7 - Please, wait!

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Es sind wieder 45 Minuten um, in denen ich gedankenverloren an die Tafel gestarrt habe. Und das obwohl Frau Hartmann nicht ein einziges Wort an die Tafel geschrieben hat.
Ich kämpfe gerade innerlich mit mir selbst, denn ich möchte heute nicht wieder nach Hause gehen und quälende Gedanken haben. Ich muss mit Frau Hartmann sprechen.. Eben packt sie ihre Sachen in ihre Tasche und beantwortet ein paar Fragen meiner Klassenkameraden.
Währenddessen zappele ich nervös auf meinem Stuhl herum und bilde in meinem Kopf hunderte Sätze als Vorlage, damit ich gleich nicht zu sehr stottere. Dann geht Frau Hartmann in die Richtung zum Flur und verabschiedet sich von meiner Klasse. Mein Herzschlag wird immer schneller und meine Hände immer feuchter. Doch ich nehme meinen ganzen  Mut zusammen und gehe meiner Lehrerin schnell hinterher. Ich halte sie vorsichtig an ihrem Arm fest und rufe sie: "Frau Hartmann, bitte warten Sie!" Sie zögert keine Sekunde und dreht sich neugierig zu mir um. Plötzlich fehlt mir der Satz, den ich zuvor Wort für Wort einstudiert habe. Und jetzt passiert genau das, was ich vermeiden wollte: Ich stottere. „Frau Hartmann, ich ähh, ich-ich wollte eigentlich.. nur fragen, ob Sie immer noch bereit dazu sind, mit mir zu sprechen.. über.. Sie wissen schon.. meine Gefühlslage?" Ich würde mir dafür am liebsten selbst mit meiner Hand gegen meine Stirn hauen. Womöglich bin ich jetzt so rot wie eine Tomate. Doch Frau Hartmann scheint das gar nicht zu bemerken, denn sie lächelt nur und nickt mir zu. Ein leises Seufzen entgeht mir und ich vergesse total, dass ich jetzt erneut an der Reihe bin, etwas zu sagen. Aus purer Überforderung heraus fasse ich mir an die Stirn und schüttle langsam meinen Kopf. Als ich wieder zu Frau Hartmann schaue, blicke ich in ihre nahezu schwarzen, glänzenden Augen, die gerade sehr amüsiert in meine Augen schauen. Doch sie macht sich nicht über mich lustig, ihr Gesichtsausdruck ist eher geduldig und verständnisvoll. „Wollen wir uns vielleicht nachher im Besprechungsraum treffen?", unterbricht sie die (für mich) unangenehme Stille. Ich nicke ihr stumm lächelnd zu. „Wann hast du denn heute Schluss?" Ich überlege kurz und sage ihr dann, dass ich um 15 Uhr Schulschluss habe. „Gut, das passt. Dann sehen wir uns nachher.", lächelt sie und geht wieder den Flur entlang. Erneut verlässt meine Lippen ein Seufzen. Ich bin erleichtert, dass ich den ersten Schritt gemacht habe und ich vielleicht ein bisschen los werden kann. Doch wenn ich länger drüber nachdenke, weiß ich gar nicht, was genau mein Ziel des bevorstehenden Gesprächs ist. Ich kann ihr schließlich nicht sagen, dass ich mich in sie verliebt habe. Also was erwarte ich eigentlich? Ich weiss es nicht..

