Wenn Ich Mit Dir Kuscheln Muss

~ 24 ~

Irgendwann halte ich es nicht mehr aus. Irgendwann wird mir sein durchdringender Blick und die zum Zerreißen gespannt Stille zu viel. Seit bestimmt zehn Minuten sieht Blake mich einfach nur an, während ich auf dem Holzstuhl neben seinem Bett trotz klopfendem Herzen tausend Tode sterbe und schüchtern meine Hände knete.

Ich male mir aus was er gerade denkt, versuche zu deuten was in seinem heil gebliebenen Köpfchen vorgeht, doch nichts scheint zu seinem Blick zu passen, der seit meine Freunde das Zimmer verlassen haben pausenlos an mir haftet. Er ist nichts sagend, weder traurig, noch fröhlich, noch schmerzverzerrt und auch nicht enttäuscht.

„Sag bitte irgendwas.", flüstere ich schließlich hilflos und senke meinen Blick zu Boden. Ich kann es mir im letzten Moment verkneifen Blakes Finger, die auf der Matratze neben seinem demolierten Körper liegen, mit meinen zu verschränken, deshalb schiebe ich meine Hände ungeduldig unter den kurzen Rock und warte voller geheuchelter Selbstbeherrschung.

„Was glaubst du", beginnt er endlich mit leiser und sanfter, aber gleichzeitig sicheren Stimme. „Wer von uns beiden sieht schlimmer aus?"

Bitte was?!

Verwirrt blinzle ich und reiße danach die Augen auf. „Was?!", frage ich Blake ungläubig. „Was hast du gerade gefragt?" Ich muss mich verhört haben.

„Ich habe nur gefragt wer von uns beiden wohl schlimmer aussieht.", antwortet er ruhig. Ein Schmunzeln schleicht sich aber stockend langsam in sein Gesicht, sodass seine Augen glitzern, während ich ihn immer noch perplex anstarre und meine Handflächen gegen das raue Holz meiner Sitzfläche drücke.

Der macht wohl Witze. Da bin ich immer noch damit beschäftigt die vergangenen Stunden zu verarbeiten, in denen ich zuerst betrunken abgeschleppt wurde und dann Todesangst um Blake hatte, weil er beinahe in einem monströsem Feuer erledigt worden wäre, sitze Ewigkeiten in diesem widerwärtigen Gebäude auf unbequemen Stühlen herum, um mich danach von Mister-Misstrauisch anpampen zu lassen, und Blake hat nichts besseres zu tun als sich über mein Aussehen lustig zu machen? Das kann er doch nicht ernst meinen.

„Blake ich finde das nicht lustig. Ich hab mir vielleicht Sorgen gemacht, ich dachte du packst es nicht!", versuche ich deshalb klar zustellen, doch es gelingt mir nur so halb, denn auf einmal wird mir bewusst welchen Anblick ich ihm hier gerade bieten muss.

Meine Haare sind komplett zerwuschelt und zerzaust und an einigen Stellen mit Sicherheit so verknotet, dass ich die nächsten Tage damit verbringen werde meine Haarkur zu verschwenden. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass weder der sorgfältig aufgetragene Mascara, noch mein grauer Lidschatten annähernd dort in meinem Gesicht sitzen wo sie sollen und von meinem verrutschten und für diese Situation völlig unangebrachtes Outfit will ich gar nicht erst anfangen. Beschämt streiche ich mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr und schiebe meinen Rock drei Zentimeter weiter über meine Schenkel in Richtung Knie.

Blakes Gesichtsausdruck wird plötzlich wieder ernst. „Du musst dir keine Sorgen machen.", versucht er mich zu beruhigen, doch ich fahre dazwischen.

„Doch! Muss ich! Schau dich mal an. Du hast Verbrennungen dritten Grades und nicht zwingend den stabilsten Kreislauf!" Energisch stehe ich auf und raufe die Hände über meinem Kopf zusammen. Wie kann er nur so ruhig bleiben?! Ehe Blake dazu kommt ein nächstes Mal zum Sprechen anzusetzen, fahre ich fort. „Und ich bin auch noch schuld. Nur weil ich nicht von diesem Widerling Carter losgekommen bin, liegst du jetzt hier, Jill ist verletzt und Harper und Olivia sind völlig fertig. Ihr seid echt besser ohne mich dran."

Die letzten Worte sind mehr ein Hauchen, als ein Schreien, was dazu führt, dass sich eine kleine, salzige Träne aus meinem Augenwinkel löst, von meinen Fingerspitzen allerdings gleich darauf wieder weggewischt wird.