Kapitel 13

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Selena

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Selena

Sprachlos stehe ich in meiner Einfahrt und schaue ihm zu, wie er die schlecht beleuchtete Straße herunter läuft, bis er schließlich im Dunkeln untergeht. Mein Herz pocht immer noch schnell, doch allmählich mischt sich ein seltsames Gefühl unter die Aufregung. Was sollte das denn? Hatte ich allen Ernstes geglaubt, er wolle mich küssen? Und warum hätte ich das einfach zugelassen?
So bin ich doch eigentlich überhaupt nicht. Es ist weder meine Art, die halbe Nacht unterwegs zu sein, geschweige denn mit einem Kerl, denn ich im Prinzip gar nicht kenne, noch lasse ich mich einfach so um den Finger wickeln. Kopfschüttelnd wühle ich meinen Schlüssel aus der Tasche. Ich soll mich von ihm fernhalten? Was sollte das denn bitte heißen? Aber ja, gerne. Das kann er haben. Vielleicht ist ja doch etwas Wahres an all den seltsamen Gerüchten über ihn.
Während meine Gedanken weiterhin um Killian kreisen, schließe ich auf und trete in den dunklen Flur. Da alles  ruhig ist, gehe ich davon aus, dass mein Dad wie erwartet nicht nach Hause gekommen ist. Also schalte ich das Licht ein und gehe die Treppe nach oben in mein Zimmer. Obwohl es weit nach Mitternacht ist, bin ich viel zu aufgewühlt, um zu schlafen. Immer wieder wiederholen sich die einzelnen Szenarien aus dieser Nacht. Um so öfter sich alles in meinem Kopf nachspielt, desto verwirrter fühle ich mich.

Ich war so stolz auf mich, auf den Mut den ich bewiesen habe, einfach etwas zu wagen. Ich habe mich wirklich gut gefühlt. Vor allem in Killians Gesellschaft. Es war direkt vertraut zwischen uns, als wären wir alte Freunde, die sich lange nicht mehr gesehen haben. Er strahlt etwas aus, das Gefühl von Unabhängigkeit, Freiheit. Das hat mir sofort irgendwie imponiert. Und trotzdem war er immer bedacht, nicht zu viel von sich selbst preiszugeben.
Als würde er sich immer in Nebel hüllen.
Wahrscheinlich hat mich das alles einfach mitgerissen.
Vielleicht wollte ich ein Teil davon sein, wenigstens für einen Moment. Unabhängig, rebellisch, und jetzt habe ich mich wohl nur bodenlos blamiert.

Frustriert vergrabe ich mein Gesicht im Kissen.
Zu alledem ergeben Killians Worte für mich keinen Sinn. Ich begreife es nicht.  Ist er gefährlich? Vielleicht ist er tatsächlich wegen seines langen Vorstrafenregisters hier her gezogen. Aber er hatte nicht den Eindruck erweckt, gewalttätig oder kriminell zu sein.
Ich verstehe einfach nicht, was er mir sagen wollte. Und was ich am wenigsten verstehe, sind meine Gefühle, die wegen ihm gerade völlig verrückt spielen.

Weil ich viel zu lange geschlafen habe, muss ich mich richtig beeilen, um alles, was ich mir vorgenommen hatte, noch zu erledigen. Übermüdet hetze ich durch die Wohnung. Bevor mein Dad nach Hause kommt, will ich gewischt und das Haus gesaugt haben. Auch die Wäsche sollte besser bereits erledigt sein. Zuletzt will ich noch eine Kleinigkeit kochen. Man kann sich nie sicher sein, in welchem Zustand und mit welcher Laune er Samstags zurück kommt. Da will ich hier unten alles fertig haben.
  Tatsächlich schütte ich grade die Nudeln ins Sieb, als die Haustür aufgeht.

  „Hallo Dad“, rufe ich zögerlich aus der Küche.

  „Hallo“, kommt es brummig aus dem Flur zurück.
Erleichterung macht sich in mir breit. Er klingt nüchtern und relativ gut gelaunt.

  „Du kommst wie gerufen. Ich habe uns Nudeln mit Pesto gemacht.“

Die Tür schwingt weit auf, als Dad lächelnd herein tritt.

  „Ich muss mich erstmal für ein paar Stunden hinlegen. Ich bin echt fertig.“

  „Kein Problem“, antworte ich, „Eigentlich habe ich auch noch keinen großen Hunger. Dann können wir einfach heute Abend gemeinsam essen.“

Kurz tätschelt er mir die Schulter. Etwas, das eine normale Geste darstellen sollte, lässt mich zusammenzucken.

„Was hast du heute noch zu tun?“

  „Nichts. Ich werde oben ein bisschen Lesen.“

Doch dann fällt es mir ein. Ich habe mein Fahrrad am Pier stehen gelassen.
Natürlich werde ich Dad nicht erzählen, dass ich gestern Nacht aus war, aber mein Rad muss ich auf jeden Fall holen. Sonst müsste ich am Montag in die Schule laufen.
Außerdem habe ich Angst, dass es mir am Hafen unten noch geklaut wird.

  „Ach und vielleicht gehe ich ein wenig spazieren oder so. Das Wetter ist ja ganz okay“, füge ich meinem letzten Satz noch schnell hinzu.