Die nächsten Stunden vergingen wie im Flug und ehe ich mich versehe warte ich schon vor dem Besprechungsraum auf Frau Hartmann. Ich wippe ungeduldig von einem Bein auf's andere und versuche, zwischendrin meine schnelle Atmung in den Griff zu bekommen. Von weitem kann ich Frau Hartmann kommen sehen. Sie sucht schon den Schlüssel in ihrer Tasche und begrüßt mich dann mit einem verspielten „Hallo, lange nicht gesehen." Ich schmunzle kurz vor mich hin und betrete dann nach meiner Lehrerin den Raum. Diese sitzt bereits auf einem der sechs Stühle am Tisch und stellt ihre Tasche ab. Nach kurzer Überlegung beschließe ich, mich ihr gegenüber zu setzen. Und dann blicke ich in Frau Hartmanns lächelndes Gesicht: „Soo.. Du hast dich also  nun dazu entschieden, darüber zu sprechen?" Ich nicke nur und spüre meinen Puls in meinem ganzen Körper. Besonders jetzt steigt mir ihr angenehme Duft in die Nase und dies sorgt dafür, dass ich endgültig vergesse, was ich hier will und wo ich überhaupt bin. „Du kannst mir ruhig alles erzählen. Ich werde nicht urteilen und deine Noten werden auch nicht drunter leiden.", versichert sie mir. Ich atme einmal tief ein und lasse die Luft anschließend ganz langsam wieder heraus: „Ich weiss nicht so richtig, wie ich anfangen soll.. In den letzten Monaten ist so viel passiert und irgendwie ist auch die Zeit nicht rum gegangen.. Alles fühlt sich anders an, alles hat sich über Nacht verändert. Und das liegt nur an einer einzigen Begegnung mit einer Person." Es sprudelt mir einfach so heraus und ich spüre schon jetzt pure Erleichterung in mir. „Mhm, ja, eine einzige Person kann alles verändern, umdrehen oder auch durcheinander bringen. Ist es in deinem Fall denn eine Person, die dich positiv beeinflusst oder eher negativ?" „Es.. ist irgendwie beides. Aber sie tut nichts absichtliches, um mir zu schaden. Es ist etwas schwierig zu erklären, weil ich nicht zu viel sagen will.." Sie nickt mir verständnisvoll zu und sagt mir mit einer solchen leisen, beruhigenden Stimme, dass ich keinerlei Angst haben brauche, mich ihr vollkommen anvertrauen: „Was es auch ist, du brauchst dich für nichts schämen." Durch diese Worte verliebe ich mich noch mehr in sie, denn wie es scheint, ist ihre Persönlichkeit genauso schön wie ihr Äußeres. Ein kleiner Film der letzten Wochen läuft in meinem Kopf ab und ich sehe nochmal alles direkt vor mir .....

Es war ein schöner Sommerabend, an dem ich auf dem Sportplatz war. Ich benötigte Ablenkung, denn zu diesem Zeitpunkt lag die Trennung zu meiner Exfreundin genau ein Jahr zurück. Immer noch fühlte ich mich durch ihr damaliges Verhalten wertlos und unwichtig. Während die Musik aus der Box dröhnte, schoss ich einige Tore mit meinem Ball, bis es mir einmal misslingt und dieser einige Meter weit wegspringt. Es war bereits dunkel und daher schwierig für mich, nachzuverfolgen, wo genau er lag. Doch ich konnte einen Schatten sehen, der immer näher kam: Es war eine Frau in Sportklamotten. Sie hatte ihre braunen, lockigen Haare zu einem Zopf gebunden und wunderschöne Augen, in die man sich blitzschnell verlor. Als sie nur noch ein paar Meter von mir entfernt war, warf sie mir den Ball mit festem Druck zu und zog eine ihrer Augenbrauen in die Höhe: "Wer spielt denn um diese Uhrzeit noch Fußball?" "Wer geht denn um diese Uhrzeit noch joggen?", fragte ich die schöne Frau neckisch. Ihr verwirrender, fragender Blick verwandelt sich in ein sanftes, spielerisches Lächeln. Sie brachte mir also den Ball und mich schließlich um den Verstand. Nach einer Woche bekam ich einen plötzlichen Lehrerwechsel in meiner Schule. Niemand wusste, wieso Frau Piersch nicht mehr unterrichtet, doch das wurde mir auch schnell egal, da ich merkte, wer ihren Unterricht ab jetzt vertritt: Es ist sie. Ihr Name ist Frau Hartmann... Seitdem ist alles verwirrend, komisch und total neu für mich. Ich sah sie und spürte sofort wieder dieses Kribbeln in meinem Bauch, diesen schnellen Herzschlag. Alles um mich herum passierte einfach so, ich konzentrierte mich nur noch auf diese Frau, die mich bis heute in ihren Bann zieht..

„Ich fühle mich seit Wochen so ausgebrannt, so hoffnungslos und ich bin verwirrt. Ich kann mit niemandem drüber reden und eigentlich weiss auch ich nicht mal mehr, wer ich eigentlich bin und was ich will.. aber..Ich habe Angst, zu viel zu sagen.. Weil ich denke, es wäre falsch."
„Man kann nichts richtiges oder falsches sagen.", sagt sie verständnisvoll. Doch mehr kann ich nicht sagen. „Aber ich möchte dich natürlich auch nicht dazu drängen, es mir zu erzählen..", lächelt sie.
Nach weiteren, wenigen Worten meinerseits verabschieden wir uns wieder voneinander, denn ich kann gerade nicht klar denken. Sie zeigt absolutes Verständnis und sagt mir nochmal, dass ich jederzeit kommen kann, wenn ich die richtigen Worte gefunden habe...

That's not the love I had in mind. (TxS) (GxG)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt