Prolog

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Der kalte Wind wehte das nasse Laub umher. Das Mädchen genoss, wie der Regen seine zarte Wange entlang floss. Sie genoss die Ruhe, die ihr keiner nehmen konnte.

„Hier bist du. Ich habe dich überall gesucht.". Eine ältere Dame näherte sich, doch das Mädchen fokussierte seinen Blick weiterhin auf das umherfliegende Laub. „Viola?". Die Angesprochene drehte sich um und betrachtete ihre Mutter: „Tut mir leid, Mama. Ich weiß nicht weshalb mich dieser Ort ständig in den Bann zieht.". „Um dir eine Erkältung einzufangen, bist du hier genau richtig. Komm mit, ich mache uns eine heiße Schokolade.", warmherzig lächelte ihre Mutter. Das braunhaarige Mädchen stand auf: „Du bist die Beste.". „Das weiß ich doch.".

Zuhause angekommen ging ihre Mutter direkt in die Küche, während Viola in aller Ruhe aus ihren Schuhen schlüpfte. Der Korridor war ungewöhnlich groß und geräumig. Pflanzen schmückten jede Ecke, während ein weißer Teppich den Raum wärmer wirken ließ. Alle Räume waren weiß gestrichen und mit einem einfachen Laminatboden ausgelegt.

„Da ist ja mein Schatz!", ein älterer Herr ging auf das Mädchen zu und öffnete seine Arme. Wie als wäre es sein Stichwort, rannte es in diese hinein: „Papa, trinkst du eine heiße Schokolade mit uns?". Ihr Vater senkte seinen Blick und löste sich von dem gerade mal 12-Jährigen Mädchen: „Tut mir leid, aber ich muss leider noch etwas erledigen.". Sie zog ihre Mundwinkel herunter. Viola hörte ihre Mutter in der Küche seufzen: „Wo willst du denn jetzt wieder hin?". „Emilia, Schatz. Ich muss nur kurz hinausfahren. Es wird nicht lange dauern.". „Pass auf dich auf.", hallte es aus der Küche. Ihr Vater zögerte zu antworten: „Werde ich.". Deprimiert schaute er zu seiner Tochter hinab und begann zu flüstern: „Ich möchte, dass du auf dich aufpasst. Lass dich bitte nicht unterkriegen, egal was passieren sollte. Du bist ein tolles Mädchen, mein Mädchen.". Mit größter Kraft versuchte dieser, seine Tränen zurückzuhalten. „Papa, du machst mir Ang-". „Pscht.", sanft strich er ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Mit einem Kuss auf ihrer Stirn wandte er sich ab und krallte sich seine Jacke. Das Mädchen beobachtete, wie sein Vater die Tür langsam ins Schloss fallen ließ.

*

Die Sonnenstrahlen kitzelten das Mädchen am kommenden Morgen wach, da ihre Mutter am Vorabend vergessen hatte die Vorhänge zuzuziehen. Sie richtete sich auf, streckte sich kurz und stand letztlich auf. Als das braunhaarige Mädchen ihre Zimmertür öffnete, hörte diese ihre Mutter fluchen. Behutsam lief Viola die Treppen herunter und nährte sich der Küche: „Mama, was ist los?". Erschrocken drehte sich die ältere Dame um: „Oh Schatz, habe ich dich geweckt?". Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Möchtest du etwas frühstücken?". „Mama, du weichst meiner Frage aus. Was ist los?". Bekümmert senkte ihre Mutter ihren Blick und legte das Geschirrtuch nieder, mit dem sie noch eben umherliegendes Geschirr eingeordnet hatte. „Dein Vater ist gestern Abend nicht mehr nachhause gekommen. Ich möchte gar nicht wissen, in welchen Ecken er sich wieder herumtreibt.". Viola stand nur da und sagte nichts. „Er kommt bestimmt gleich. Also was möchtest du essen?". „Mama?", besorgt schaute das Mädchen zu seiner Mutter auf. „Nein. Müsli oder Brot?". Es war kaum zu übersehen, wie überfordert die ältere Dame mit dieser Situation war. „Jetzt hör mir doch zu, es wird schon alles gut se-". doch weiter kam Viola nicht zu Wort, denn ihre Mutter unterbrach sie: „Oder soll ich dir Pfannenkuchen machen?". „Es reicht Mama!". Und mit einem Ruck wurde es so still, dass man den Aufprall einer Stecknadel hätte hören können.

Gerade als Viola ein weiteres Mal zu Wort kommen wollte, klingelte es an der Haustür. Beide verharrten für einige Sekunden: „Wer kommt denn um diese Uhrzeit?". „Das werden wir jetzt herausfinden.", sagte ihre Mutter, während sie zur Tür lief. Vorsichtig übte diese Druck auf die Türklinke aus und zog sie zu sich. Doch mit den Personen die vor ihrer Tür standen, hatte sie am wenigsten gerechnet.

„Frau Divonella?", fragte einer der zwei Herren in Uniformen. Viola lehnte sich gegen den Rahmen der Küchentür und beobachtete das Geschehen still. „Ja, die bin ich.". „Es tut uns unbeschreiblich leid, ihr Ehemann ist gestern Abend bei einem verehrenden Unfall lebensgefährlich verletzt worden.". Die Dame weitete ihre Augen; „Das muss ein Missverständnis sein, dass kann nicht sein.". „Wir haben das Kennzeichen des Autos mit unserer Datenbank verglichen. Es wurde mit dem Familiennamen Divonella angemeldet. Es tut uns leid.".

„Nein...", durcheinander fiel ihre Mutter auf die Knie und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Wenn man ein Herz brechen hören könnte, wäre das Trommelfell der Anwesenden geplatzt. Doch mit einem Ruck richtete sie sich erneut auf: „Oh Dio, Viola!". Sofort drehte sich die ältere Dame um. Dort stand das Mädchen, geziert von einem verstörten Gesichtsausdruck und tränenden Augen. Es dauerte keine Sekunde bis ihre Mutter sie tief in die Arme schloss; „Es wird alles gut.".  


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