Da ist Dad aber bereits aus der Tür marschiert, um sich oben hinzulegen.
Ich warte eine Weile bis ich vermute, dass er schläft. Leise schleiche ich an seiner Schlafzimmertüre vorbei und lausche. Als mir ein lautes Schnarchen entgegenschallt, ist das mein Zeichen.
Schnell schlüpfe ich aus der Jogginghose in die Jeans, streife meinen Mantel über und mache mich auf den Weg.

Tatsächlich ist es für Oktober heute sogar recht mild. Da fällt mir der kleine Spaziergang gar nicht so schwer.
Leider weckt er allerdings auch die Erinnerung an gestern, obwohl ich mich vehement weigere wieder darüber nachzudenken. Es ärgert mich, dass sich meine Gedanken schon wieder um Killian drehen. Schließlich hat er keinerlei Interesse an mir. Das hat er gestern deutlich gemacht. Und eigentlich ist er auch gar nicht mein Typ. Denn auch wenn er rein optisch gesehen wohl alles verkörpert, was ich eine Frau wünscht, macht so ein Kerl eben doch nur Probleme. Und  Probleme habe ich auch ohne Freund mehr wie genug.
Während ich also weiterhin jegliche Überlegung in dieser Richtung aus meinem Kopf verbanne, erreiche ich sie Anlegestelle.
Samstag nachmittags ist hier kaum etwas los. Nur ein paar Arbeiter und Matrosen, die sich an den Buden etwas zu Essen holen und vereinzelte Paare, die wohl auch das schöne Wetter ausnutzen, sind unterwegs.
Gerade möchte ich das Schloss aufschließen, als ich angesprochen werde.

„Ach hallo, schöne Frau.“

Erschrocken blicke ich auf.

„Regnar? Hey! Killian sagte, dass du gestern schnell weg musstest. Ich hoffe, es ist alles in Ordnung bei dir“, erkundige ich mich.

   „Ja, ähm… mein derzeitiger Mitbewohner hat sich ausgesperrt. Alles okay. Aber hey, hast du vielleicht Zeit und Lust das Bierchen jetzt mit mir nachzuholen?“

Ich trinke ja eigentlich nicht und ganz davon abgesehen wäre es mir für Alkohol so oder so viel zu früh. Allerdings hätte ich durchaus Zeit, bis zum Abendessen. Eine Cola könnte ich also trinken.

„Na komm schon, ich beiße auch ganz bestimmt nicht“, lacht er, während er mit dem Kopf in Richtung Reiner's deutet.

Wenn er so breit lächelt und seine weißen und kerzengeraden Zähne zeigt, bilden sich kleine Fältchen um seine Augen und lassen ihn ein wenig verschmitzt wirken.

„Du bist natürlich eingeladen „, fügt er augenzwinkernd hinzu.

Eigentlich hat er mich schon überzeugt.

„Ja, gerne“ höre ich mich selbst sagen, während Killians seltsame Warnung in meinem Kopf widerhallt.

„Halte dich von Regnar und mir fern?“, jetzt klingt dieser Satz sogar richtig lächerlich.

Ich weiß natürlich nicht, was er für ein Problem mit sich selbst hat, aber an Regnar kann ich nichts Gefährliches erkennen. Ganz im Gegenteil ich finde ihn ziemlich sympathisch.

Zusammen laufen wir über die Holzplanken zum Reiners. Bereits von draußen hören wir die Musik. Es scheint ganz schön was los zu sein. Wahrscheinlich haben heute mehrere Schiffe angelegt. Dann vertreiben sich die Matrosen hier ganz gerne die Zeit.

„Ladies first“, sagt Regnar, wobei er mir die knarrende Tür aufhält.

In der Kneipe ist es so stickig, dass der Zigaretten Qualm sogar in den Augen brennt. Die Tische sind fast alle besetzt. Ich hatte Recht, der Laden ist voll. Von überall hört man Gelächter, Gerede und klirrende Gläser. Nur Karl scheint wie immer die Ruhe in Person zu sein.

  „Such du uns mal einen Platz. Ich bin gleich da, ja?“, rufe ich Regnar zu, bevor ich an die Bar gehe, um mit Karl zu sprechen.

Mein Vater hat immerhin noch eine Rechnung offen.

  „Oh Selena, was machst du denn hier? Ist David auch da? Ich habe ihn gar nicht gesehen.“

Verwundert zieht der kleine Mann sie Augenbrauen zusammen und kratz sich am Kopf.

„Nein, ich bin mit einem Freund hier. Wir wollen nur eine Cola trinken und quatschen. Aber ich wollte dich fragen, wie viel Dad dir denn noch schuldet. Das ich heute hier bin war spontan, aber ich kann dir das Geld morgen vorbei bringen.“

Sein Ausdruck bleibt weiterhin fragend.

  „Kindchen, dein Freund hat doch die Rechnung schon bezahlt.“

Jetzt bin ich diejenige, die verwundert schaut.

  „Welcher Freund denn? Bist du dir da sicher?“, frage ich verständnislos.

  „Ja, der da“, antwortet Karl.

Ich folge seinem Blick zur Tür und entdecke Killian.

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