Wenn Ich Mit Dir Kuscheln Muss

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Ich wäge ununterbrochen ab, wie wahrscheinlich es ist, dass mir Joshua tatsächlich etwas weltbewegendes mitteilen möchte, als wir ein wenig später auf dem Weg zur Klinik sind. Offiziell natürlich um Blake zu besuchen.
Ich bin eventuell zu naiv für diese Welt. Was sollte Joshua auch von mir wollen? Sein bester Freund sitzt in Untersuchungshaft und ich bin eine der wenigen, die das Strafmaß erheblich mildern könnte. Oder besser gesagt nicht erhöhen, je nach dem aus welchem Blickwinkel man die Sache betrachtet. Vielleicht will er ein gutes Wort für ihn einlegen, sodass Carter keine Jahre im Knast schmoren muss.
Oder er wird mich eiskalt entführen, in ein dunkles Kellerzimmer sperren, warten bis die Verhandlungen gelaufen sind und mich anschließend völlig verstört freilassen.

Okay, ich glaube meine Fantasie geht mit mir durch. Meine Neugier unglücklicherweise auch, denn ich überlege mir schon die ganze Fahrt über wie ich es am Besten anstelle ohne meine Freunde und vor allem ungesehen auf dem Parkplatz zu bleiben.

Während ich also da sitze und gedankenversunken aus dem linken Fenster des Wagens starre, bekomme ich nicht mit, dass wir schon längst in einer Parklücke stehen und meine Freunde ungeduldig meinen Namen rufen.

„Willst du warten bis er entlassen wir oder was?", ruft Olivia und steckt dabei lässig ihre Hände in die Seitentaschen ihrer Sweatjacke.
Ich mache, dass ich aus dem Auto komme und knalle die Tür zu.

Ich fühle mich elend. Was ich gleich vorhabe grenzt an freundschaftlichen Verrat und würde es Punkte in Flensburg für Unehrlichkeit geben, könnte ich mein Konto in den nächsten drei Minuten voll machen. Ich reiße mich dennoch zusammen und kratze mein letztes Fünkchen schauspielerischen Könnens zusammen, um eine möglichst traurige und gestresste Miene aufzusetzen.

„Leute, könnt ihr mich bitte ein paar Minuten alleine lassen? Ich muss mich ganz kurz sammeln, bevor ich da rein gehe und diesen Arzt sehen muss.", stammle ich leise und so unschuldig wie möglich und schiebe anschließend noch ein „es dauert auch nur ganz kurz" hinterher.

Während ich teils misstrauische und besorgt gemustert werde, würde ich aus Scham am liebsten im Boden versinken. Oder in dem riesigen, roten Container. Ich möchte meine Freunde nicht anlügen müssen, verdammt, hoffentlich lohnt sich die Sache und Joshua ist wirklich hier.

„Okay gut, wenn du das alleine schaffst?", meint Harper und nickt Henry und Olivia aufmunternd zu. „Bis gleich."

Ich presse die Lippen entschlossen aufeinander und warte, bis die drei durch den großen Eingang verschwunden sind, sodass ich mich völlig unbeobachtet fühlen kann. Jetzt heißt es schnell sein.

Ich drehe mich um und beginne durch die Reihe parkender Autos zu hechten, immer auf der Suche nach einem weißen BMW, den ich nur all zu gut kenne. Es scheint geradezu aussichtslos auf dem riesigen Gelände, doch dann plötzlich entdecke ich die getönten Scheiben des Wagens und biege in einen kleinen Weg ein, bis ich ihn erreicht habe.

Ich reiße die Beifahrertür auf und lasse mich blitzschnell auf den grauen Ledersitz fallen. Geschmack hat Carter ja. Verächtlich mustere ich das, was ich in der Vergangenheit schon so oft gesehen habe. An holzverkleideten Armaturen, vielen Knöpfen, von denen ich generell keine Ahnung habe, und Leuchten über dem Handschuhfach wurde hier nicht gespart. Eine edle Karre in der ich da sitze. Allem Anschein nach hat Carter sie besser und rücksichtsvoller behandelt als sein Umfeld.

„Gott Camilla ich bin so froh das du gekommen bist!", reißt mich Joshua vom Beifahrersitz aus meinen Beobachtungen. Stimmt. Ihn hatte ich kurzzeitig völlig vergessen, weshalb ich augenblicklich eine finstere Miene aufsetze. Er soll bloß nicht denken, ich hätte das gerne gemacht.

„Hör mal Joshua, wenn du mir irgendwie reinreden willst was meine Aussage angeht, kann ich die schon mal sagen, dass du da an der falschen Adresse bist. Ich sage was ich will und da hilft auch dein bemitleidenswerter Blick nicht." Ich möchte von Anfang an klar stellen was läuft, wobei mir Joshuas Gesichtsausdruck gar nicht gefällt. Ich bemerke eine blaue Stelle unter seinem rechten Auge und frage mich wer ihm dort eine verpasst hat.