Was zur Hölle?

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Was zur Hölle?

Es war fast ein Jahr seit dem Krankenhausbesuch vergangen. Elise lief hinter dem Täter her, ihre Pistole in ihrer Hand, ihre schusssichere Weste um ihre Brust befestigt. Sie und ihre Kollegen hatten sich aufgeteilt, sie war direkt hinter dem Verbrecher her. Er hatte eine Bank ausgeraubt und Geld von Millionenwert in seinem Besitz, aber sie hatten ihn erwischt. Mittlerweile ging die Verfolgungsjagd so lange, bis sie am Hafen von Nantes waren. Sie war in einem der Bootsgebäude angelangt und hatte ihren Dieb verloren, aber sie spürte, dass er hier noch irgendwo sein musste. Das war ihr Polizisteninstinkt.
Sie schlich leise einige Boote entlang. Sie bückte sich, um vielleicht Fußansätze zu sehen. Sie sah welche und schoss in die Höhe, um den Mann aufzuscheuchen und in den offenen Gang zu treiben. Es klappte, sodass sie dem Verbrecher in den Gang hinterher rannte. Er stand nun mit dem Rücken zu ihr und sah sich um, in der Hoffnung, er wisse dadurch, wohin er fliehen solle. Sie zielte mit ihrer Waffe auf seinen Rücken.

„Roland Felisé, ich verhafte Sie wegen Bankraubes! Und jetzt Hände nach oben, da wo ich sie sehen kann und das Geld auf den Boden!", forderte sie in ihrem üblichen Umgangston. Der angesprochene Mann drehte sich verdutzt um. Panisch blickte er wieder nach links und rechts, einen Ausweg suchend.
„Haben Sie mich nicht verstanden? Hände hoch und zwar zackig!", rief sie laut, schneidend, schrie fast. Der Täter setzte sich schnell in Bewegung von ihr weg.
Auf einmal rannte er in einen anderen Mann hinein und stolperte. Beide fielen zu Boden, Roland rappelte sich wieder auf und lief los.
Elise achtete aber auf den anderen Mann und blieb stehen.
„Ist alles in Ordnung?", fragte sie, er kam ihr so seltsam vertraut vor. Er richtete sich wieder auf, klopfte sich den Staub von seiner merkwürdigen Kleidung.
Zum ersten Mal musterte die den Mann genauer und dies tat er ihr gleich. Ein verdrecktes Hemd, eine braune Weste, sowie eine braune Jacke, Schuhe und Hose zierten seinen Körper. An seinem Gürtel hang allerlei Schnick-Schnack, eine altertümliche Pistole und ein Säbel. Und er hatte Dreadlocks mit seltsamen Dingen in den Haaren. Er sah sie direkt an, sie sah direkt in seine Augen.
„Elise?"
Ein Schwarm von Bildern rauschten an ihr vorbei, dann wurde alles schwarz.

„Elise?", rief eine ihm bekannte Stimme. Er flüchtete, sah sich jedoch noch ein letztes Mal nach Elise um. Gott sei Dank, sie lebte! Sie lebt tatsächlich. Sie war wohl wieder bei der Polizei tätig. Arbeitete sie wieder mit diesem Arsch names Julien Matthieu zusammen?
Alles Fragen, die ihm in diesem Moment beschäftigten. Er rannte, niemand sollte ihm folgen. Wie gerne wäre er bei Elise geblieben. Aber wahrscheinlich hätte man ihn entdeckt. Bei seinem Glück wohl auch dieser Julien, der ihn bestimmt nicht am Leben gelassen hätte.

„Elise?", sie bemerkte eine besorgte Stimme. Julien, ihr Verlobter. Sogleich spürte sie, dass seine warme Hand ihre umklammerte. Sie wollte die Augen nicht öffnen, in der Dunkelheit war es gerade so angenehm. Aber andererseits konnte sie Julien nicht länger warten lassen. Er musste die Wahrheit wissen, oder nicht? Sie war sich nicht sicher.
„Elise? Elise, mein Liebling, kannst du mich hören? Mach doch bitte die Augen auf oder zeig mir, dass du mich hören kannst. Oh, Elise, lass mich doch nicht so leiden, bitte!", hörte sie ihren Verlobten flehen, womit er ihren Gedankengang unterbrach.
„Nur noch fünf Minuten, Julien. Lass mich noch etwas nachdenken!", erklärte sie ihm in ihren Gedanken ihre Regungslosigkeit.

Sie hatte sich an etwas erinnert, als sie diesen Mann sah. Die Erinnerung war schon wieder so verschwommen und unklar, sodass sie nicht weiter darüber nachdenken konnte. Sie spannte Julien nicht länger auf die Folter und öffnete die Augen, während sie ihn ansah. Dieser schnappte erschrocken nach Luft.
„Elise, mein Schatz, geht es euch gut?", hakte er nach.
„Ja, uns geht es gut, ich bin nur ohnmächtig geworden."
„Ich hatte solche Angst um dich. Dir und dem Baby hätte etwas passieren können."
„Habt ihr den Mann geschnappt?", fragte sie ablenkend.
„Nein, er ist entkommen", sprach er verlegend und kratzte sich am Ohr.
„Aber wichtiger ist doch, dass es euch gut geht oder nicht?"
Sie bejahte. Es herrschte eine Weile Stillschweigen, wobei Julien ihre Hand hielt und sachte mit seinem Daumen über ihren Handrücken streichelte.

„Julien?"
Sein Kopf schnellte hoch und sah sie an.
„Ja, Liebes?", fragte er fürsorglich.
„Können wir jetzt das Krankenhaus verlassen? Ich fühl mich hier nicht wohl", erklärte sie. Dieser nickte und machte sich gleich auf den Weg, um nach dem Entlass zu fragen. Eine halbe Stunde später befanden sich beide im Auto auf dem Heimweg wieder.
„Schatz? Kann ich dir etwas sagen?"
„Ja natürlich, was ist los?"
„Bevor ich ohnmächtig geworden bin, habe ich einen Mann gesehen, der aussah wie Captain Jack Sparrow", flüsterte sie.
„Den Täter", stellte Julien fest. Sie nickte. War es richtig, ihm das zu sagen? Sie wusste nicht, ob sie es nicht doch lieber für sich behalten hätte, immerhin war sie nicht mehr sicher gewesen. Aber jetzt war es zu spät.

Reddonksboudt of Doom / Ein Pirat im 21. JahrhundertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt