› 5 ‹ Von Vergangenheitsschatten und Aspirin-Tabletten

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wings - hurts

Leyan [22:00]: Alleine schon, weil du nicht geantwortet hast, deutet das darauf hin, dass ich recht habe. Nicht wahr, Engel?

Siran [22:02]: du weißt gar nichts über mich, leyan. und meine vermeintlichen geheimnisse haben dich auch nicht zu interessieren. du bist nur ein fremder aus der straßenbahn

Leyan [22:06]: Engel, ich glaube, das ist dein wunder Punkt. Ich stocher jetzt gar nicht mehr darin rum. Aber eines will ich dir sagen, Siran. Ich will dich kennenlernen. Denn du scheinst verdammter interessant zu sein

Siran [22:09]: über mich gibt es nichts zu wissen. ich bin nur das dumme mädchen ohne eltern. Das war's

Leyan [22:09]: Du bist sicher nicht dumm, Engel. Du kannst nur kein Sudoku

Siran [22:09]: das ist nicht lustig, leyan. lass es einfach sein. vor allem dieses ‚engel‘

Leyan [22:16]: Sorry, Siran. Wirklich. Ich weiß nicht, was bei dir passiert ist. Vielleicht hilft es, es einem Fremden zu erzählen. Es ist nicht so persönlich, nicht von Gesicht zu Gesicht. So ist es leichter, die Schatten der Vergangenheit zu lichten. Nicht jetzt natürlich, Siran. Du vertraust mir kein Stück. So wirst du mir nichts erzählen, ich könnte es ja anderen weiter sagen. Glaub mir, das würde ich nicht. So bin ich nicht. Aber vielleicht verrätst du mir irgendwann mal etwas - und ich dir. Aber bitte, Siran, lass mich dich wieder Engel nennen..

Siran [22:20]: ich kann dir nicht vertrauen, ich weiß, dass es gefährlich ist. du hast dunklere geheimnisse als ich. da bin ich mir sicher. bei mir ist es nur die Vergangenheit, die ich hinter mir gelassen habe. aber bei dir ist es deine gegenwart, dein leben. warum solltest du dich sonst betrinken, um zu vergessen? du steckst noch mittendrin. ich habe abgeschlossen, leyan. Da gibt es auch nichts mehr zu erzählen

Siran [22:22]: aber vielleicht kann ich dein leben erhellen, schließlich bin ich dein engel

Siran [22:22]: gute nacht, ley

Ich schalte mein Handy aus, ich kann nicht auf eine Antwort von ihm warten. Es wäre zu viel.

Keuchend sehe ich auf den schwarzen Bildschirm. Mein Blick wandert zu meinen Fingern, die schneller getippt haben als ich gedacht habe. Sein Engel? Ley? Bin ich eigentlich vollkommen dumm? Ich „kenne“ ihn doch erst seit gestern.

Verwirrt von meinen eigenen Gedanken und Nachrichten lehne ich mich nach hinten an das Sofa. Leyan hat mich tatsächlich davon abgehalten Fernsehen zu schauen, aber, wenn ich ehrlich bin, habe ich auch keine allzu große Lust darauf gehabt.

Mein Magen knurrt und mir fällt auf, dass Leyan mich auch vom Essen abgehalten hat. So kommt es, dass ich um halb elf einen Teller Suppe aufwärme und nebenher an einem halbfertigen Sudoku aus der Fernsehzeitschrift rumrätsele. Meine Tante hat eindeutig zu viel davon.

Das Sudoku geht doppelt so schnell wie das andere, macht aber auch nur halb so viel Spaß, und meine Suppe ist fast schon wieder kalt, als ich die letzte Zahl in ein Kästchen schreibe. Schnell löffele ich die letzten Reste aus, putze mir die Zähne und lege mich auf das Sofa.

Mein Blick fällt auf mein Handy und ich unterdrücke das Verlangen, es anzuschalten. Leyans Nachrichten können warten. Sie müssen warten.

‹.•°•.›

Als ich aufwache, scheinen schon die Sonnenstrahlen durch das Fenster, das Licht ist ausgeschaltet. Wahrscheinlich hat meine Tante es gemacht als sie wiederkam.

Absturznächte [abgebrochen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt