Kapitel 11

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Die Wolken verfärbten sich, so als würde jemand im Himmel schwarze Farbe in sie hineingießen. Der Regen häufte sich, so als würde die Farbe in riesigen Mengen überlaufen.
Ihre Kleidung wies bereits das überschüssige Wasser ab, da sie mehr als nass war.

Schritt für Schritt lief sie nach Hause, von Gedanken umzingelt. Es ist Falsch, aber aus einem Richtigen Grund.
Warum weiht sie mich ein? Wieso gibt sie mir diese zusätzliche Last?
Wieso muss ich mich andauernd mit den Problemen anderer herumschlagen, wenn ich in meinen Ertränke?
Ich habe einen Toten Vater auf den Gewissen, selbst wenn ich es nicht war.
Drei Kinder sind es. Drei.
Drei die nun ohne ihren Vater aufwachsen müssen.

Kopfschüttelnd und enttäuscht über sich selbst, lief sie über die Straße und betrat den Vorgarten. Sie schaute nach oben und versuchte die aufgestauten Tränen in ihren Augen loszuwerden, bevor sie die Tür öffnete. Langsam drehte sie den Schlüssel im Schloss, öffnete die Tür und ging leise hinein. Plötzlich stolperte sie über etwas, dass offensichtlich in den Weg gestellt, aber von ihr nicht gesehen wurde: "Handtücher?", flüsterte sie Fragwürdig vor sich hin.

Durch den Aufprall hörte man jemanden im schnellen Tempo die Treppe hinunter laufen: "Alles Okay bei dir? Ich hab ein-", weiter sprach er nicht, denn er fand Viola auf den Boden, komplett durchnässt, mit einem Handtuch in der Hand vor. Justin musste sich das Grinsen verkneifen. Viola rollte mit den Augen: "Lach ruhig, ich weiß das du es willst.". Genervt stand sie auf und drückte Justin beim vorbeilaufen die Kartoffeln in die Arme. "Ey.", rief er.
Sie blieb stehen: "Was ist?".
"Beeil dich, du machst den Boden nass."
Atmen.

Mittlerweile war es bereits dunkel draußen.
Nachdem sie sich geduscht hatte und nun warme und trockene Kleidung trug ging sie hinunter in die Küche. "Tina, es riecht zauberhaft hier.", Viola grinste und setzte sich auf einen Stuhl. Tina drehte sich zu ihr: "Danke Schätzchen!". Sie war komplett zufrieden, sie hatte ihren Sohn wieder. Auch Justin ließ sich auf einen Stuhl neben Viola nieder. Tina servierte das Essen und setzte sich ebenfalls hin. "Ich bin froh, dass du wieder hier bist.", sie nahm die Hand ihres Sohnes. "Es tut mir leid Mom.".
Hat er sich gerade wirklich entschuldigt?

Sie nickte: "Ist schon okay, mein Schatz.". Man merkte, wie wichtig sie ihm war. Doch gerade als sie anfangen wollten zu essen, klingelte es an der Tür. Sie wechselten Blicke hin und her, fragend wer es wohl sein könnte. Letztlich stand Justin auf: "Ist wohl einer meiner Freunde, ich geh schon.". Tina zuckte mit den Schultern, während Viola innerlich verkrampfte. Und es kam wie befürchtet. Er kam wieder.

"Viola? Ehm.. es ist für dich.", seine Stimme klang so, als hätte er etwas erschreckendes gesehen. Langsam legte sie ihr Besteck nieder und ging in den Flur. Sie weitete ihre Augen als sie Leonie da stehen sah, mit blutverschmierten Händen und roten Flecken auf ihrer Kleidung. Viola fiel auf, dass Justin anfing, Tina abzulenken.
Macht er das meinet wegen?

Sie traute sich kaum bis zur Türschwelle: "Was ist passiert...?". Leonie schaute paranoid in ihr Haus: "Komm raus, ich erklär' es dir.". "Verdammt du kannst doch nicht mit all diesem Blut umherlaufen?!". Schnell holte Viola einer ihrer Jacken und warf sie Leonie zu. Sie zog sich die Jacke über und verstaute ihre Hände in den Taschen. Viola nahm ihren Schlüssel und zog die Tür hinter sich ins Schloss.

Ihre Hände zitterten: "Was hast du angestellt?". Leonie schaute beschämend auf den Boden: "Ich habe mich mit ihm getroffen. Viola, ich hatte keine Wahl, er hat mich gezwungen...". "Was? Zu WAS hat er dich gezwungen?!", langsam verlor sie alles, was sie am Boden hielt. "Krieg dich wieder ein, red' nicht laut, bitte. Nun Ja, als ich da war, war erst keiner zusehen. Doch dann überraschte der Typ mich von hinten und zog mir eine Tüte über den Kopf. Ich konnte nichts mehr sehen. Wir sind ungefähr 10 Minuten gefahren.". "Wohin gefahren?". "Eine Scheune, alt, abgelegen."

Viola fasste sich an die Stirn und zog einige kleine Runden: "Und woher kommt das Blut? Musstest du Schweine abschlachten oder was?". "Er wollten das ich jemanden zusammen schlage, bis er Informationen preisgibt.". Plötzlich blieb Viola stehen und blickte ihr direkt in die Augen: "Du hast Informationen aus jemandem heraus geprügelt?!". Doch Leonie schaute ihr nicht in die Augen: "Sie haben mir mit der Polizei gedroht, wenn ich es nicht tue. Versteh es doch bitte.". "Sie?", fragte Viola. "Es sind mehrere.". Viola atmete beunruhigt auf: "Bist du jetzt fertig mit denen? Lassen die dich in Ruhe?". Sie schüttelte den Kopf. "Wie bitte? Sollst du jetzt ihr Schoßhündchen spielen?". "Er kontaktiert mich, wenn ich das nächste mal etwas tun soll, dieser Typ hat mich in der Hand.".

"Verdammt Leonie, wie viele Menschen müssen noch verletzt werden?! Das ist doch krank!". Gerade als sie weiter schimpfen wollte, öffnete Justin die Tür: "Ist alles Okay hier?". Viola schaute erst zu Justin, dann enttäuscht zu Leonie: "Sie wollte gerade gehen, nicht wahr?". Leonie schaute Viola Verständnislos an und verweilte einige Sekunden, bis sie sich wieder fassen konnte: "Ja, genau das wollte ich gerade tun.". Sie schaute Justin an.
So drehte sie sich um und verschwand in der tiefschwarzen Nacht. Ein kalter Schauer lief Viola über den Rücken.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren ging sie an Justin vorbei, rannte die Treppen hinauf und schloss die Tür ihres Zimmer. Es ging nicht mehr, sie konnte ihre Tränen nicht mehr zurück halten. Doch es dauerte nicht lang bis Justin an ihrer Tür klopfte.

"Nein. Geh weg.", sie versuchte sich zu fassen, um ihre Stimme nicht ungewöhnlich klingen zu lassen.
"Viola, lass mich rein.", sagte er sanft und ruhig. "Nein. Ich will alleine sein.".
"Komm lass mich rein. Erzähl mir was los ist. Lass es raus. Du kannst nicht ewig alles in dich hinein fressen, dass geht böse aus.".
"Nein, jetzt geh. Bitte...". Wohlwissend ließ sie ihre einzige Chance auf Rettung gehen, um Leonie zu decken.
Sie hörte wie er langsam weg ging. Es war kaum zu übersehen, wie sehr sie sich nach jemanden zum Reden sehnte. Doch dieser Zug war in diesem Moment abgefahren.

Viola krampfte sich zusammen und sank vor ihrem Bett. Ihre Hände überdeckten ihr Gesicht. Sie konnte an nichts außer das Leid denken, dass sie verspürte.
Mama, wo bist du?
Mama, ich brauche dich...
Mama, ich kann nicht mehr...
Ich dachte, ich würde langsam klarkommen.
Doch immer wenn ich mich diesen Gedanken nährte, verschlechterte sich meine Verfassung um das doppelte.
Es tut so weh, dich nicht an meiner Seite zu wissen.
Es tut so weh, dich nicht in meiner Nähe zu haben.
Sag mir, wie soll ich weiter machen? Ohne dich ist es ausgangslos.

Viola atmete tief ein und wieder aus: "Und vielleicht ist auch genau das, dass Problem.", murmelte sie vor sich hin und kramte in ihren Unterlagen nach dem Zettel mit der Adresse des alten Hauses. Sie erinnerte sich daran, wie keiner ihrer Recherchen Ergebnisse mit sich brachten.
Wo soll ich bloß suchen? Es bringt nichts, als würde man nicht wollen, dass ich herausfinde wem das Haus gehört hatte und was damit geschah.

Aufgebracht zerknüllte sie den Zettel und schmiss ihn auf den Boden. Viola stütze sich mit ihren Händen am Schreibtisch ab und starrte die Wand an.
Ich muss hier raus.
Nicht einmal zwei Sekunden danach krallte sie sich eine Jacke aus ihrem Schrank, schlich sich die Treppen hinunter und verließ das Haus.
Jegliche Sicherrungen die sie vom ausrasten bewahrten, sind durchgebrannt.

Sie lief ziellos durch die Straßen, betrachtete den Sternenhimmel und schwankte umher. Langsam nährte sie sich der Innenstadt und somit auch dem Polizeipräsidium. Ihre Blicke wichen keine Sekunde von dem großen Gebäude ab.
Zu welchem Preis, trage ich mein Schweigen?

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Anzahl der Wörter in diesem Kapitel: 1290 <3

Nachts, alleine auf den Straßen.
Viola ist verwirrter den je. Was passiert wenn sie Leonie verrät? Wie wird sie sich entscheiden?

Justin hatte sie gesehen, mit blutverschmierten Händen. Wie lang kann sie ihn von der Wahrheit fern halten?
Leonie schaute ihn so komisch an, warum?

Sie kommt mit ihrer Suche nicht weiter. Was wenn sie jemanden einweiht, der ihr dabei hilft. Wer denkt ihr, könnte das sein?

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Heyy, hab mich spontan dazu entschlossen, ein kleines Kapitel für zwischendurch hochzuladen.

Ich widme dieses Kapitel leonie_pamela

Danke an alle, ihr seid die besten❤

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