Teil 002

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"Komm, leg erst einmal ab", unterbricht Jolie ihr Staunen. Sie ist zu einer roten Ledersitzgruppe in der Mitte der Fensterfront hinübergegangen und winkt einladend. "Wie im Kaufhaus", denkt Annika und folgt ihr. Auf dem Glastischchen vor der Couch steht ein Tablett mit zwei Martinigläsern. Etwas Rotes, halbgefroren Aussehendes ist darin und ein kurzer, schwarzer Strohhalm. Jolie folgt Annikas Blick, und als diese ihre Handtasche auf einen der Sessel gelegt hat, reicht sie ihr eins der Gläser.

Sie selbst nippt kurz an dem anderen und erklärt dann: "Hier ist unser Magazin, Entwürfe, die es nicht in den Katalog geschafft haben, Reste der alten Kollektionen und so weiter. Die meisten Sachen nähen wir selbst, manches lassen wir auch fertigen. Da sammelt sich über die Jahre einiges an. Unser Personal trägt keine Uniform, jeder darf tragen, womit er sich gut fühlt. Und da war es irgendwie logisch, dass sich die Leute ihre Dienstkleidung hier aussuchen können, wenn sie wollen. Also würde ich sagen, wir gehen mal herum und schauen, was für Dich in Frage käme."

Annika nimmt das Glas entgegen. Es fühlt sich kühl an, Wassertropfen kondensieren auf dem Kelch. Sie ist wirklich durstig und so nimmt sie ein paar tiefe Züge, während sie Jolie zuhört. Im ersten Moment fühlt es sich an wie Erdbeer-Slushi, aber als sie aufhört zu trinken, spürt sie die Wärme des Alkohols. "Oh Mist", denkt sie, und "Lecker..." und wird ein wenig rot, aus Angst, sie könnte jetzt das Gespräch verbocken, weil sie fast den ganzen Drink in einem Zug gekippt hat, wo es doch so warm ist und sie sonst nie viel trinkt. Aber es ist so köstlich gewesen, dass sie noch einen kleinen Schluck nippt, um die Kühle und die darauffolgende Wärme in der Kehle noch einmal zu spüren. Dann stellt sie das Glas wieder ab, murmelt verlegen eine Zustimmung und folgt Jolie zu den Kleiderstangen.

Was davon soll sie bloß tragen? Hotpants mit Pailletten? Eher nicht. Das Top da? Sieht man ja alles! Etwas verloren blickt sie sich um, dann fällt ihr Blick auf ein unverfänglich wirkendes weißes Kleid mit weitem Rock. "Vielleicht dieses?", fragt sie schüchtern und zeigt es Jolie. "Klar, wieso nicht. Du kannst Dich auch passend wie Marilyn frisieren, wenn Du magst. Ich hänge es mal rüber, vielleicht finden wir noch ein paar schöne Stücke."

Als Jolie wiederkommt, steht Annika ein paar Stangen weiter verwirrt mit einem schwarzen ... Ding ... in der Hand da. "Wie ist das denn gedacht?", fragt sie. Jolie lächelt, als die großen, grünen Augen sie fragend anblicken. "Wirklich süß, die Kleine", denkt sie. "Mal sehen, ob sie hierher passt... hoffentlich!" - "Probier's doch nachher einfach mal an, das ist einfacher als jede Erklärung", schlägt sie laut vor.

Einige Zeit später haben sie eine gewisse Menge Outfits gesammelt, manche aus Neugier, andere als echte Kandidaten. Etwas erschöpft von der Auswahl, mit leicht geröteten Wangen und ein klitzekleines bisschen beschwipst kommt Annika wieder zu dem Tisch. Hier gibt es aber schon sehr hübsche Stücke, denkt sie sich, und dass sie unbedingt nochmal herkommen muss, wenn sie mal einem Freund hat. Aber ob sie in so einem Outfit kellnern will? Was soll denn das überhaupt für ein Laden sein, ein Stripclub? Hoffentlich erklärt Jolie das noch genauer, Stripclub kommt ja wohl nicht infrage!

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