my little secret - citizen soldier
»Siran«, höre ich Wala hinter mir rufen und drehe mich nochmal um. Meine beste Freundin kommt durch den strömenden Regen angerannt, eine Hand an ihrem pinkgemusterten Schirm, eine an ihrem Kopftuch, als würde es ihr jeden Moment vom Kopf fliegen.
»'Tschuldigung, dass ich so spät bin, ich bin erstmal ohne Regenschirm raus und als ich dann einen hatte, meinte mein kleiner Bruder, dass es sicher toll wäre, jetzt noch die Treppen runterzufallen«, keucht sie, als sie neben mir ankommt und sich die Seite hält. »Aber er hat es überlebt. Du hättest ihn nur heulen hören sollen, das ist echt unerträglich.«
Ohne ihr eine Antwort zu geben setze ich mich wieder in Bewegung, damit wir nicht zu spät in die Schule kommen. Auf Stress mit meinen Lehrern habe ich echt keine Lust.
Meine Haare hängen mir inzwischen nass ins Gesicht, trotz des Schirms, der sich über meinen Kopf spannt und mich vor dem Regen retten soll. Angewidert ziehe ich die Nase hoch, als ich einigen Regenwürmern auf dem Gehweg ausweiche.
Wala läuft, immer noch etwas außer Atem, neben mit her. »Und, was ist alles noch so zwischen dir und deinem Ley gelaufen am Samstag?«, fragt sie augenbrauenwackelnd und stößt mich mit einem Ellenbogen in die Seite.
»Da läuft gar nichts, bitte Wala«, seufze ich. »Können wir das bitte in der Pause klären? Da ist Julie auch dabei.« Es tut mir leid, dass ich so unhöflich bin, aber irgendwie mag ich ihr nicht so recht von Leyan erzählen.
»Wenn du das so meinst … aber klar, Julie will sicher auch alles wissen«, sagt Wala. »Und jetzt los, husch husch, ich will nicht komplett durchnässt in der Schule ankommen.«
Ich schüttel lachend den Kopf und hechte meiner besten Freundin hinterher, als sie einen Zahn zulegt.
‹.•°•.›
Da Wala unbedingt von Samstagabend erzählen will, übernimmt sie den Part, an dem sie noch mit dabei war, während ich stellenweise ergänze. Julie hört währenddessen aufmerksam zu und stellt keine Fragen.
Erst als wir bei dem Part ankommen, an dem Wala uns verlassen hat, werde ich nervös. Jetzt bin ich dran mit Erzählen.
»Bevor ihr denkt, dass da irgendwas noch gelaufen ist«, beginne ich. »Da war wirklich nichts mehr. Wir sind einfach zu Ley nach Hause und da eigentlich recht schnell schlafen gegangen.«
»Aber doch sicher beide in seinem Bett, oder?«, hakt Wala noch einmal nach und wackelt mit ihren Augenbrauen, was echt dämlich aussieht.
Ich seufze. »Ja … aber das war's dann auch schon. Am Morgen hat uns seine Schwester geweckt, wir haben Essen gemacht und dann musste ich wieder gehen«, erzähle ich den Rest in Kurzform, lasse jedoch bewusst einige Dinge aus. »Margo hat mir am Sonntag eine ziemliche Standpauke gehalten. Ich sollte schließlich spätestens um Mitternacht wieder zuhause sein.«
»Und du bist dir sicher, dass da wirklich nichts mehr gelaufen ist?«, fragt Julie noch einmal hoffnungsvoll nach. Ich weiß, dass meine beiden Freundinnen nur so nach einer Liebesschichte geiern, obwohl Julie selbst gerade eine erlebt. Ihr Freund ist wirklich lieb zu ihr und sorgt sich um sie, wenn es ihr nicht gut geht.
»Nein. Bitte, mir … das ist alles so komisch. Ich fühle mir bei Ley wirklich wohl und all das, aber ich weiß nicht, ob mir das nicht alles zu schnell geht. Wir kennen uns erst seit einer Weile und haben eigentlich nur geschrieben bis jetzt. Und dann schlafe ich nach der Party gleich bei ihm. Das, das verwirrt mich alles so.«
Meine Freundinnen sind leise, das ist selten. In die Stille hinein beschließe ich, dass ich ihnen noch mehr erzählen möchte. »Da ist etwas. Leyan weiß etwas, das er gar nicht wissen dürfte. Er kann es nicht wissen. Und das macht mir Angst. Deswegen weiß ich nicht, was ich machen soll.«
DU LIEST GERADE
Absturznächte [abgebrochen]
Teen Fiction[ Und jeden Abend habe ich Angst, dass du nicht bei mir sein wirst ] Beginn: 11.08.2020 Ende/abgebrochen: 05.01.2021 Cover by @ariethene © all rights reserved