keiner hier ist dir böse. Wir sind nur froh dich endlich wieder zu haben!" Dotto drückte sie noch fester an sich.

"Weib! Nun bin aber mal ich dran!" Jarl Thorund versucht seine Stimme so streng wie möglich klingen zu lassen, doch allein die Tränen in seinen Augenwinkel straften ihn Lügen.

Nur wiederwillig ließ Dotta ihre Tochter los und Runa schmiss sich direkt in die weit ausgebreiteten Arme ihres Vaters. Immer noch bebte ihr zierlicher Körper und der Jarl strich ihr beruhigend über den Rücken.

"Ich bin so glücklich dich endlich wieder in die Arme schließen zu dürfen!" murmelte ihr Vater ihr ins Ohr und küsste sie glücklich auf die Stirn.

Es dauerte nicht lange, da wurde Runa halb aus seinen Armen gerissen und fand sich in der Mitte ihrer Brüder wieder. Keiner von ihnen wusste so recht, ob sie lachen oder weinen sollten. Es klang eher wie eine Mischung aus Beidem, als sie nacheinander und auch gleichzeitig ihre kleine Schwester herzten und küssten.

Es dauerte eine Weile, bevor sich die Familie des Jarls einigermaßen gefasst hatte und keine Tränen mehr flossen, aber schließlich schafften es alle versammelten Wikinger ins Haupthaus von Hedeby um ein großes Fest zu feiern.


Der Mond stand schon eine lange Zeit am Himmel, doch die königliche Familie und die Familie des Jarls saßen als letztes immer noch an großen Tisch. Vor sich die Reste des guten Essens und die halb vollen Becher mit Met und Wein, als Runa sich plötzlich erhob.

"Familie!" bei diesen Worten stahlen sich erneut wieder Tränen in ihre Augen. " Ich habe euch noch eine Mitteilung zu machen. Bjorn, würdest du bitte aufstehen."

Verwirrt erhob sich Bjorn und die Augen aller Anwesenden bohrten sich förmlich in Runas Gesicht.

"Endlich ist meine ganze Familie vereint und alle sind glücklich und zufrieden, doch was ihr noch nicht wisst, ist das Bjorn und ich nicht mehr lange nur zu zweit sein werden." Runa grinste ihren Mann schelmisch an.

Zuerst wurde es toten still in dem großen Raum, doch als Bjorn realisierte was seine Frau ihm damit eigentlich sagen wollte, sprang er zu ihr hinüber und riss sie in seine Arme.

Die ganze Familie begann zu Jubeln und sich zu freuen und das Erste was man aus dem Lärm wieder verstehen konnte war Bjorns freudiger Ausruf.

"Ich werde Vater!"


ENDE


Ich hoffe meine Geschichte hat euch gefallen :) Wenn ihr noch eine Geschichte von mir lesen wollt, ich arbeite Momentan an einer 4 teiligen Geschichte die ebenfalls in der Kategorie Historische Romane Platz finden wird. Dabei geht es ein wenig blutiger zu als hier. Wenn ihr interessiert seit, könnt ihr gerne auf meinem Profil vorbei schauen.

LG Alex

Im Auge des Wikingers - Bjorn EiriksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt