Von Flirten und Trinken

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Von Flirten und Trinken

Verwirrt musterte Jack die beiden Männer vor sich. Sie trugen seltsame, hautenge Anzüge. Er selbst wurde auch einer eingehenden Beobachtung unterzogen. Dann fing der Linke der beiden an zu sprechen.
„Na wen haben wir denn da?", näselte er. Jack sah ihn verwirrt an.
„Das ist aber ein Schnittchen. Ich bin Gillbèrte und das ist Gerard. Gehörst du auch zu unserer Demo?", fragte er, ein eher korpulenterer Zeitgenosse mit kurzen, schwarzen Haaren und einer Brille.
„Ihre was?", hakte Jack verwirrt nach.
„Unsere Demonstration!", erklärte der andere. Auch er näselte. Er hatte kurze, dunkelbraune Locken und war eher schlank.
„Wofür?"
„Für die Gleichheit von Heteros und Homosexuellen!", riefen beide begeistert wie aus einem Munde. Jack musterte sie immer noch verwirrt.
„Entschuldigt mich bitte, aber ich suche die schönste Person, der ich je begegnet bin", Jack versuchte, an ihnen vorbeizukommen.
„Oh... Wie putzig! Wie heißt er denn?", fragte Gillbèrte näselnd.
„Elise", endlich schaffte Captain Jack Sparrow es, sich an den beiden vorbeizuschieben. Er entfernte sich zunehmend und hörte nur noch den Satz „Das ist aber ein seltsamer Name für einen Mann.", der einer der beiden Demonstranten vor sich hin sagte. Doch jetzt war es wichtiger, Elise endlich zu finden, anstatt den Männern zuzuhören.

Bei besagter Rothaarigen:

Elise saß komplett niedergeschlagen am Tresen der Bar ‚Coeurs birés'. Ihr Herz war zwar nicht gebrochen, aber so niedergeschmettert war sie noch nie gewesen. Ihre Verhörmethoden wurden sonst immer in den höchsten Tönen gelobt, doch diesmal hatte sie es vielleicht übertrieben. Hatte sie sich so von einem Mann, der sich selbst ‚Captain Jack Sparrow' nannte, mitreißen lassen? Gott, was passierte nur in dieser Welt?
Wieso musste auch dieser besagte ‚Pirat' auftauchen? Er nannte sich wie ihren Kinohelden! Verzweifelt stützte sie den Kopf auf die rechte Hand und schloss für einen Moment die Augen.
„Madame?", sie öffnete die Augen wieder, der Barkeeper hatte ihr den zuvor bestellten Tequila-Shot gebracht.
„Merci", sie stürzte den Alkohol herunter und Vollzug die bekannte Prozedur der Tequila-Trinkens. Shot. Salz. Limette. Eigentlich war es zu früh, um sich zu betrinken, aber nicht jeden Tag wurde man von der Arbeit suspendiert, die für jemanden wie sie das Leben bedeutet. Elise bestellte sich noch einen Tequila und wiederholte die Prozedur einige Male. Sie bemerkte, dass sich jemand neben die setzte.
„Hey Sweety, sprichst du Englisch?", fragte der Typ neben ihr. Sie nickte kurz und wandte sich ihrem Shot zu.
„Du bist heiß", kam es wieder von dem Fremden. Einfach so. Sehr direkt.
„Aha", gab sie möglichst desinteressiert von sich.
„Hey, hast du Lust auf ein bisschen Spaß?", fragte er nun. Sie schüttelte den Kopf, ohne ihn dabei anzusehen.
„Nein, lass mal. Ich geh lieber", sie stand auf, nachdem sie den Shot genommen hatte. Der Unbekannte drückte sie zurück und kam ihr näher. Zu nah für ihren Geschmack.
„Nein, du wirst nicht gehen, dafür bist du zu hübsch", er grinste sie dreckig an und trotz des relativ hohen Alkoholanteils in ihrem Blut konnte sie noch einigermaßen klar denken.
„So nicht. Lassen Sie mich in Ruhe!", sie versuchte zu gehen, doch der Mann hielt sie weiterhin fest. „Hey, lassen Sie mich los", rief sie.
„Lassen Sie die Dame in Frieden!", mischte sich nun auch der Barkeeper mit ein. Plötzlich lockerte sich der Griff des Mannes und er ging zu Boden, Glas zersplitterte an seinem Kopf, Scherben fielen ebenfalls. Hinter ihr stand kein geringerer als ihr Lieblingspirat.
„So macht man das, wo ich herkomme", meinte er und fügte ein unhörbares, „obwohl ich sonst derjenige bin, der zu Boden geht", ein. Der Barkeeper warf Sparrow einen bösen Blick zu. Schnell ergriff Jack Elises Hand und zog sie aus der Bar, hinaus in die Dämmerung.

„Verdammt, was sollte das? Du bist an allem schuld! Wegen dir wurde ich suspendiert, wegen dir denkt mein Chef, ich wäre eine notgeile Schlampe!", herrschte Elise ihn an, als sie eine etwas ruhigere Straße erreicht hatten.
„Und wie bist du überhaupt in die Bar gekommen, du saßt doch in der Anstalt!", fügte sie nach einer kleinen Pause hinzu.
„Was hab ich damit zu tun? Mir hat das Verhör übrigens sehr gefallen", er grinste sein typisches Grinsen, „und wie ich geflüchtet bin, lass mal meine Sorge sein".
„Wegen des Verhörs wurde ich suspendiert bis dieser Fall vorbei ist", entgegnete sie aufgebracht.
„Wow, die sind ja ganz schön dumm."
„Weshalb", fragte die Polizistin nach und eine Falte auf der Stirn bildete sich, als sie die Augenbrauen zusammenzog.
„Weil dieser ‚Fall' niemals gelöst werden wird", sagte Jack und grinste einfältig. Dann fügte er nach einer kurzen Pause- in welcher er Elise eingehend betrachtet hatte- hinzu: „ Deine Kollegen werden den Tag niemals vergessen, an dem sie Captain Jack Sparrow-."
Beinahe geschnappt hätten", vollendete sie seinen Satz und kicherte in sich hinein.
„Woher... woher kennst du meinen Lieblingssatz?", fragte er leicht verwirrt. Sie seufzte.
„Aus dem Kino", antwortete sie dann. Er zog verwirrt die Augenbrauen zusammen und formte mit den Lippen ein stummes ‚Kino?'. Sie verdrehte die Augen und drehte sich um.
„Wohin gehst du?", fragte der Captain.
„Nach Hause", antwortete seine Gesprächspartnerin, als wäre es selbstverständlich.
„Ich komm' mit!"
„Nein!"
„Warum nicht? Ich könnte dich beschützen. Außerdem wollte ich, seitdem ich hier angekommen bin, wissen, wie die Menschen im 21. Jahrhundert so leben", er drehte sie an der Schulter herum und lächelte sein typisches ‚Jack Sparrow'-Lächeln.
„Ich brauche keinen Beschützer. Ich habe zwar meine Dienstwaffe abgegeben, aber glaub' mir, ich bin alles andere als schutzlos."
„Schön", entgegnete er eingeschnappt. Nach wenigen Sekunden drehte sie sich um.
„Du bist immer noch hier. Verschwinde endlich!" Aber Jack dachte garnicht daran.
„Na gut, ich werde dich ja eh nicht los. Du kannst mich bis zu meiner Tür begleiten und dann verschwindest du, verstanden?" Er nickte und seine Haare klimperten. Vollkommen entnervt machte sie auf dem Absatz kehrt und ging los. Jack hatte teilweise ganz schöne Probleme, mit ihr mitzuhalten und dass, obwohl sie betrunken war.
Nach einer Weile erreichten sie ein älteres Haus. Elise schloss die Tür auf und drehte sich dann zu seiner Wenigkeit um.
„Also dann. Wiedersehen. Oh nein, Moment. Besser nicht", die Frau schloss die Tür - wollte es zumindest - doch Jack stellte schnell seinen Fuß dazwischen.
„Ach komm schon. Was willst du denn so ganz allein machen?"
„Ich bin mir sicher, dass mir da schon was einfällt", sie sah ihn böse an.
„Oh bitte. Ich bin spannender als-", sie zog in herein und lehnte die Tür an, sah noch durch den Spalt nach draußen. Ein Auto mit blauem Licht fuhr vorbei, Jack blickte ihm über die Schulter sehend verwirrt nach. Beide hatten nicht bemerkt, wie nah sie aneinander standen.
„Die Polizei sucht nach dir. Jetzt, wo du schonmal drinnen bist, komm mit", seufzte Elise und zog ihn mit die Treppe hinauf. Im vierten Stock blieb sie stehen und kramte den Schlüssel aus ihrer Tasche.
„Hier wohnst du?",fragte ihr Begleiter und betrat die überaus kleine Wohnung.
„Ja. Hier wohne ich", antwortete sie.
„Nett", sein Tonfall zeige ihr, dass er ganz anders darüber dachte.
„Danke", gab sie sarkastisch zurück. Mittlerweile war Jack im Wohnzimmer angekommen.
„Was ist denn das für ein Kasten?", fragte er interessiert und deutete auf einen kleinen Quader auf dem Beistelltisch.
„Das nennt man Fernseher. Ich erklär das besser nicht, das würde Ewigkeiten dauern", Elise betrat ebenfalls den Raum, sie hatte Schuhe und Jacke abgelegt. Plötzlich wirkte sie verletzlich auf Jack, so wie sie nun da stand.
„Ist auch neumodisch, aye?", fragte er und grinste.
„Aye, das ist es", lächelte sie zurück. Es sah wunderschön aus. Eine unangenehme Stille trat ein. Nervös schauten sich beide in dem Raum um, Elise biss sich leicht auf die Unterlippe. Dann vernahm sie ein Klopfen an der Tür ihres Appartements und schreckte aus der Trance.
„Schnell, versteck dich. In den Schrank!", sie wies auf einen Wandschrank neben dem Sofa.
„Was? Ich geh ganz sicher nicht in deinen Schrank!", entgegnete er entsetzt.
„Oh doch, das wirst du, klar soweit?", fragte sie und schob ihn beiläufig zum Schrank. Widerwillig kletterte er hinein und machte die Türen ungeschickt von innen zu. Ein kleiner Spalt blieb jedoch offen, sodass er sehen konnte, wie sie in den Flur ging.

Vor der Tür stand jemand, mit dem Elise nie gerechnet hätte...

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Anmerkungen und Stimmen für die Kapitel bzw. die Geschichte an sich werden gerne gesehen ;) (und auf Kommentare wird geantwortet)

Reddonksboudt of Doom / Ein Pirat im 21. JahrhundertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt