Der Schrei hallt in meinen Ohren nach, doch wirklich hören tue ich ihn nicht. Kurzzeitig bin ich gelähmt von den Schmerzen, die meinen schwachen Menschenkörper durchziehen. Sie sind so anders als der gewohnte Verwandlungsschmerz.
Erst als die Wehe etwas nachlässt, bemerke ich die auf mir gerichteten Blicke. Alle sehen mich an, aber keiner wagt es sich zu rühren. Erst als meinen Körper die Kraft verlässt, gibt Rosalie mir halt. Sie fängt mich auf und lässt mich so weiter stehen.
Nicht jetzt. Es kann doch nicht jetzt schon so weit sein. Verzweifelt presse ich meine Lippen zusammen. Ich darf nicht schreien. Ich darf nicht schreien.
Tief atme ich ein und aus. Suche mit meinen Augen nach meinem Vater und Edward. Ihre Hände berühren sich nicht mehr. Was hat mein Vater wohl schon alles gesehen?
Immer noch verschleiert mich der Umhang. Die Volturi und die Zeugen können nicht wissen wer geschrien hat. Wenn sie sich aber auf mich konzentrieren, werden sie mein schlagendes Herz hören. Und das könnte Probleme geben.
„Was geht da vor sich?", fragt Caius bissig. Sofort wird es lauter auf ihrer Seite.
Aro hebt seine Hand. „Seid still." Seine Autorität ist unverkennbar.
Neue Schmerzen treten ein – wie kleine, innere Bisse. Sofort keuche ich auf.
Ich halte das nicht lange aus.
Meine Hand sucht den Arm von Rosalie, als ich ihn erfühle greife ich fest zu. „Rosalie.", murmle ich erstickt.
„Spst. Alles wird gut.", flüstert sie mir zu.
„Bitte!", schreie ich ungewollt, als mich eine weiterer Schmerzhafte Wehe durchfährt.
„Carlisle. Ihr ganzer Körper verkrampft. Wir müssen es jetzt tun." Rosalies Stimme mag ruhig klingen, ich aber weiß es besser. Sie ist nervöse, als wäre es ihr eigenes Baby.
„Was geht da vor sich?", fragt Caius erneut. Er klingt noch gereizter. „Sollen wir das Urteil sofort vollstrecken?" Es ist eine Warnung und gleichzeitig eine Frage an meinen Vater. Er gibt die endgültigen Befehle. Niemand sonst.
„Nein, bitte.", keuche ich. Neben mir nehme ich Carlisle war. „Bitte urteilt nicht voreilig." Meine Arme lassen Rosalie los und reißen meine Kapuze aus meinem Gesicht. Schützend lege ich die Arme dann um meinen Bauch. Es ist das einzige, was ich jetzt tun kann. Vielleicht werden sie auf mich hören. Auch wenn sie mich für eine Verräterin halten könnten.
Die Blicke der anderen sind eindeutig. Sie können nicht verstehen, warum ich nicht auf ihrer Seite stehe, sondern auf der von Carlisle. Sie ahnen nicht wieso ich hier bin.
Meine Augen suchen nach Alec. Er rührt sich nicht. Wieso sollte er auch ... ich hatte ihn verlassen. Ohne jegliche Erklärung.
Mein inneres würde sich gerne verkriechen und weinen. Habe ich die richtige Entscheidung getroffen? Wieder schleicht sich ein Schrei von meinen Lippen.
„Wir sollen nicht vorschnell urteilen?", spricht Caius empört. „Ihr steht vor uns, alle Schuld abweisend. Dabei führt ihr diese hier breitwillig vor! Das unsterbliche Kind, die Wölfe - ", jetzt schaut er mich direkt an. „und Ellena, ein Mitglied unseres Clans. Aros Tochter die vor Schmerzen schreit! Was wagt ihr sie zu quälen? Und sie verteidigt euch auch noch?" Seine Stimme hallt über die gesamte Wiese.
Gerade als Carlisle Hände mir Halt geben wollen, ertönt die Stimme meines Vaters. „Wagt es nicht Ellena anzufassen."
„Sie ist freiwillig zu uns gekommen und bat uns um Hilfe.", spricht mein alter Freund ruhig.
„Das ist eine Lüge."
Ich bemerke, wie sich die Wachen für einen Angriff bereitmachen. Wenn ich jetzt nicht einschreite, wird es zu spät sein.
Dann werde ich der Grund für diese Schlacht sein.
Das kann ich nicht verantworten.
„Stopp!", schreie ich. „Hört mir zu!" Mit letzter Kraft laufe ich nach vorne, Rosalie dicht hinter mir. „Ich habe freiwillig die Cullens aufgesucht, als ich von ihrem angeblich unsterblichen Kind hörte. Ich kenne Carlisle schon viele Hundert Jahre und wusste, dass er nie dieses Gesetz brechen würde. Außerdem brauchte ich selbst seine Hilfe." Mit zittrigen Händen löse ich die Schleife meines Umhangs. Kurz halte ich ihn jedoch noch fest. „Denn ich habe bemerkt, dass etwas nicht mit mir stimmt. Ich konnte mich nicht mehr Verwandeln. Ich war schwächer. Mein menschlicher Körper verlangte nach Blut. Ich -" Den Umhang lasse ich los und zu Boden fallen. „Ich habe bemerkt, dass ich Schwanger bin." Jeder hatte nun freie Sicht auf meinen Bauch. „Ich habe bemerkt, dass ich Schwanger bin, von einem Vampir. Von Alec." Meine Augen suchen Alecs Blick. Eine gefühlte Ewigkeit halten wir den Blickkontakt, der in Wirklichkeit nur wenige Sekunden andauert. Auch schaue ich zu meinem Vater. Ich kann keinen der beiden Blicke deuten.
Ich will weitersprechen, mich erklären, aber wieder entrinnt ein Schrei meiner Kehle.
Und ich weiß: Es ist zu spät.
Das Kind kommt jetzt.
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Und ich habe es nie bemerkt? (Alec Lovestory)
Hayran KurguEs gibt Tage, an denen einem alles genommen wird. Der Vater, dann auch noch die Mutter und schließlich die Menschlichkeit. Tage, an denen man vor Hass vergeht, bis ... ein Lichtblick kommt. Und für mich war es meine Gabe. Es gibt Tage, an den das Sc...