15. Kapitel

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Ich stehe vor dem Spiegel und versuche meine Hände dazu zu bringen, nicht mehr zu zittern. Ich bin so verdammt aufgeregt, dabei ist Jason noch nicht einmal von der Arbeit zurück und es sind noch über drei Stunden, bis wir aufbrechen.

Die Kinder sind aus dem Haus und ich drehe am Rand, ganz toll.

Ich gehe nach unten, putze die Küche, mache die Wäsche und will grade nach draußen, um den Rasen zu mähen, obwohl das am Wochenende schon jemand gemacht hat, als Jason zur Haustür hereinkommt.

>Entschuldige, ich bin etwas spät.< Sofort sehe ich auf die Uhr und atme erleichtert durch. Er ist nur knapp fünf Minuten später gekommen und ich habe schon Angst gehabt, ich hätte die Zeit vergessen.

>Willkommen daheim, hast du Hunger?<

>Ist alles in Ordnung?<, will er wissen und versucht sich ganz offensichtlich ein Lächeln zu verkneifen.

>Lass mich, ich bin nur ein bisschen aufgeregt. Du weißt, wie lange ich nicht mehr aus war und ich werde mich benehmen müssen, wenn wir deinen Freunden und Kollegen begegnen.< Er nimmt eine meiner Hände und sein Lächeln wird breiter, aber auch sanfter.

>Beruhige dich. Atme tief durch und dann entspannst du dich. Wir haben Zeit, ich habe Geduld und meine Freunde erwarten keine perfekte Frau, die sie gleich alle mit Namen ansprechen kann an meiner Seite sondern meine nette Begleitung, die allen andern die Show stiehlt, ohne irgendetwas dafür tun zu müssen. Geh nach oben, nimm dir so viel Zeit wie du brauchst und dann kommst du wieder nach unten und wir fahren los. Keine Eile, wir können auch später erst fahren, wenn es dir dann besser geht.< Mir steht der Mund einen Spalt breit offen und ich weiß nicht, was ich sagen soll.

>Danke.< Er lächelt, gibt meine Hand frei und ich laufe nach oben, ins Bad und lasse mir Wasser in die Wanne ein.

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Ich hatte völlig vergessen, dass ich so viel aus mir rausholen kann. Ich habe nur meinen Körper ein bisschen poliert und Überraschung, ich sehe aus wie früher. In meinem alten Job war aussehen und Körperpflege das A und O, was ich als Nanny nicht so gesehen habe, darum habe ich alles nur so weit gemacht wie nötig, wobei ich wohl vergessen habe, wie ich sein kann. Nach dem Aufpolieren habe ich mich leicht geschminkt, nur etwas Wimperntusche, ein schmaler Liedstrich und ein wenig Liedschatten, das ist schon alles, bis auf die sanften Locken, die ich mir gedreht habe.

Bevor ich mich ewig im Spiegel anstarre gehe ich in mein Zimmer und krame meine Unterwäsche aus einer Schublade, einen Tanga und einen BH. Himmel, ich hasse diese winzigen Stoffteile, aber ich ziehe ihn an, weil man so ziemlich alles andere unter dem Kleid sehen würde. Keine Sekunde später ist er wieder aus und wird gegen eine Panty ersetzt. Egal wie das aussieht, in dem Ding da laufe ich nicht freiwillig rum und ich trage sonst immer eine Panty, damit fühle ich mich einfach am wohlsten.

Dazu siehe ich meinen trägerlosen BH an, der leider etwas klein geworden zu sein scheint. Ich war offensichtlich so intelligent und habe bis heute gewartet um zu prüfen, ob er noch passt. Allerdings ist er nicht zu klein, nur eben nicht so bequem wie er sein könnte, darum lasse ich ihn an und schlüpfe in Feinstrumpfhosen. Ich mag es, wie sie an liegt, ziehe sie etwas zu Recht und starre dann den Riss an.

Habe ich den grade rein gemacht?

Egal, ich habe keine Andere, darum ziehe ich sie aus, werfe ich sie zusammen geknüllt in den Eimer und belasse es dabei.

Schuhe. Habe ich überhaupt noch High Heels oder Pumps, die mir passen?

Mein Schrank ist nur so gütig, mir ein paar High Heels zu liefern. Ich werde sehen, ob ich darin noch laufen kann, wenn nicht, sitze ich eben den ganzen Abend an der Bar. Vorsichtig nehme ich mein dunkelblaues Kleid vom Bett und ziehe es an, dann schließe ich den Reisverschluss und ziehe es zu Recht. Oben ist es wie mein BH geschnitten und unten reicht es mir etwa eine Hand breit über den Po, wobei es wirklich gut sitzt. Tief atme ich durch und betrachte mich wieder in meinem Spiegel, der mich zeigt, wie ich vor drei Jahren immer ausgesehen habe, aber das ist für mich schon eine Ewigkeit her und gehörte bis eben noch zu meinem alten Leben.

Es ist gar nicht so schlimm wie ich dachte, mit den High Heels zu laufen und mit meiner feinen, schwarzen Sweatjacke über den Schultern wird es auch nicht so frisch. Langsam gehe ich zur Treppe und dann nach unten, wo Jason auf mich wartet, mir den Rücken zugekehrt, die Aufmerksamkeit auf seine Uhr gerichtet.

>Siehst du, wir haben noch vor sechs. Du hättest dir alle Zeit der Welt lassen können und wir-<, er unterbricht sich und seine Augen weiten sich, als er mich sieht. Stumm steht er einfach da, sieht zu mir auf und ich wage es nicht, die letzten Stufen hinter mich zu bringen.

Bin ich so anders, wenn ich nicht die eintönige Nanny bin, dass selbst ihm die Worte fehlen?

Sarah ist bildschön und in seinem Beruf hat er viel mit allen Arten von reichen und schönen Frauen zu tun, trotzdem scheint er begeistert von meinem Anblick zu sein. >Du sieht wundervoll aus<, sagt er schließlich und reicht mir die Hand, welche ich für die letzten Stufen gerne nehme.

>Danke, du aber auch.< Er sieht an sich herab und wir betrachten seinen schlichten, aber perfekten Anzug und seine blaue Krawatte. Er sieht so verdammt gut aus, dass man ihn dafür festnehmen sollte, aber dann würde ich den heutigen Abend nie erleben, also lassen wir das besser.

>Danke. Komm<, bittet er mich und wir verlassen das Haus, wobei er meine Hand wieder frei gibt, dann steigt er in sein Auto und ich setzte mich neben ihn. >Ich fahre heute Nacht, du kannst also gerne etwas trinken, wenn du willst.<

>Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das möchte, aber danke.< Er lächelt und noch einmal gleitet sein Blick über mich. Mein Bauch flattert und ich fühle mich wie ein Teenager, der zu einer verbotenen Party fährt mit dem Schwarm der Schule im Gepäck.

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Wir steigen aus und ich kann schon vom Parkplatz aus die laute Musik hören, die zum Glück genau mein Stil ist. Jason tritt neben mich, dann gehen wir gemeinsam zum VIP Eingang, an einer sehr langen Schlange vorbei und er gibt dem Türsteher seine Einladung, dann gehen wir nach drinnen.

Der Club ist gut gefüllt, auf der Tanzfläche tummeln sich die Leute, aber es ist überschaubar und das finde ich sehr gut. Ich mag es nicht, wenn man in einen Club geht und sich drinnen alle auf die Füße treten. Jason legt eine Hand um meine Hüfte, damit wir uns nicht verlieren, führt mich zu einer Treppe und dann nach oben, in die VIP Longe. Hier oben ist es ruhiger und man kann sich in einer angenehmen Lautstärke unterhalten, was die Menschen hier alle tun.

>Jason, mein alter Freund<, kommt der Erste auf uns zu und reicht ihm die Hand. >Schön, dass du kommen konntest.<

>Aber selbstverständlich<, erwidert Jason und lächelt freundlich.

>Eine wunderschöne Begleitung hast du da bei dir. Willst du uns nicht vorstellen?<

>Das ist Natascha, eine gute Freundin<, erklärt er und der Mann nimmt meine Hand, küsst sie.

>Mein Name ist Henry, es ist mir eine Ehre<, sagt er und ich ziehe meine Hand wieder zurück.

>Danke. Es freut mich, Sie kennen zu lernen.< Er macht eine einladende Geste und lächelt breit.

>Kommt meine Freunde, genießt den Abend und ich wünsche Euch die beste Unterhaltung.< Jason und ich bedanken uns mit einem Nicken, dann kommt schon der Nächste auf uns zu und das Spiel beginnt von vorn.

Eine Nanny zum verliebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt