Das Ende vom Anfang

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Das Ende vom Anfang

„Hör auf, es hat doch keinen Sinn", Elise legte ihm eine Hand auf die Schulter und Jack verstummte.
„Ich verstehe es nicht. Wieso ist sie wieder verschwunden?", fragte er mehr an sich selbst gerichtet als an seine Begleiter.
„Ich muss mich wohl mit meinem Schicksal abfinden."
„Was meinst du damit?", er sprang praktisch auf und hielt sie an den Unterarmen fest. Sie atmete tief durch, bevor sie antwortete.
„Hören wir doch auf, uns etwas vorzumachen. Ich komme nicht mehr zurück in meine Welt. Am besten suche ich mir hier eine Anstellung als dreckige Hure, dann habe ich immerhin genug Geld."
„So darfst du garnicht erst denken, klar soweit? Wir schaffen das und wenn nicht, dann kommst du mit uns auf die Pearl", er deutete auf sich und Gibbs. Dieser nickte bestätigend, auch wenn ihm bei dem Gedanken, eine Frau an Bord zu haben, nicht wohl war.
„Nein, das geht nicht! Du kennst doch dein erstes Abenteuer, ich kann den Lauf der Dinge nicht beeinflussen", sie wurde immer verzweifelter. Sie würde für immer hier bleiben müssen, in einer Welt ohne ihre Waffe, ohne ihren geliebten Kaffee und ohne Filmabende mit ihren Kollegen und Freunden. Und ohne Julien. Gut, auf ihn konnte sie verzichten, trotzdem konnte sie es sich nicht vorstellen, nicht zurück nach Nantes zu kommen. In die Stadt, in der sie geboren wurde.

„Komm, wir setzen uns in einen Pub und bringen uns selbst mit etwas Rum auf andere Gedanken, aye?", fragte Jack und deutete in Richtung Städtchen.
„Aye", ergeben seufzte sie und ließ sich von ihm in eines der Gebäude führen. Gibbs verabschiedete sich unterwegs, er wolle noch einmal seinen Kompagnon den Arzt treffen. So saß sie nun mit Jack in einer Bar, jeder mit einem Krug Rum vor sich.

„Also. Du scheinst so ziemlich alles über mich zu wissen, Elise. Aber ich weiß in etwa gar nichts über dich. Du bist Französin, du bist hübsch und Polizistin. Ich weiß, wie du wohnst und dass du ledig bist, also - werte Dame - was habt Ihr für Geheimnisse?", das Kerzenlicht ließ sein Gesicht mysteriös wirken, elegante Schatten tanzten über seine Haut.
„Meine Eltern waren Italiener und kamen nach dem zweiten Weltkrieg nach Frankreich. Sie hießen Carbostra, woraus man in Frankreich einfach Chaveaut machte. Ich bin die Älteste, habe aber noch zwei kleine Brüder und eine Schwester. Jeder von uns hat einen italienischen Namen, der an's Französische angepasst wurde. Ich würde eigentlich Elisa heißen, meine Schwester Franciose Francesca, meine Brüder Anton und Luc wären Antonio und Lucio", sie stoppte in ihrer Erzählung. Was, wenn sie sie nie wieder sehen würde? Das konnte doch einfach nicht passieren!
„Jack, was wenn wir Metrala nicht noch einmal finden können?", fragte sie leicht unsicher.
„Das schaffen wir schon. Wir dürfen nur nicht aufgeben, klar soweit?"
„Wie Walt Disney einst sagte: ‚If you can dream it, you can do it' ", jetzt zitierte sie Jacks ‚Schöpfer' ihm gegenüber. Sehr passend.
„Wer?"
„Egal."
Es legte sich ein langes Schweigen über die Beiden, bis sie schließlich bezahlten und gingen. Es war bereits dunkel und es gab immer noch die kleine Hoffnung, dass sie Metrala finden konnten.

„Die Royal Navy! Die Royal Navy!", rief ein Mann aus, der an ihnen vorbei und die Straße hinab rannte. Jack und Elise sahen sich einen Moment an, bevor sie gleichzeitig ausriefen: „Harrisson!"
Sie setzten sich in Bewegung, entfernten sich schnellstmöglich von ihrem aktuellen Standpunkt, bis sie fast in jemanden hineingelaufen wären.
Barbossa. Auch das noch!

„Jack? Und deine Freundin ist auch hier", meinte er nur entspannt und musterte sie von oben bis unten.
„Barbossa, wir haben es eilig", Jack wollte sich an ihm vorbeischieben, doch er trat ihm in den Weg.
„Hat das zufällig etwas mit dem Besuch der Uniformträger zu tun?", fragte er ihr gegenüber kalt grinsend.
„Ja, das hat es. Und ich muss sagen, wenn ihr zwei zusammenarbeiten würdet, würdet ihr viel größere Taten vollbringen können. Jack, Schusswaffe", brachte Elise sich mit in das Gespräch ein.
„Elise, ich bitte dich. Eine Pistole ist doch-"
„Nicht das Richtige für eine Frau? Ich dachte, du wolltest dich ändern! Ich kann mit Waffen umgehen, das kannst du mir glauben", sie hatte ihre Waffe dummerweise auf der Pearl vergessen.
„Na schön", missmutig und besorgt übergab er ihr eine der Pistolen, die er immer dabei hatte.
„Danke. Also, Barbossa. Helft Ihr uns?", wandte sich Elise wieder an den anderen Piraten.
„Wieso sollte ich dies tun?"
„Weil die Royal Navy sicher ein großer Interesse daran hätte, Euch ebenfalls zu erwischen", gab sie von sich und streckte ihm die Hand entgegen.
„Ausnahmsweise. Nur, weil Ihr eine wunderschöne Frau seid, bei der es eine unglaubliche Verschwendung wäre, sie an diese Bastarde zu verlieren. Aye, ich bin dabei", er schlug ein.

