Karma

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3. Klasse Kitagawa Daiichi Junior High

Du hattest wirklich angenommen, dass Oikawa viel zu beschäftigt wäre, um Kontakt mit dir aufzunehmen. Dies bewahrheitete sich auch, allerdings war dieser Grund für dich äußerst absurd und verletzend. Er zog tatsächlich andere Mädchen dir vor, die ihn nicht einmal kannten! Du warst so enttäuscht, weshalb du deine Tränen nicht mehr zurückhalten konntest. Doch endlich war Iwaizumi wieder an deiner Seite, was dir die Kraft gab, weiterzumachen.



Allmählich gegangen deine Tränen zu versiegen. Das Schluchzen nahm ab. Lediglich die Wärme, die von Iwaizumis Körper ausging, konntest du spüren. Es war so, als würdest du dich nur noch darauf konzentrieren können. Sie gab dir ein Gefühl der Geborgenheit, das du so sehr vermissest. Dennoch beschlossest du, dich von ihm zu lösen und ihn in seine grünen Augen zu schauen.

In ihnen erkanntest du, wie langsam Wut aufloderte. „Ich bring diesen Kerl um!", sprach er voller Zorn und wollte sich gerade zu ihm begeben, jedoch hieltest du ihn an seinem Arm fest.

„Schon gut, Hajime. Er scheint wohl gerade besseres zu tun zu haben", erklärtest du ihm traurig, worauf er dich mit einem verständnislosen Blick ansah.

„Er bekommt früh genug seine gerechte Strafe", meintest du und zogst ihn an seiner Hand nach draußen.


Es war bereits dunkel geworden und ein kühler Wind fegte über den Platz vor der Turnhalle. Du erkanntest, dass Iwaizumi noch der Schweiß an der Stirn klebte.

„Wir bleiben nicht lange draußen. Du sollst dich ja nicht erkälten", sagtest du zu dem Älteren und lächeltest ihn dabei sanft an. Eine Röte legte sich auf seine Wangen, die du aber in der Dunkelheit kaum ausmachen konntest.

„Ach was. Ich bin hart im Nehmen", teilte dir der Volleyballer mit und verschränkte dabei seine Arme vor der Brust. Dass sich gerade in diesem Moment, eine Gänsehaut auf seinen Unterarmen bildete, brachte dich zum Lachen.

„Von wegen hart im Nehmen", kichertest du, weshalb dich der Größere böse anstarrte und ein leises „Idiot" knurrte.


Allerdings konntest du in dieser Situation nur noch lächeln. Es freute dich ungemein, wieder mit Iwaizumi zusammen sein zu können. Er brachte dich auf andere Gedanken. Dennoch waren in deinem Hinterkopf deine Gedanken weiter bei Oikawa. Du hättest dich so glücklich geschätzt, würde er sich genauso benehmen, wie noch zum Ende des letzten Schuljahres. Dort war er noch der alte.

„Von wegen er lässt mich niemals allein", erinnertest du dich an Torus Versprechen. Schmerzvoll verzogst du das Gesicht, als dir wieder seine Worte von damals in den Sinn kamen.

„Seitdem wir auf der Seijo sind, ist er zu einem richtigen Arschloch geworden. Vorher war er zwar auch schon eins, aber jetzt toppt er wirklich alles", berichtete dir Iwaizumi.

Du wusstest, dass er es nicht so meinte. Die Wut sprach lediglich aus seinem Mund. Doch du gabst ihm in dem Sinne recht, dass er sich verändert hatte, seit er auf die Aobajohsai High ging. Ob er tatsächlich nicht mehr der Gleiche war?


„Wie wäre es, wenn wir wieder zusammen Volleyball spielen?", fragtest du deinen Kindheitsfreund, welcher von dem plötzlichen Themenwechsel überrumpelt wirkte.

„Äh, ja, wieso nicht. Wenn du magst, können wir es gleich machen. Ich spreche es dann nur mit unserem Trainer ab", erwiderte Iwaizumi, woraufhin du dir begeistert in die Hände klatschtest.

„Super, dann gehe ich mich schnell umziehen. In meiner Uniform kann ich schlecht spielen", lachtest du und zeigtest an dir herunter. Auch sein Blick ging über deine Kleidung, worauf er rot anlief.

„Gut, ich zeig dir schnell unseren Clubraum. Deine Sachen kannst du in meinen Spind stecken", gab der Ältere mit einer sanften Röte auf seinen Wangen von sich und führte dich zu den Räumlichkeiten des Volleyballclubs.







Es dauerte nicht lange, bis du dich umgezogen hattest. In der Zeit kam Iwaizumi von seinem Trainer zurück und holte dich vom Clubraum ab. Er berichtete dir, dass es in Ordnung ging, wenn sie ein kleines Trainingsspiel abhielten, wobei du in einem Team mit Oikawa und Iwaizumi warst. Es überraschte die restlichen Jungen des Teams und die Mädchen auf der Tribüne, als du plötzlich, mit einem Leibchen bewaffnet, auf dem Spielfeld standst. Du bemerktest die prüfenden Augen aller und vor allem der beiden Trainer. Doch das verunsicherte dich in keiner Weise. Es kribbelte regelrecht in deinen Finger, endlich wieder mit deinen Kindheitsfreunden spielen zu können, wobei einer von ihnen eine Abreibung verdient hätte.



Du warst als Erstes an der Reihe, einen Aufschlag zu machen. Dabei schlich sich ein schelmisches Grinsen auf deine Lippen, als du einen schokoladenbraunen Hinterkopf vor dir ausmachtest. Ohne große Mühe warfst du den Ball hoch, bliebst aber mit beiden Beinen auf dem Boden stehen. Als der Volleyball auf der gewünschten Höhe war, schlugst du zu.

„Aua!", schrie Oikawa und rieb sich den Hinterkopf. Beleidigt drehte es sich zu dir und schaute dich böse an. Jedoch konntest du nicht anders, weshalb du laut zu lachen begannst. Auch Iwaizumi stimmte ein, genauso wie ein paar der Mitglieder des Clubs. Lediglich die Mädchen schrien empört, was das sollte.

„Ups, das muss wohl Karma gewesen sein", meintest du scheinheilig und zucktest dabei grinsend mit den Schultern.

„Das hast du doch mit Absicht gemacht!", klagte der Brünette und rieb sich weiterhin seinen Kopf.
„Wenn es Absicht gewesen wäre, hätte ich noch doller zugeschlagen", teiltest du ihm mit einem Augenzwinkern mit.

„Du bist so gemein, [Name]-chan!", beschwerte sich dein Kindheitsfreund abermals.

„Wenn sie es nicht gemacht hätte, dann hätte ich dir als erstes den Ball über den Schädel gezogen", trug Iwaizumi zu tage, worauf ein klägliches Jammern Oikawas Kehle verließ.

„Ihr seid doch alle so gemein zu mir!"







Nach einer Weile, die Oikawa mit Jammern verbrachte, kehrte wieder Ruhe ein. Du batst die Trainer, nochmal einen Aufschlag machen zu dürfen, wobei sie nach einigem Zögern zustimmten.



Wie gewohnt, stelltest du dich weiter von der weißen Spielfeldbegrenzung weg. Ruhig rotiertest du den Ball in deiner Hand und atmetest dabei tief durch. Doch deine Konzentration wurde kurz unterbrochen, als du das Gekicher und Gerede der Mädchen mitbekamst: „Als ob sie was draufhat! Sie kann lediglich unseren Oikawa verletzen!"

Ein spöttisches Lächeln trat auf deine Lippen, nachdem du die Worte Torus wahrnahmst: „Deren Lachen wird gleich vergehen! Unsere [Name]-chan hat mächtig was drauf."

Zielstrebig blicktest du nach vorne, schlossest aber im nächsten Moment die Augen. Elegant warfst du den Ball nach oben, liefst ein paar Schritte nach vorne und sprangst kräftig ab. Währenddessen öffnetest du die Augen und schwangst deine Arme von hinten nach vorne. Den linken Arm richtetest du nach vorne, indessen holtest du mit dem rechten aus und schlugst mit deiner flachen Hand auf die Mitte des Volleyballs. Gemächlich landetest du auf deinen Beinen im Spielfeld, beobachtetest dabei, wie der Ball über das Netz mit einer unglaublichen Geschwindigkeit flog und auf den Boden des gegnerischen Felds prallte. Grinsend stelltest du fest, dass sich keiner der Spieler gerührt hatte.

Ein erstauntes Raunen ging durch die Menge. Lachend kamen Oikawa und Iwaizumi auf dich zu und schlugen in deine Hände ein.

„Denen hast du es gezeigt", meinte Iwaizumi und lächelte dich stolz an.

„Ja, unsere [Name]-chan hat es wirklich drauf", wiederholte der Brünette seine Worte und wuschelte dir breit grinsend durch dein Haar.


Am Rande merktest du, wie auch sich die Spieler um dich versammelten.

„Du bist also die Königin von Kitagawa!", vernahmst du die Stimme eines der Spieler.

„Unglaublich! Der Sprungaufschlag glich eins zu eins dem von Oikawa", sagte ein anderer.

„Und süß ist sie auch noch", sprach ein weiterer.

Eine leichte Röte schlich sich auf deine Wangen, während du dir verlegen über den Nacken strichst. Plötzlich spürtest du, wie sich ein Arm über deine Schulter legte und du näher an jemanden gezogen wurdest.

„Finger weg! Das ist unserer [Name]-chan!"

Überrascht blicktest du in die braunen Augen deines Kindheitsfreundes. Dein Herz schlug in deiner Brust höher, während sich ein glückliches Lächeln auf deine Lippen legte. Nun glitt dein Augenmerk zu Iwaizumi, der dich auch fröhlich anlächelte. Du warst so unsagbar froh, deine besten Freunde wieder bei dir zu haben.

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