Verflucht!

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Verflucht!

Sie hatte das Gefühl, als wären Monate vergangen. Das Klicken des Schlosses teilte ihr mit, dass Julien kam. Beim ersten Anzeichen des Öffnens der Tür schmiss sie sich in seine Arme und übersah fast die Pizzakartons.
„Da bist du ja endlich wieder", sie schmiegte sich an ihn heran.
„Ich war doch garnicht so lange weg, Liebling", seufzte er in ihre Haare.
„Es kam mir aber so lange vor. Hast du währenddessen noch Pizza besorgt?", sie deutete mit dem Kopf auf die Schachteln in seiner Hand und er nickte.
„Ja, es lag auf dem Weg."
Sie setzten sich in Bewegung und gingen in die Küche, wo Elise einen Pizzaschneider aus einer der Schubladen herausholte und Anstalten machte, die Pizzen zu achteln. Ihre Hand zitterte immernoch.

„Lass mich die Pizzen zerschneiden, sonst fehlt dir am Ende noch ein Finger. Oder noch schlimmer- deine ganze Hand", er lächelte und gab Elise einen Kuss auf die Stirn. Diese schlurfte regelrecht in das Wohnzimmer und ließ sich auf das Sofa fallen. Sogleich zog sie die Beine an und drückte ein Kissen an ihre Brust. Leises Schluchzen kam aus dem Wohnzimmer. Julien schnappte sich die geschnittenen Pizzen und lief zum Wohnzimmer, wo er sie auf den Tisch abstellte. Danach setzte er sich zu der schwangeren Frau und streichelte leicht über ihr Gesicht, um sie zu beruhigen.
„Möchtest du einen Film gucken, während wir die Pizza essen?", in seinem Augenwinkel konnte er ein Nicken erkennen. Er hockte sich vor den Fernseher und begutachtete Elises kleine Filmesammlung.
„Wie wäre es mit einem Liebesfilm?"
„Nein."
„Na gut... Horror?"
„Bloß nicht."
„Wie wäre es mit ,Fluch der Karibik' , ist das nicht deine Lieblingsfilmreihe?"

Elise versteifte, sie war in Gedanken wieder bei diesem Piratenmann.
„Nein!", schrie sie fast panisch.
„Oh, tut mir leid, ich vergaß. Wie wäre es mit einer schönen Komödie, die dich von diesem Mann ablenkt? Du hast in letzter Zeit viel zu wenig gelacht, Schätzchen."
Sie stimmte ihm zu, er suchte sich einen Film aus der Sammung heraus und legte ihn in den DVD-Player ein. Dann setzte er sich wieder auf das Sofa, wo sich Elise an ihn schmiegte. Er stellte die Sprache des Films ein, drückte auf ,Start' und legte sich seine Pizza auf seinen Schoß. Elise hatte schon begonnen, an ihrer Pizza zu knabbern.

Fast 2 Stunden später- in der Elise nicht viel gelacht hatte, sondern nur starr auf die Wand hinter dem Fernseher geschaut hatte- entschied Julien, dass es Zeit wäre, langsam schlafen zu gehen. Er nahm Elise auf den Arm, die sich nicht dagegen wehrte und trug sie ins Schlafzimmer, er selber ging in das Bad, um sich fertigzumachen.
Widerwillig zog Elise sich um. Als ihr Freund aus dem Badezimmer kam, ging sie hinein und putzte sich die Zähne. Danach schlurfte sie wieder müde ins Schlafzimmer und legte sich neben Julien, der noch einmal aufstand, um das Licht auszuschalten. Sie kuschelte sich in die Bettdecke, zog die Beine wieder an und schlief ein.

Ruckartig wachte sie auf. Sie sah sich um, aber sie war nicht dort, wo sie eigentlich sein sollte. Sie war in einem kleinen Raum, verkleidet mit Holz. In der Mitte des Raumes befand sich ein Schreibtisch mit gewellten, gelben Papierstücken und einem Holzstuhl.
Sie selbst lag in einem Bett- ziemlich ungemütlich. Die Decke und das Kissen des Bettes waren verdreckt und Elise sprang angeekelt auf. Sie sah an sich herunter. Müsste sie nicht ein Nachthemd tragen? Warum trug sie auf einmal ein Kleid, dass ihr die Luft abschnürte? Und wo war sie?
Erst jetzt bemerkte sie das Schaukeln, das sie umgab. Sie hörte Schritte. Immer lauter werdende Schritte.
Elise schloss für einen Moment die Augen, als sie sie wieder öffnete stand ein seltsam gekleideter Mann vor ihr. Ein dreckiges Grinsen umspielte seine Mundwinkel.
Er seufzte ihren Namen und kam näher. Ängstlich wich sie zurück. Sie konnte sich an den Mann erinnern- es war der Piratenmann.

Am nächsten Tag weckte er seine schlafende Freundin auf, damit sie sich anzog. Der heutige Tag war genaustens geplant. Der Tag heute war der ,Elise-Verwöhn-Tag'.
Er selbst zog sich etwas schicker an und wies Elise an, sich auch schicker anzuziehen.
Nachdem er das tat, zog er sie einfach aus dem Haus und machte erst an dem Auto halt.
„Wohin fahren wir, Julien? Haben wir nicht heute Dienst?", fragte sie misstrauisch.
„Das wird eine Überraschung, Liebste. Ich habe uns heute für diesen Tag frei gegeben. Ich kann dir nur sagen, dass wir später eine kleine Bootstour machen werden."
Sie gab sich mit der Antwort zufrieden, auch wenn sie mehr wissen wollte. Sie hasste Überraschungen, sie wollte immer auf mögliche Situationen vorbereitet sein.

Julien fuhr auf die französische Autobahn und beschleunigte. Er wollte so schnell wie möglich an seinem Zielort sein. Leider war das aufgrund der Geschwindigkeitsbegrenzung und der Mautstellen in Frankreich nicht möglich. Er hatte sich im Internet schlaugemacht, die Strecke sollte eigentlich nur eine Stunde dauern, trotzdem saßen sie jetzt schon 2 Stunden im Auto. Elise wurde langsam ungeduldig, sie benahm sich wie ein kleines Kind.
„Julien, wann sind wir endlich da? Ich möchte mich wieder bewegen können und habe Kopfschmerzen." Er seuftze und schob Elises schlechte Laune auf die Stimmungsschwankungen, die Teil der Schwangerschaft waren. Sie fuhren weiter und Elise schloss für ein paar Sekunden die Augen und schlief ein.

Sie wich weiter zurück und stieß an die Kante der Koje. Und der Mann kam immer näher.
„Elise", flüsterte er ihren Namen. Er führte seine Hand an ihren Kiefer, die andere wanderte an ihre Hüfte, dabei kam sein Mund ihrem immer näher.
„Bitte", flehte sie, „bitte nicht!" Jack Sparrow erhörte ihr Flehen nicht, sondern küsste sie fordernd. Elise ließ es geschehen und genoss es sogar. Sie lehnte sich gegen ihn und griff mit beiden Händen nach seinem Kopf.
Jack stöhnte auf: „Elise."
Auf ein Mal löste er sich von ihr und trat einige Schritte zurück, dann legte er den Kopf schräg.
„Das Kleid gefällt mir, aber nackt gefällst du mir immer noch besser!", sein typisches Grinsen kehrte zurück.
Plötzlich stand er wieder vor ihr und zerriss ihr Kleid samt Korsett am Rücken. Elise sog gierig die Luft ein, endlich wieder Atmen!
Jack schob die Ärmel des Kleides von ihren Schultern, über ihre Hände und schließlich fiel es zu Boden. Sie beugte sich weiter zu ihm und küsste ihn begierig. Er schubste sie auf die Koje und legte sich über sie. Die Küsse wurden fordernder.
„Ich liebe dich Elise!"
„Ich liebe dich auch Jack!", versicherte sie ihm.

Sie fuhren an dem Ortsschild vorbei.
„Wir sind da, Elise!", weckte Julien sie auf. Orientierungslos blickte sie sich erstmal um. Verschlafen rieb sie sich die Augen.
„Saint-Nazaire? Was wollen wir hier? Ist hier in der Nähe nicht der regionale Naturpark von Brière?", fragte sie misstrauisch und nun etwas wacher nach.
„Wirst du noch sehen, mein Liebling. Und ja, der Naturpark ist hier in der Nähe", Julien lachte leise und chauffierte sie zu einem Restaurant. Er hielt an und ließ Elise aussteigen, nachdem er ihr die Tür öffnete.
„Ein Restaurant? Julien, es ist morgens um 11, was wollen wir bei einem Restaurant?", sie schien überrascht, aber auch amüsiert.
„Ja, ein Restaurant an der Küste von Saint-Nazaire. Wir werden hier schön uns ausgiebig frühstücken und dann eine schöne Bootstour machen. Aber das wusstest du ja schon", er lächelte sie an, sie lächelte zurück.
Sie gingen hinein und setzten sich an einen Tisch, der an einer großen Fensterwand gelegen war. Von dort aus konnte man die Loire sehen, die in den Golf von Biskaya mündete.
Das Essen war vorzüglich und die Rechnung sah demnach auch so aus. Elises Augen wurden groß, als sie die Rechnung sah, die Julien alleine bezahlte. Sie verließen das Restaurant wieder und stiegen in das Auto ein.
„Julien, das Essen war sehr lecker, aber auch sehr teuer. Du hättest das nicht alles allein bezahlen müssen!"
„Schatz, ich habe dir gesagt, dass ich dich verwöhnen werde, da gehört ein Essen dazu", er küsste sie fest auf den Mund. Elise fühlte sich unwohl, es fühlte sich falsch an.

„Hier sind wir", verkündete Julien keine 10 Minuten später. Er parkte das Auto in der Nähe des Hafens. Hand in Hand- wenn auch widerwillig für Elise- gingen sie zu dem Ausflugsboot, Julien bezahlte die Karten und sie gingen an Board. Sie bemerkten nicht, dass ihnen jemand hinterherschlich.

Das Boot legte ab und Elise bemerkte, dass viele Leute- auch Pärchen- auf diesem Ausflugsdampfer waren. Julien und sie hatten sich am hinteren Teil des Decks platziert und waren ziemlich ungestört. Julien küsste sie einige Male zärlich, aber sie erwiderte die Küsse nicht wirklich. Nach einer Weile hörten die Küsse auf, Julien starrte immer in eine Richtung, als würde er jemanden sehen oder suchen.
„Elise?", der Kopf der Angesprochenen schnellte zu ihm.
„Ich geh mal kurz auf die Toilette, ja?", sie nickte.
Dann verschwand er.
Elise lehnte sich an das Geländer des Dampfers, welches ihr nicht ein Mal bis zur Hüfte ging und genoss die Aussicht, während sie nachdachte. Was hatte ihr Traum zu bedeuten? Warum hatte der Piratenmann -Jack- sie geküsst und warum gefiehl es ihr? Und warum waren da keine Liebesgefühle für Julien
- den Vater ihres ungeborenen Kindes- mehr da?
Sie schob alles auf die Schwangerschaftsstimmungsschwankungen, daran musste es liegen.
Aufmerksam sah sie sich nach Julien um, er hätte eigentlich schon längst wieder hier sein sollen. Welches Mensch verbrachte denn länger als 30 Minuten auf der Toilette? Sie sah zwei Männer kämpfen, der eine sah aus wie ihr Freund, aber als sie noch einmal genauer hinsah war da keiner mehr. Sie wandte sich wieder dem Wasser zu.

Plötzlich durchzog das Boot ein Ruck. Sie fiel. Elise stieß einen spitzen Schrei aus und sah nur noch 2 Männer, die ihren Namen schrien und ihr hinterhersprangen. Das blaue Nass kam immer näher und verschluckte sie schließlich.

Reddonksboudt of Doom / Ein Pirat im 21. JahrhundertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt