Wenn Ich Mit Dir Kuscheln Muss

~ 30 ~

Für mich bleibt die Zeit stehen. Ich kriege nur am Rande mit, wie der Lärm von der Autobahn in mein Ohr dringt, wie der Truckerfahrer seine Energydrink Dose zerquetscht und in eine grüne Mülltonne kloppt und selbst die wenigen Regentropfen nehme ich nur abgeschwächt auf meiner tauben Haut wahr.

Ein unbeschreibliches Gefühl macht sich währenddessen in mir breit. Ein Gefühl als könnte jetzt endlich alles gut werden, ein Gefühl, als wäre ich ein Teenager, der zum ersten Mal verliebt ist. Ich habe ein Kribbeln im Bauch, das sich über meine Brust, meine Beine und Arme ausbreitet und ein schauriges Zittern verursacht. Und das, obwohl mir Blake gegenüber steht und nicht so aussieht als würde er mich in den nächsten Minuten eine Liebeserklärung machen wollen.

Er sieht allerdings auch nicht so aus, als würde er rumschreien...oder heulen. Er sieht entschlossen aus und doch ringt er mit sich. Sollte ich was sagen?

„Weißt du Camilla, du machst es mir nicht einfach.", beginnt er. Blake muss ganz schön schreien, um die Lautstärke zu übertönen. Sein Wagen zwischen uns schafft Distanz. Ich habe das Gefühl, dass jeder für sich ist und das ist gut so. Es ermöglicht mir einen klareren Kopf, als wenn er direkt vor mir stehen und unsere Körper sich fast berühren würden. Trotzdem läuft mir ein schleichender Schauer über den Rücken, weil ich mich bemühe seinem intensiv fordernden Blick stand zu halten.

„Was meinst du?", erwidere ich schließlich genauso laut. Mittlerweile ist die Luft extrem heruntergekühlt und neben den Regentropfen streicht immer wieder ein kalter Wind durch meine Haare. Weil ich nur Shorts und ein Top trage, bekomme ich Gänsehaut am ganzen Körper.

„Wir kennen uns schon ewig - das ist mir klar, aber die Dinge haben sich verändert. Vor allem in den letzten Tagen." Letzteres sagt er eher zu sich selbst als zu mir.

„Ich weiß einfach nicht wohin mit mir wenn du vor mir stehst. Du bist abartig süß und ich liebe es wenn du lachst und eigentlich lebst du so unbeschwert, aber ich kann es kaum ertragen wenn Arschlöcher wie Carter tun und lassen was sie wollen. Wenn ich daran denke, was andere Typen, die nicht ich sind, mit dir anstellen ist es, als würde jemand mein Herz einmal komplett rumdrehen und im Schleudergang durch eine kaputte Waschmaschine laufen lassen und zum Trocknen an den düstersten Ort der Welt hängen."

Blake atmet tief durch und streicht sich wieder mit einer Hand über seine Brust. Über seine sehr muskulöse Brust. Er sieht so fertig aus, dass mein Herz förmlich zerreißt, während ich mir das anhöre. Ich bin immer nur davon ausgegangen, dass es ihm nichts ausmacht, was um uns herum passiert. Blake war für mich da und hat mir ein sicheres Gefühl gegeben. Ich habe mich getäuscht als ich dachte, dass es für ihn nicht genauso grausam ist.

„Ich..." Mehr kriege ich nicht raus, so überwältigt wie ich mich im Augenblick fühle. Es kommt wir vor wie in einem kitschigen Hollywoodfilm, als vor Rührung auch noch einzelne Tränen über meine Wange schleichen. Nur die Geigenmusik im Hintergrund fehlt. Stattdessen bekommen wir Motorengeräusche, Wind und Regen.

„Stop Süße, ich muss das jetzt los werden. Wenn du reden willst musst du dir einen anderen Parkplatz suchen."

Ich nicke machtlos.

„Ich komme nicht damit klar, dass ich mich jeden Tag fragen muss, ob es eine Zukunft für uns beide gibt. Denn wenn es irgendwann vorbei ist weiß ich nicht wie ich mein Leben ohne dich hinkriegen soll. Verdammt ich weiß ja noch nicht mal ob überhaupt schon was von dem, was ich mir mit dir wünsche, angefangen hat."

„Ich will nicht dass es irgendwann vorbei ist.", rufe ich verzweifelt, während sich ein dicker Kloß in meinem Hals bildet. Mein Herz schlägt wahnsinnig schnell gegen meine Brust und immer wieder spannt sich meine Bauchdecke automatisch an. Alles, was ich die letzten Jahre verdrängt habe, meine Gefühle für Blake, das, was ich an ihm mag und liebe überkommt mich gleichzeitig. Ich schlucke weitere Tränen hinunter und reiße mich zusammen.