Sie hörten Schritte und die kleine Gruppierung löste sich wie in's Nichts auf. Elise blieb hinter einer Ecke, während sie ihre Waffe entsicherte. Barbossa drückte sich in den dunklen Eingang eines Hauses, während Jack so tat, als wäre nichts, blieb einfach am Straßenrand stehen, den Hut tief in's Gesicht gezogen, ein Bein angewinkelt an der Wand lehnend.
Nur eine einzige Person kam die Straße entlang - auf ihn zu. Bewaffnet.
Elise rutschte das Herz in die Hose. Harrisson. Verdammt!
„Captain Jack Sparrow!", er spuckte jedes einzelne Wort verächtlich aus, „Ihr seid verhaftet."
Elise trat um die Ecke, die Waffe schussbereit im Anschlag, während Harrisson seinen Säbel auf den Piraten and der Wand richtete.
„James Nicholas Harrisson, nehmt die Waffe runter", rief sie in ihrem üblichen Polizistentonfall und zielte auf ihn. Verhandeln konnte sie vergessen, das würde bei ihm nichts bringen. Er drehte sich halb zu ihr um, ein dreckiges Grinsen lag auf seinem Gesicht, welches sie ihm nur zu gerne zerkratzen würde.
„Elise, mein Engel. Ich habe dich schon vermisst!", flötete er, richtete seinen Säbel aber weiterhin auf Sparrow.
„Harrisson. Waffe runter", wiederholte sie bedrohlich ruhig.
„Wieso sollte ich? Ihr seid nur ein Weib, das sich aufspielt. Ihr würdet nicht schießen, dazu habt Ihr viel zu viel Angst."
Elise wusste, dass sie zwei Schüsse hatte. Einen versenkte sie mit einer schnellen Bewegung in seinem Unterschenkel. Er schrie auf und ließ dabei den Säbel fallen.
„Miststück!"
„Was denn? Ich dachte, ich hätte zu viel Angst, um zu schießen."

Harrisson blickte auf, dann verzog sich sein Gesicht zu einem Lächeln. Im nächsten Moment spürte Elise den kalten Lauf einer Waffe an ihrem Hinterkopf. Automatisch hob sie die Hände und ließ den Lauf ihrer Waffe in Richtung Himmel wandern.
„Ihr habt meinen Kommandanten angeschossen", zischte ein Mann. Es klickte. Barbossa war aus seiner Ecke in die vom Vollmond beleuchtete Gasse getreten und richtete seine eigene Waffe nun auf den Mann hinter Elise. Keiner rührte einen Muskel.
Bis Jack ebenfalls seinen Säbel zog.
„Dachtet Ihr wirklich, ich würde Euch unbewaffnet gegenübertreten? Oh bitte, ich bin ein Pirat, aber ich bin nicht bescheuert."
„Jack, nicht jetzt", erwiderte Barbossa von hinten. Davon ließ sich ein Captain Jack Sparrow jedoch nicht beirren.
„Was ist an mir so interessant, Harrisson?"
„Der Auftrag kommt von oben, man hat mir keine genaueren Informationen gegeben, doch das ist jetzt nicht mehr wichtig. Denn die kleine Elise hate es mir angetan", meinte er anzüglich und richtete sich wieder auf. Vorhin hatte er sich etwas gekrümmt. Sofort hatte er Jacks Säbel im Rücken. Er fiel ein Schuss und alle wirbelten herum. Barbossa hatte Harrissons Komplizen erschossen, Elise wirbelte herum und zielte auf Harrisson.

„Ihr habt es nicht anders gewollt!", schrie dieser, zog einen Revolver und - bevor sie reagieren konnte - spürte Elise, wie eine Kugel ihr Fleisch durchschnitt und ihr die Luft wegblieb. Ihr Körper zuckre durch die Wucht der Kugel zurück und sie feuerte ihren letzten Schuss auf Harrissons Gesicht. Sie ließ die Waffe fallen und fasste sich fassungslos und mit Schmerzestränen in den Augen an die Brust. Blut durchnässte das Hemd, welches sie trug und färbte ihre Handflächen rot. Sie sah wieder auf und blickte in Jacks ebenso fassungsloses und trauriges Gesicht.
Es waren nur wenige Sekunden gewesen, in denen sich alles entschieden hatte.
Sie tat es Harrisson gleich und verlor das Bewusstsein, ihre Beine knickten ein und sie fiel langsam nach hinten.
Das letzte, was sie spürte, waren Barbossas Arme, die sie auffingen, bevor sie auf dem staubigen Boden aufkommen konnte.

Dann wurde alles schwarz...

Reddonksboudt of Doom / Ein Pirat im 21. JahrhundertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt