Zurück in die Vergangenheit

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Zurück in die Vergangenheit

Erwartungsvoll sah Elise den Arzt ihr gegenüber an. Was für schlechte Nachrichten?
„Madame Chaveaut, es tut mir sehr leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass sie ihr Kind verloren haben. Als Sie bei uns eingeliefert worden sind, waren Sie bewusstlos. Ihr Retter hat erste Hilfe geleistet und in ihrer Tasche nach einem Ausweis gesucht, nachdem unsere Sanitäter übernommen haben. Er fand unter anderem ihren Mutterpass, was für uns schon ein Grund zur Beunruhigung war. Sie hatten eine Platzwunde und außerdem starke vaginale Blutungen, was auf eine Fehlgeburt hindeutete. Nach der Erstversorgung ihrer Wunde am Kopf führten wir einen Ultraschall durch und mussten leider feststellen, dass das Herz des Kindes aufgehört hatte, zu schlagen.
Wir wissen nicht genau, weswegen, aber wir gehen von einem Unfall oder ähnlichen äußeren Einwirkungen aus und mussten den leblosen Körper operativ entfernen. Wir stellen Ihnen einen Psychologen zur Verfügung. Sie können natürlich noch den Vater informieren. Mein Beileid."

Elise war sprachlos und sah den Arzt einfach nur stumm an, dann nickte sie mit Tränen in den Augen. Es war zwar Juliens Kind gewesen, doch irgendwie hatte sie das Wesen in ihr Herz geschlossen.
„Was wäre es geworden?", sie und Julien hatten sich überraschen lassen wollen.
„Ein Mädchen, Sie dürfen sich natürlich einen Namen überlegen. Man wird Ihnen eine Geburtsurkunde mit Sterbevermerk ausstellen. Wenn ich nach dem Vater fragen dürfte..."
„Der existiert nicht", erwiderte sie leicht resigniert und fügte ein ‚nicht mehr für mich' hinzu.
Sie hätte ein Mädchen bekommen. Vielleicht ein kleines Abbild ihrer selbst, dass durch die kleine Wohnung tobte und später durch die größere Eigentumswohnung, die sie und Julien sich ausgesucht aber noch nicht bezahlt hatten.
„Ich werde mich um alles kümmern. Nur... wer hat mich gefunden? Ich würde mich gerne bedanken."
„Der Herr wartet draußen, einen Moment bitte."

Nur Sekunden nach Verlassen des Räumen kam der Arzt mit einem schlanken Mann in einem neongrünen, hautengen Ganzkörperanzug. Er strich sich eine dunkelbraune Locke aus der Stirn und lächelte sie dann an, während der Doktor verschwand.
„Hallo, Schätzchen", näselte er und schritt höhst feminin auf sie zu, „Wie geht es dir?"
Sie ignorierte einfach, dass er sie duzte.
„Ich weiß nicht. Sie haben mich gefunden?"
„Ja, mein Name ist Gerard, ich war gerade mit meinem Schatz Gillbèrte am Hafen von Nantes unterwegs und da fanden wir dich im Wasser. Du hast geblutet und na ja... was ist denn nun passiert?"
Am Hafen von Nantes? Wie war sie dahin gekommen?! Na klar... Metrala. Sie war an allem Schuld. Deshalb hatte sie auch ihre Tasche plötzlich wieder dabei. Sie hatte ihre Tochter getötet. Félicitas. Der Name war ihr zwar spontan eingefallen, gehörte aber schon immer zu ihren Favoriten.
Sie musste so schnell wie möglich wieder zurück in die andere Welt. Sie musste Jack und Metrala finden, Julien für alles büßen lassen und diesen Wahnsinn  für alle Male beenden.

„Du Idiot! Du hast versagt, Julien!", Metrala fauchte ihn förmlich an, strafte den Franzosen zusätzlich noch mit ihren Blicken. Nachdem Captain Jack Sparrow Elise aus Versehen in das Wasser gestoßen hatte und Metrala sie aus einer Laune heraus wieder zurückgeschickt hatte, war JUlien geflüchtet und stand nun wieder neben ihr unter der Palme, wo sie sich das erste Mal begegnet waren.
„Was kann ich dafür, dass er Elise wieder zurückgebracht hat?"
„Du hättest ihn aus einem Hinterhalt heraus angreifen müssen! Aber nein, du gehst von vorne auf ihn los und greifst ihn an, sodass er sich wehren kann! Du bist ein Nichtsnutz, Julien. Ich hätte mich nicht auf dich einlassen sollen. Alles muss man selber erledigen!"
„Metrala, bitte, gib mir noch eine Chance! Wenn ich es doch noch schaffen sollte, dann schickst du mich zurück nach Hause zu Elise und meinem Kind."
Die Angesprochene lachte böse und kalt auf.
„Oh, Julien... du dummer, kleiner Julien Mathieu... Elise verliert ihre Erinnerung nicht, wenn ich es nicht will. Und was das Kind angeht, deine süße Tochter, wird das Licht der Welt nie erblicken."
„WAS... Was hast du getan?", Wut kochte in Julien hoch.
„Ich? Sparrow hat deine Freundin erneut in Zeit und Ort reisen lassen. Glaubst du etwa, solch eine riskante Situation überlebt ein winziges Wesen wie deine Tochter?"
„Du hast mein Kind getötet?! Metrala, ich schwöre dir... wenn das ein Scherz ist..."
„Zu diesem Thema mache ich keine Scherze", unterbrach sie ihn und seiner Kehle entwich ein animalisches Knurren.
„Du Nutte!", er sprang auf sie zu und wollte gerade auf sie einschlagen, als sie sich vor seinen Augen in Luft auflöste und hinter ihm wieder auftauchte.
„Oh, Julien...", sie schüttelte tadelnd den Kopf, „Ich zeige mich den Leuten, wann ich es möchte. Nicht, wenn du es willst und versuchst auf mich loszugehen. Töte Sparrow und wir reden noch ein Mal", dann verschwand sie endgültig und ein neues Feuer loderte in Juliens Augen auf.

Elise hatte auf die acht- bis zwölfwöchige Pause verzichtet , sich Félicitas Urkunde geschnappt und sich gegen den Rat derÄrzte selbst entlassen.
Gerard folgte ihr, als sie mit einem Aufbaupräparat im Gepäck am Hafen durch die große Yachthalle ging und schließlich am Kai ankam, an dem der Homosexuelle sie gefunden hatte.
„Hier haben wir dich gefunden", Gerard deutete auf das Wasser unter ihnen.
„Danke. Würden Sie mich bitte allein lassen?"
„Aber natürlich, Liebes", damit drehte er sich um und entfernte sich, um den hölzernen Elefanten von ‚Machines de l'îles' anzusehen. Elises Blick glitt schnellstmöglich über die Wasseroberfläche. Dann entdeckte sie einen braunen Fleck, vielleicht zehn Meter rechts von ihr. Sie ging darauf zu und tatsächlich - es war ein hölzernes Rettungsboot.
Sie atmete tief durch, dann kletterte sie vorsichtig in die kleine Nussschale hinein.

Metrala, du hast meine Tochter getötet, meinen Partner verdorben und mich von meinem Helden getrennt. Das gibt Rache.

Sie paddelte mit dem Boot einige Meter von der Kaimauer weg und spürte schließlich, wie es sie auf den hölzernen Boden drückte, sie schließlich lag und dann wegdämmerte.

Reddonksboudt of Doom / Ein Pirat im 21. JahrhundertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt