Kaffee

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Kaffee

Vorsichtig zog Julien sie auf das 2-Mann-Sofa. Langsam fing er an, auf sie einzureden.
„Chérie, überlege es dir noch ein Mal. Ich möchte nicht, dass du dich überanstrengst und dir damit schadest. Er wäre kaum vorzustellen, wenn dir und dem Baby etwas geschehen würde, er würde mir das Herz zerreißen", flüsterte er fast.
„Ich dachte, das Thema wäre durch. Warum fängst du schon wieder damit an? Ich habe dir eben gesagt, dass ich mich selber darum kümmern würde, Julien", kam prompt die Antwort.
„Aber..."
„Julien, es reicht jetzt! Ich möchte nicht weiter darüber diskutieren", äußerte sie sich verärgert. Dieser seufzte und murmelte etwas von „Frauen" und „Stimmungsschwankungen".
„Hast du etwas über mich und meine Stimmungsschwankungen gesagt, Liebling?"
„Nein", er verzog das Gesicht und stand auf, damit Elise diesen Ausdruck nicht sehen würde. Stattdessen lief er hastig ins Badezimmer.

Er wusch sich das Gesicht und sah sich im Spiegel an. Das Wasser tropfte von seinem Kinn. Mehrmals seufzte er, er machte sich Sorgen um seine Geliebte. Wenn dieser Sparrow wieder hier war, müsste er sehr gut auf sie aufpassen. Er hatte seine Liebe schon einmal verführt und das sollte nicht noch ein zweites Mal passieren. Er blickte sich noch ein Mal in die Augen. Unter ihnen waren lilane Schatten zu bemerken, worüber er mit dem Zeigefinger fuhr. Seit Elises Schwangerschaft hatte er kaum geschlafen, denn sie wühlte sich nun oftmals im Bett hin und her, was ihm keine Ruhe bescherte. Zudem war sie manchmal - so wie heute - unausstehlich und kaum zu ertragen. Vielleicht konnte er sich noch ein paar ruhige Stündchen auf der Arbeit gönnen und dann wieder hier her kommen.

Nach wenigen Minuten kam Julien wieder aus dem Bad heraus.
„Elise, Liebling. Ich habe soeben noch einen Auftrag bekommen und muss wieder zur Wache", fing er an. Die Angesprochene blickte ihn gleich an und stemmte sich vom Sofa hoch.
„Gut, ich komme mit."
„Nein nein, denk nur an deine Gesundheit und an das Gespräch, Liebste", er lächelte milde.
„Na gut...", antwortete sie verwirrt. Julien drückte sie wieder auf das Sofa.
„Mach dir noch einen schönen Tag und entspanne dich", er drückte ihr einen Kuss auf den Mund, danach verschwand er aus der Haustür, die gleich wieder zuknallte.

Elise legte beide Beine hoch auf die Couch. Davor hatte sie sich ihre Schuhe abgestriffen und ihre Dienstwaffe auf den Beistelltisch gelegt. Sie streckte sich und gähnte einmal laut. Dieser Tag ,achte es ihr zu schaffen. Erst die Jagd nach Roland Felisé, dann diese komische Fremde, wobei er sie an irgendwas erinnerte und jetzt ließ Julien sie allein zuhause und ging arbeiten. Würg, dieser Tag war nichts. Hier war ihr immerzu langweilig, er war nichts zu tun. Lieber würde sie jetzt diesen Felisé hinterherlaufen, anstatt hier zu versauern.

Elise setzte sich auf, schnappte sich die Fernbedienung und kuschelte sich wieder in das Sofa. Sie drückte auf den Anschaltknopf und das Logo des Fernsehers erstrahlte. Zuerst schaltete die Rothaarige die Nachrichten auf Télévision Française 1 ein. Es lief etwas über einen amerikanischen Präsidentschaftskandidaten- wie hieß der noch gleich - ach ja, Donals Trump. In verschiedenen amerikanischen Städten wie New York und Miami wurden seine ‚Trump Towers' verunstaltet. Es entstand ein Schaden von über zwei Millionen US-Dollar. In dem Bericht äußerte sich Trump über die Geschehnisse. Elise wunderte sich über dieses Ereignis, ihr war der Mann nicht gerade sympathisch - nein, eher das Gegenteil davon - aber warum Leute das machten, wusste sie nicht. Was würde ihnen das bringen außer Bußgeld und Freiheitsstrafen?

Na endlich, die Saftnase verließ Elises Wohnung. Jetzt hatte er die Gelegenheit, mit ihr zu reden. Am meisten interessierte er sich für die romantische Verbindung zwischen ihr und der Pappnase, wieviel Zeit hier vergangen war und was das mit dem Bürojob sollte. Leise schlich er um das Auto herum, man sollte ihn bloß nicht entdecken. Als der silbergraue Wagen verschwunden war, kam er aus seinem Versteck hervor und richtete sich auf.
Verstohlen blickte der Pirat sich um, er wollte gerade keinen Trubel, sondern nur mit Elise reden. Unauffällig - naja, so unauffällig wie ein Pirat hier nur sein konnte - ging er zu Elises Wohnhaus herüber. Er drückte sich gegen die Tür, nachdem er die Türklinke heruntergedrückt hatte. Nichts geschah, verdammt!

Er probierte alles, was ihm in den Sinn kam - Ziehen und Drücken. Aber diese dumme Tür bewegte sich kein Stück. Auch mit „Sesam öffne dich" klappte es nicht.
„Junger Mann, könnten Sie mir bitte den Weg zur Tür freimachen?", Jack fuhr herum, als ihn eine alte Dame ansprach. Er trat zur Seite und ließ der Oma den Platz, um die Tür aufzuschließen. Die Oma ging ins Haus, bevor die Tür wieder in das Schloss fallen könnte, schlüpfte er hindurch.

Ach diese vermaledeiten Kopfschmerzen! Hingen die etwa auch mit der Schwangerschaft zusammen? Elise schaltete den Fernseher aus, ging zu ihrer geliebten Kaffeemaschine und brühte etwas von dem wohltuendem Getränk. Kaffee war zwar nicht die beste Lösung für Kopfschmerzen, hatte ihr aber noch nie geschadet.
Nachdem die Machine durchgelaufen war, schüttete sie sich etwas davon in eine ihrer Tassen, die sie zuvor aus dem Hängeschränkchen geholt hatte. Sie pustete leicht in die Tasse und nippte leicht an dem Kaffe, um zu schauen, ob der Kaffee noch zu heiß wäre.
Ruckartig riss sie die Tasse zurück, der Kaffee war doch zu heiß. Etwas schwappte aus der Tasse über und lief auf ihre Hand. Schlagartig ließ sie die Kaffeetasse los, die klirrend zu Boden fiel und zersprang. Sie bückte sich, um die Scherben aufzusammeln, wurde von einem stechenden Schmerz im Kopf überrascht. Reflexartig hielt sie ihre Hand am die Schläfe, Bilder tauchten in ihrem Kopf auf.

Ein Mann mit seltsamer Kleidung... Sie kaffeetrinkend... Noch mehr komisch gekleidete Menschen... Ein Schiff... Eine Insel... Säbel... Black Pearl... Uniformierte Männer... Zellen... Sie in der gleichen merkwürdigen Kleidung...

Elise keuchte. Was war das? Egal, nicht daran denken, dann wird es bestimmt besser. Sie räumte schnell die Scherben weg, sie wollte sich nicht daran verletzen. Es klingelte. Wer war das?
„Ich komme!", rief sie in die Richtung der Tür. Sie lief zu dieser, riss sie auf, ohne durch den Spion zu gucken, um zu wissen, wer sich dahinter befand. Vor ihr stand eine Mann, ein seltsam gekleideter Mann. Der Mann, wegen dem sie im Krankenhaus war.
„Ach du scheiße!", schrie sie, stürzte zu dem Beistelltischchen und schnappte sich ihre Dienstwaffe. Sie entsicherte sie in Sekundenschnelle  und hielt den Lauf auf den Oberkörper des Eindringlings, der sichtlich verwirrt war.
„Keinen Schritt näher und Hände hoch!", schrie sie den Mann an, der sofort das tat, was sie von ihm verlangte.  Die Waffe zitterte in ihren Händen, die eine brannte wegen der Verbrennung.
„Elise...", er trat einen Schritt näher. Automatisch wich sie zurück, doch das hinderte ihn nicht im geringsten daran, hineinzukommen. Er schloss die Tür und musterte sie.
„Es war so lange her."
„Was?"
Der Mann trat weiter vor, umfasste den Lauf der Waffe, hob ihn an und schlug ihr mit der anderen Hand die Waffe aus ihrer. Die Waffe fiel polternd zu Boden, wo sie vorerst liegenblieb. Elise wusste nicht, was nun geschah.

Reddonksboudt of Doom / Ein Pirat im 21. JahrhundertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt