. . . sind die worte,

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10. Oktober 2011

Isaac,

manchmal braucht es keine Taten, um jemanden zu verletzen. Manchmal können Worte das perfekt.

Worte können eine geheilte Wunde aufreißen und sie erneut zum Bluten bringen, und das sogar so oft, dass die betroffene Stelle irgendwann nicht mehr verblasst und sich dunkel verfärbt, denn wenn man die gleiche Narbe immer wieder öffnet, ist sie noch tiefer als zuvor. Worte können tödlicher als ein Messer sein, wenn man mit ihnen nicht umzugehen weiß.

Doch ich stelle mir öfter die Frage, was tödlicher ist - Sind es die ausgesprochenen Worte, die sich wie Nadeln in uns hineinbohren, oder unsere Gedanken, die wir uns über sie machen?

Ich habe es geliebt, wie du mit mir gesprochen hast. Deine Worte haben mich nicht nur erfreut, sondern auch beruhigt. Mich und meine Dämonen, denn bevor wir uns gekannt haben, ist mein Kopf ein Schlachtfeld, auf dem meine Gedanken einen stetigen Krieg geführt haben, gewesen. Sie haben sich gegenseitig ausgelöscht, bevor andere Gedankengänge an die Front gekommen sind, bis sie mich zum Rand des Abgrunds getrieben haben.

Aber du, Isaac - du hast sie zum Schweigen gebracht, bis ich sie irgendwann nicht mehr hören konnte. Jedenfalls, für eine Weile. Du hast mich vor meinem eigenen Chaos gerettet.

Es ist ironisch und absurd zugleich, wie deine Worte meine Dämonen für eine lange Zeit verbannt, aber sie auch wieder zurückgeholt haben. Irgendwann haben deine Worte begonnen, sich ihnen anzuschließen. Du hast ihnen die Macht gegeben, wieder über mich zu herrschen und Gewalt auszuüben.

Aber das kannst du nicht glauben, stimmt's?

Gewalt ist nicht immer sichtbar, Isaac, und deswegen fließt nicht bei jeder Verletzung Blut. Manche bluten innerlich, und wenn man nicht genauer hinsieht, erkennt man diese Wunden nicht. Irgendwann hast du nicht mehr hingesehen. Irgendwann ist dir plötzlich alles egal gewesen, weil dich die Drogen, der Alkohol und deine Erinnerungen an Maya geblendet haben.

Du hast angefangen, alle Menschen mit Worten von dir wegzustoßen. Auch mich. Sosehr ich darauf beharrt habe, dich nicht zu verlassen, umso mehr hast du dich von mir distanziert.

Warum, Isaac? Hattest du Angst, dass ich dich nicht verstehen würde? Wolltest du nicht über deine vergangene Liebe reden, weil du nie über sie hinweggekommen bist? War es deine Art, um dich so von mir zu trennen?

Ich weiß nicht, ob ich dir die Schuld für den Schmerz, den mir deine Worte bereitet haben, geben sollte, wenn ich weiß, dass deine eigenen Dämonen dich eingeholt haben.

In Liebe,
Deine Vanda

Was Uns BleibtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt