Wahnsinn! 20k Reads und Platz 1 in historische Romane! ich bin sprachlos. Danke danke danke!
Es war bereits später Abend und die Sonne schon vor einiger Zeit hinterm Horizont verschwunden. Der Mond strahlte sein schummriges Licht auf Havardstad und die Königsfamilie verbrachte das Abendessen mit ihren Gästen im Langhaus. Die Stimmung war ausgelassen und die Männer freuten sich schon auf den Thing am nächsten Tag.
Bei den Wikingern war der Thing nicht nur die Zeit für die Jünglinge endlich zum Mann zu werden, sondern war auch für Gerichtsverhandlungen und Verurteilungen des Königs da. Jeder Jarl durfte auf seinem Gebiet natürlich die Verbrecher selbst verurteilen. Doch manche schwerwiegende Verbrechen wie Mord oder Hochverrat wurde vom König abgehandelt. So waren dieses Jahr nicht nur die hohen Jarls mit ihren Söhnen und den Jünglingen und Männern des jeweiligen Gebietes gekommen, nein, auch die Verbrecher wurden mitgeführt. Diese saßen im Moment alle angebunden in einem der Ställe und wurden nur zwei Mal am Tag mit Essen versorgt. Die Meisten von ihnen mussten mit der Todesstrafe rechnen. Wenn sie Glück hatten würden sie nur verbannt werden oder verloren eine Hand oder ähnliches.
Runa saß neben ihrem Mann am Tisch. Beide hatten einen Becher vor sich auf dem Tisch stehen und einen Teller mit Fleisch und Brot. Bjorn unterhielt sich mit seinem Bruder Ivar und Runa lauschte der Sage, die einer der angereisten Geschichtenerzähler vortrug.
Plötzlich kam Leif durch die Türe, trat vor den König und verbeugte sich leicht.
„Mein König, Jarl Thorunds Sohn und seine Begleiter sind soeben eingetroffen." Berichtete er König Eirik.
„Wunderbar!" freute sich der König und klatschte erfreut in die Hände. „Ich habe meinen alten Freund schon sehr lange nicht mehr gesehen. Ich glaube das letzte Mal ist schon fast 30 Jahre her. Da hatte gerade sein Erstgeborener den Schoß Freyas verlassen. Versorgt die Pferde, bringt seine Begleiter in einige der Hütten unter und bringt ihn zu mir."
„Sirma, bring mehr Essen und Met für unsere neusten Gäste! Und schick jemanden um die Pferde zu füttern." Königin Asdis scheuchte ihre Sklavin direkt nach draußen.
Sirma nickte ergeben und verschwand mit einem der Sklaven hinten im Langhaus.
Runa schüttelte leicht den Kopf.
„Was ist los Runa?" fragte Bjron seine Frau besorgt und legte ihr einen Arm um die Schulter.
„Ich weißt nicht. Der Name, Jarl Thorund. Er kommt mir so bekannt vor." Murmelte Runa mehr zu sich selbst.
„Vielleicht kennt du ihn oder er dich. Das wäre ja wundervoll!" spekulierte Bjorn.
„Hm möglich. Wir werden es bestimmt gleich herausfinden." Antwortete Runa ich zuversichtlich und rang sich ein kleine Lächeln ab.
Nach kurzer Zeit kehrte Leif mit dem Besucht zurück ins Langhaus. Die Wikinger hatten sich bereits vom Tisch erhoben und standen nun abwartend in der Mitte des Langhauses.
König Erik und seine Frau hatten sich auf ihre Stühle gesetzt, um den Besuch angemessen zu Empfangen.
Zuerst betrat ein Mann mit strohblonden, gewellten Haaren den Raum. Die Seiten des Kopfes waren abrasiert und wurden von wilden, schwarzen Tattoos verziert. Die Haare am Oberkopf hatte er zu einzelnen Zöpfen nach hinten weg geflochten. Dort wurden sie am Hinterkopf von einem Band zusammengehalten. Sein Gesicht war scharfkantig geschnitten und um seinen Mund lag ein verbissener Ausdruck. Seine Augen waren fast schwarz und er wirkte auf Runa nicht sehr sympathisch. Er war groß gewachsen und muskulös, allerdings gerademal halb so breit gebaut wie Bjorn. Er hatte einen finsteren Gesichtsausdruck und eine merkwürdige Ausstrahlung.
Ihm folgte ein einzelner Mann. Und als Runa ihren Blick auf ihn fallen ließ, zog sie erschrocken die Luft ein. Es war der Mann aus ihren Träumen. Schockiert und durch weit aufgerissene Augen starrte sie ihn an. Als würde der Mann ihren Blick spüren, fanden seine Augen Runa und weiteten sich Augenblicklich. Er öffnete den Mund nur um ihn schnell wieder zu schließen.
Plötzlich durchflutete es Runa siedend heiß. Ihr wurde schummerig und sie merkte, wie ihre Knie weich wurden und sie begann zu Schwanken. Mit ihrer Hand krallte sie sich in Bjorns Hemd. Dieser riss seine Aufmerksamkeit sofort von den kommenden Gästen und wandte sich seiner Frau zu. Schnell begriff er, dass etwas nicht stimmte. Er legte beide Arme um Runa um ihr hat zu geben.
„Runa!" war sein flüsternder Ausruf in ihr Ohr. „Was ist mit dir?"
Doch Runa hörte ihn kaum. Ihr Blick war immer noch auf den Wikinger aus ihren Träumen gerichtet. Und ihr fiel es wie Schuppen von den Augen. Sie kannte diesen Mann! Es war nicht irgendein Mann. Vor ihrem inneren Auge schossen unzählige Bilder vorbei.
Sie selbst als kleines Mädchen auf einer Wiese unter einem großen Baum. Zusammen mit einem Jungen. Beide am Spielen und lachen. Dann wechselte dieses Bild und sie fand sich mit demselben Jungen in einem Haus wieder. Am Tisch sitzend, mit einem älteren Mann und einer Frau. Das waren ihre Eltern! Sie konnte es genau sehen. Doch es war nicht allein dieser Junge. Da waren noch einige mehr. Schnell änderte sich auch dieses Bild und sie konnte sich selbst im Bett sehen, vor ihr der Mann der soeben das Langhaus betreten hatte. Er strich ihr über den Kopf und flüsterte ihr etwas zu. „Ich werde immer auf dich aufpassen Schwesterchen, schlaf gut."
Das war ihr Bruder! Sie erinnerte sich an ihn. Sofort schossen ihr Tränen in die Augen und sie wollte auf den Mann zugehen. Doch dieser sah sie an und schüttelte unmerklich den Kopf und wies dann mit dem Kopf auf den Mann vor sich.
Irgendetwas stimmte nicht. Sie konnte die Freude und Liebe ihres Bruders zu ihr in seinen Augen sehen. Doch sein warnender Gesichtsausdruck ließ sie schweigend am Platz verharren.
„Runa?" Bjorn versuchte erneut ihre Aufmerksamkeit zu bekommen.
Seine Arme waren immer noch fest um den Körper seiner Frau geschlungen.
„Ich glaube wir müssen reden." Flüsterte Runa ihm ins Ohr und gemeinsam verließen sie den Raum und gingen in ihr Lager.
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Im Auge des Wikingers - Bjorn Eirikson
Historical FictionKalte Winde gepaart mit steiniger und bracher Landschaft konnte man im alten Dänemark antreffen. Bjorn Eirikson war dort als erstgeborener Sohn König Eiriks auf die Welt gekommen. Gemeinsam mit seinem Vater zog er auf gefährliche Raubzüge übers Meer...