Flucht

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Ruckartig stand Jonathan auf. Er wirkte siegessicher in Ronja's Augen und dieser Blick schenkte ihr Hoffnung.

„komm rein du Ehrenloser Dämon! Trau dich!", raunte Jonathan mit seiner tiefen Stimme.

Ein schrilles lachen ließ Ronja zusammen zucken. Es piepste in den Ohren, irgendetwas stimmte nicht!

„aber immer doch!" Benedict hatte mit schnaufen aufgehört und trat nun ins licht.

Augenblicklich stand Ronja auf und machte automatisch ein Schritt zurück.

Benedict sah verändert aus. Seine Augen funkelten, eines gewohnt Blau, doch das andere glühte in einem dunklen rot. Seine aschblonden Haare hingen zottelig von Kopf. Er sah schon merkwürdig aus. Doch sein grinsen. Es war vollkommen verzerrt und falsch. Das war nicht Benedict! nie im Leben!

„J-Jonathan? D-da stimmt was nicht!"

Doch der junge hob lediglich seinen Arm vor Ronja.

„rühr sie nicht mehr an! Hast du mich verstanden!?"

„Jonathan!", zischte Ronja leise, doch sie wurde wieder ignoriert.

„ach du süßer armer Untoter Engel! Bist du es denn nicht satt vom Herrn so behandelt zu werden? Er bringt dich ständig um! Und trotzdem Dienst du ihm... Soll ich dich auch so behandeln? Bist du dann auch mein Fußabtreter?", er lachte laut und hämisch. In seinem Gesicht war Spott zu erkennen.

Ronja fixierte Benedict fest mit den Augen. Wenn sie mit Blicken töten könnte, läge dieser bereits Schlaff am Boden. Plötzlich war er weg...

Ronja schreckte hoch, als sie ein würge Geräusch neben sich hörte. Wie war Benedict so schnell an Jonathan heran gekommen!? Eben stand er noch auf der anderen Seite des Raumes!

Augenblicklich, ohne nachzudenken schluck Ronja auf den muskulösen Körper ein. Erst schien es ihn nicht zu jucken, doch dann drehte er sich um, packte sie nun am Hals und zog sie zu sich hoch.

Ronja's Füße verließen den Boden und der Druck auf ihren Hals verschlimmerte sich.

„halt dich da raus Puppe! Du hast deinen Zweck bereits erfüllt!", raunte Benedict, seine Stimme hörte sich verzerrt an, wie in einem Stadion mit zwei Lautsprechern.

Nun hob er sie noch ein Stück höher und warf sie mit voller Wucht zur Seite.

„nerv nicht!", schrie er, bevor Ronja krachend an die Wand flog.

Sie krümmte sich vor Schmerzen. Sie war direkt auf ihrer Schulter gelandet, welche daraufhin unter ihrem Gewicht bedächtig zu knacken begann.

Sie unterband gerade so noch einen herzzerreißenden Schrei. Sie wollte Jonathan nicht ablenken. Er solle sich keine Sorgen um sie machen..

„jetzt! Rennnn!!!!!", brüllte Jonathan sorgenvoll, verstummte dann und das Röcheln setzte wieder ein.

„ja Ronja, verschwinde endlich! Du hast mir als Lockvogel ausgedient.. Jetzt brauch ich dich nicht mehr, habe ja jetzt was ich wollte!", spöttete Benedict.

Seine Worte trafen direkt ihr Herz. Augenblicklich wurde sie hell wach, zog sich zittrig auf die Beine und fixierte Jonathan verzweifelt. Sie hatte ihn also verraten, hintergangen...

Seine Stimme summte in ihrem Kopf auf und ab. Sie erfüllte ihren Körper, trotz dem leidigen Unterton mit Mut und Kraft.

„nein..", hauchte sie leise. Vorsichtig setzte sie einen Schritt nach vorn, dann noch einen und noch einen, während die ihren vor Schmerzen zuckenden Arm an der Schulter fixierte.

Ronja wollte nun nicht gehen, weshalb sie zielstrebig auf Benedict los lief.

In ihr brodelte es vor Wut, sodass sie ihre Hände zu Fäusten ballen musste.

„nein!", brummte sie nun etwas lauter und richtete ihren Oberkörper auf.

Das verunsicherte Zittern schwand, die Kraft wuchs. Augenblicklich krallte sie sich mit ihren dürren Fingern in Benedicts Haaren fest.

Ihr Kopf kochte vor Wut, sie biss sich auf die Lippe, um nicht zu kreischen.

Ihr Hilfesuchender Blick lag in Jonathans leeren Augen. Wie wenn er meinte, dass sie es lassen solle, dass sie gehen sollte.

Die einzelne Sekunde verging wie eine Minute, wie sie da stand, einem vor Wut rot gefärbten Kopf und dem Röcheln lauschend. Langsam schloss sie die Augen.

Atmete ein letztes mal tief ein und ließ sich mit aller Wucht auf ihren Hintern fallen, in Ihren Händen den wuscheligen Kopf.

Für einige Sekunden hörte der Schmerz ganz auf, das röcheln verschwand und die Welt lag im stillen. Man hätte in diesem Moment eine Stecknadel fallen hören können.

Doch dann setzte der Schmerz erneut ein. Ihre Schulter fühlte sich an, als wenn sie gebrochen sei, gleichzeitig pochte ihr Kopf und Ronja vernahm ein leises und dennoch intensives piepen.

Sie spürte, wie dicke Tränen bereits in ihrem Halse kratzten. Sie fragte sich gleichzeitig, was sie nun angestellt hatte. Weshalb Benedict aufgehört hatte.

Die Neugierde überkam sie und sie riss die Augen auf. Sie brannten und waren trockener denn je.

Ihr Blick fiel sofort auf den schlaffen Körper neben ihr. Das Genick eindeutig gebrochen. Denn der Kopf hing auf eine merkwürdige Art und weise am Körper.

Sofort schreckte Ronja hoch, sprang auf und stürzte sich zu Jonathan, den stechenden Schmerz außer acht lassend.

Nun rannen die Tränen über ihre Backen und sie konnte sich nicht mehr zurück halten. Das schreckliche Bild wollte ihr nicht mehr raus dem Kopf, es hatte sich hinter ihre Lider gebrannt. Abermals durchliefen ihren Körper Gänsehaut bereitende Schauer. Ronja krallte sich an Jonathans zerfetztem Hemd fest und drückte ihre triefende Nase weiter in seine Schulter.

„Ronja...", zitterte seine Stimme sanft.

„es ist alles gut! Es ist vorbei!"

Doch so gern Ronja seinen Worten glauben schenken wollte, bereitete ihr jede weitere Sekunde das mulmige gefühl im Bauch Übelkeit. Alles war merkwürdig. Zu leicht war es gewesen Benedict von Jonathan zu reißen und ihn gar zu ermorden. Das kannte Ronja aus Büchern und Filmen. Das war die Ruhezeit vor dem Sturm.

„lass uns gehen!", schniefte sie. Sie konnte das Gefühl, welches sie von Beginn an begleitete, nicht ertragen, dass irgendetwas nicht stimmte.

„weg von hier!", zitterte ihre Stimme. Und noch im gleichen Moment nahm sie ein leises in intensives keuchen von unten war.

„fuck...", hörte sie nun Jonathan hauchen. Ud schon ging alles ganz schnell. Augenblicklich wurde sie von Jonathan auf die arme gehievt, er setzte sich in Bewegung, den Kellerweg hinauf und anschließend in den warmen Gang des Hauses.

Ronja hatte die Augen vor Schmerz und Anstrengung geschlossen. So nahm sie nur den Geruch und die Wärme von Benedict's Haus wahr. Es folgte ein scheppern, wie wenn Glass zerbrochen wurde und augenblicklich umhüllte sie wieder eine Eises Kälte.

Das letzte, was sie noch bewusst wahr nahm, war das leise bekannte klingeln, welches sie tief in ihren Dunklen und chaotischen Traum sinken ließ.

Gefallener EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt