Dunkler Dämon

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Legolas
Das Volk hatte gewählt und mich als König anerkannt. Tarics übrige Männer hatte ich am Leben gelassen und eingesperrt, denn so grausam, sie umzubringen, war ich nicht und wollte ich auch nicht sein. Einige Tage waren seither vergangen, in denen wieder ein wenig Ruhe eingekehrt war. Allerdings hatte ich erkennen müssen, dass die Lebensumstände in den Höhlen zum einen nicht gerade die besten waren und zum anderen war der Platz trotz der Größe der Höhlen doch ziemlich gering. Besonders jetzt, da alle Werwölfe in den Höhlen lebten, weil Taric und seine Männer die Lager im Wald zerstört hatten. ,,Das kann so nicht weitergehen", seufzte ich, als ich eines Abends mit Vater vor einer großen Feuerschale saß, in der orange-rote Flammen züngelten. ,,Was meinst du?", fragte Vater. ,,Das alles hier. Dem Volk geht es nicht gerade bestens, jetzt wo alle gezwungenermaßen hier in den Höhlen leben müssen und außerdem wissen wir immer noch nicht, was in unserer Heimat vor sich geht", antwortete ich. ,,Über letzteres habe ich auch schon nachgedacht", meinte Vater, ,,Soweit ich Celleth kenne, wird er die absolute Macht, die er jetzt hat, gnadenlos ausnutzen. Dem Volk wird es also schlecht gehen, besonders denjenigen, die sich offen gegen ihn wenden, erwartet kein gutes Schicksal." ,,Wenn das stimmt, müssen wir etwas tun!", sagte ich. Ich konnte nicht verstehen, warum Vater dieses Wissen so lange für sich behalten hatte, wo es doch um unser Volk ging. ,,Aber was? Wir können wohl kaum einfach in die Hallen spazieren und ihn bitten, wieder zu gehen", meinte Vater und stand auf, um weitere Holzscheite in das Feuer zu legen. ,,Wir haben kaum eine andere Möglichkeit, wenn wir keinen weiteren Krieg anzetteln wollen", entgegnete ich. Der Gedanke an einen weiteren Krieg, egal wie viele Völker involviert sein würden, gefiel mir gar nicht. Der Ringkrieg hatte genug Opfer gefordert und diese Welt hatte ihren Frieden verdient, nachdem die größte Bedrohung Mittelerdes ein für alle Mal vernichtet worden war. Vater schwieg für einen Moment und sah in die Flammen in der gusseisernen Feuerschale. ,,Ich fürchte, wir haben keine andere Wahl", murmelte er plötzlich, den Blick starr in die Flammen gerichtet. Verwirrt sah ich ihn an. Gerade von ihm hatte ich mir Unterstützung in einer friedlichen Lösung erhofft, hatte er von Kriegen doch eigentlich mehr als genug miterlebt. Da Vater meinen Blick nicht wahrzunehmen schien, sondern nach wie vor in die Flammen starrte, als würde er dort etwas Außergewöhnliches sehen, stand ich auf und trat neben ihn. Nach einem weiteren Augenblick der Stille sprach ich ihn an, da mir sein Verhalten äußerst merkwürdig vorkam. Vater zuckte sichtlich zusammen, bevor er den Blick zu mir wandte. ,,Alles in Ordnung?", fragte ich. ,,Ich weiß nicht, wie sich das gerade definieren lässt", antwortete Vater mit einem weiteren, flüchtigen Blick ins Feuer. Mir warfen sich durch diese Antwort aber nur weitere Fragen auf, die ich auch sogleich stellte: ,,Was meinst du damit?" ,,Ich weiß nicht, ob ich nicht doch einen Kelch zu viel von dem Brandwein hatte, aber die Flammen haben zu mir gesprochen", erklärte Vater, weshalb ich ihn verwirrt ansah. ,,Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich bin mir sicher, dass es so war. Wie eine flüsternde Stimme und dann waren da plötzlich Bilder. Bilder von den Hallen, von Celleth und dunklen Kriegern, die durch den Wald marschieren und Zerstörung verbreiten", erklärte Vater. Er selbst klang so verwirrt über seine eigenen Worte, dass ich nicht glaubte, dass er sich alles nur eingebildet hatte. ,,Und was haben die Stimmen gesagt?", hakte ich nach und blickte selbst in die Flammen, sah und hörte aber nichts ungewöhnliches. ,,Der dunkle Fluch Mittelerdes ist noch nicht gebrochen. Dort, wo die Dunkelheit lange überdauert hat, ist sie nun erneut erwacht und schleift bereits die Klingen von zehntausend Schwertern", sagte Vater. ,,Was hat das zu bedeuten?", fragte ich. ,,Ich fürchte wohl, es bedeutet Krieg", antwortete Adar mit einem Seufzen. ,,Hat diese Welt denn nicht schon genug Krieg gesehen?", seufzte ich und Vater stimmte mir zu. Wir beide wollten keinen weiteren Krieg mehr, Vater noch viel mehr als ich, aber wenn Celleth nur die Sprache von Schwert und Blut verstand, blieb uns wohl nichts anderes übrig. ,,Ihr sprecht von Krieg?", erklang auf einmal Lessiens Stimme hinter uns. Wir beide drehten uns um und sahen wohl sehr ernst aus, denn sie entschuldigte sich dafür, uns unterbrochen zu haben. ,,Ist schon in Ordnung, dich betrifft es ja auch", meinte ich daraufhin. ,,Also wird es Krieg geben?", hakte Lessien nach und lief währenddessen zu uns. Ihr langes, dunkles Kleid schliff dabei ein wenig auf dem Boden. Es stand ihr gut und die Blumenstickereien betonten ihre Figur. Es fiel mir schwer, meinen Blick wieder von ihr abzuwenden, aber ich tat es, um nicht zu sehr abgelenkt zu werden. Stattdessen sah ich zu Vater. ,,Wir haben wohl keine andere Wahl, denn Celleth versteht offenbar nur noch diese Sprache", erklärte Vater. ,,Krieg ist etwas Schreckliches. Ich habe noch keinen erlebt, aber die Erzählungen sind eindeutig", meinte Lessien. ,,Ich habe mehr als genug Kriege erlebt und einige der schrecklichsten Schlachten der Geschichte geschlagen. Ich habe genug davon, aber durch diese Erlebnisse erkenne ich auch, wann ein weiterer Krieg unausweichlich ist", entgegnete Vater und wandte seinen Blick wieder den Flammen zu. Lessien schien etwas verwirrt, denn sie sah mich kurz fragend an, bevor sie wieder das Wort ergriff. ,,Welche Anzeichen gibt es denn überhaupt?" fragte sie. Vater und ich warfen uns kurz einen Blick zu. Eigentlich hatten wir nur Vaters Wissen über Celleth, wie er früher war, und Vaters Schilderungen über die eigenartige Erscheinung im Feuer. ,,Es gibt keine?", stellte Lessien vermeintlich fest, da sie unseren Blick natürlich bemerkt hatte. ,,Dass es gar keine Anzeichen gibt, kann man nicht sagen", meinte ich und sah dann wieder zu Vater. Er sollte alles weitere erklären, was er auch tat. Lessien lauschte aufmerksam und schließlich stand sie, ebenso wie Vater und ich, direkt vor der Feuerschale und sah in die Flammen. ,,Ich sehe nur Flammen", sagte sie. ,,Mir ging es nicht anders, Less", meinte ich, ,,Aber wenn ich es mir recht überlege, scheinst du dich in letzter Zeit zu verändern, Vater." Lessien und ich sahen Vater daraufhin an. ,,Ich weiß, ich bemerke es selbst", entgegnete er, ,,Ich verstehe fremde Sprachen, die ich zuvor noch nie gehört habe und Flammen sprechen zu mir." Danach herrschte einen Moment nachdenkliche Stille, aber keinem von uns fiel eine plausible Erklärung dafür ein. ,,Nun ja, wenn es sich um eine Art Magie handelt, wüsste ich jemanden, der uns vielleicht weiterhelfen kann", meinte ich schließlich und erntete daraufhin erwartungsvolle Blicke. ,,Tarics Männer", verkündete ich. Vater und Lessien sahen mich beide gleichermaßen verwirrt und ablehnend an. ,,Du hast sie gerade erst einsperren lassen und jetzt willst du ihre Hilfe? Sie reißen dich in Stücke wenn das Schloss an der Tür auch nur ein klein wenig locker ist", meinte Vater du schüttelte energisch den Kopf um seine Aussage noch zu unterstreichen. Dass er mich für so leichtsinnig hielt, machte mich wütend. ,,Ich spreche auch nicht von freilassen", entgegnete ich mit leichtem, aber dennoch deutlichem giftigen Unterton und ich sah Vater an, dass er diesen durchaus bemerkt hatte. ,,Außerdem müssen sie uns nicht helfen, was sie auch niemals würde. Sie sind mir seiner Meinung nach zu keinerlei Treue verpflichtet und dir somit auch nicht. Sie müssen uns nur sagen, was sie über Magie im Süden wissen", erklärte ich. ,,Und wie willst du Verräter dazu bringen, dir das zu sagen?", hakte Vater nach. Mir war inzwischen eine Idee gekommen, die sehr wahrscheinlich auch funktionieren würde. Erwartungsvoll sahen Lessien und Adar mich an, als ich einen meiner Mithrildolche zog, mir in den Finger stach, sodass es ein klein wenig blutete und das Blut betrachtete. ,,Nennen wir es eine fast faire Bestechung", sagte ich und wandte meinen Blick zu den beiden. Offenbar hatten sie begriffen, was ich vorhatte. ,,Du bist sicher, dass das funktioniert?", hakte Lessien schließlich nach. ,,Das werde ich jetzt herausfinden", antwortete ich und ließ Lessien mit meinem Vater einfach stehen. Mit schnellen Schritten begab ich mich zu den Kerkern. Je länger ich wartete, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass Tarics Männer aufgrund des Mangels an Blutmagie bereits gestorben war. Ich hatte sie in den Raum gesperrt, in dem sich zuvor der verfluchte Wolf befunden hatte. Auszubrechen war aus diesem Gefängnisraum schlichtweg unmöglich, schließlich hatte sich auch der verfluchte Wolf nicht daraus befreien können. Vor der dicken Tür blieb ich stehen und öffnete die Klappe eines kleinen, vergitterten Sichtfensters. In der dunklen Gefängniszelle sah ich die Werwölfe hocken. Alle waren deutlich gealtert und wirkten abgemagert und schwach. Der Entzug der Blutmagie machte sich also wirklich schon stark bemerkbar. ,,Kommst du, um uns zu töten?", fragte einer der Werwölfe nahe der Tür dann. Seine Stimme war kratzig. ,,Nein, ich bin hier um einen Handel vorzuschlagen", antwortete ich. ,,Beinhaltet er unsere Freilassung?", fragte der Werwolf fast schon hoffnungsvoll. Ich schüttelte den Kopf. Freilassen würde ich keinen dieser Werwölfe mehr. ,,Dann lehne ich ab", knurrte er und drehte mir anschließend den Rücken zu. ,,Ihr seid selbst dafür verantwortlich, dass ihr nun hier eingesperrt seid. Deshalb kann ich euch nicht freilassen. Keinen von euch", erklärte ich, ,,Aber ich kann es erträglicher machen. Ich weiß, ihr lechzt nach meinem Blut. Wenn ihr mir das sagst, was ich wissen will, gebe ich euch etwas davon." Die Männer murmelten untereinander, allerdings verstand ich sie nicht, da sie es in ihrer Sprache taten. ,,Was willst du denn wissen?", fragte de Werwolf von vorhin schließlich über seine Schulter. ,,Alles, was ihr über jegliche Magie im Süden wisst", antwortete ich. Jetzt drehten sich der Werwolf doch wieder zu mir um. Auf seinem gealterten, fahlen Gesicht zeichnete sich ein wissendes Grinsen ab. ,,Die Macht als Werwolf-König ist dir wohl nicht genug, was?", meinte er. ,,Wozu ich diese Informationen brauche hat dich nichts anzugehen", entgegnete ich barsch. ,,Ich bitte dich, wozu braucht man Magie denn sonst, wenn nicht zum Machtausbau", sagte er. Ich sagte nichts dazu. Auf diese Diskussion hatte ich absolut keine Lust. Der Werwolf lachte leise. ,,Sind wir im Geschäft oder nicht?", fragte ich schließlich. Der Werwolf stemmte sich daraufhin auf seine Füße und kam mit etwas humpelnd wirkendem Gang zu mir an die Tür. ,,Dein Blut kann uns egal sein. Wir verrotten hier doch sowieso bis zu unserem Ende", meinte er. Die Männer sahen sich unsicher an. Damit hatten sie nicht gerechnet und ich ehrlich gesagt auch nicht. ,,Mach uns ein neues Angebot und wir reden weiter", meinte Taric. ,,Die Freiheit, die ihr wollt, kann ich euch nicht geben", entgegnete ich. Der Werwolf betrachtete mein Gesicht durch die Gitterstäbe des Sichtfensters für einen Moment. ,,Du bist wirklich außergewöhnlich schön", meinte er dann, ,,Wärt ihr Elben nicht so unglaublich prüde, würde mir ein angemessenes Angebot einfallen, dass du uns machen könntest, Schönling." Verwirrt sah ich den Werwolf an. Ich wusste nicht so recht, was seine Worte zu bedeuten hatten, auch wenn ich eine vage Vermutung hatte. Er lachte, als er meinen Blick bemerkte. ,,Wirklich ein Jammer, dass ihr so prüde seid. Ihr verpasst eine ganze Menge Spaß", meinte er. Eigentlich sollte es mich nicht interessieren, was er damit meinte, aber neugierig war ich dennoch. Ob meine Vermutung stimmte? ,,Ich verstehe nicht", entgegnete ich und ließ mich somit auf dieses eigentlich völlig belanglose Gesprächsthema ein. Der Werwolf lachte noch einmal mit rauer Stimme. ,,In unserem Volk ist es egal, wen man begehrt. Ob Frau oder Mann, es ist belanglos. Was zählt ist einzig die Begierde, die Lust und die Liebe, nicht das Geschlecht des anderen", erklärte er und ließ seinen Blick musternd über mich schweifen. ,,Unter anderen Umständen hätte ich getötet, für eine Nacht nur mit dir. Aber so trennt uns leider diese Zelle", fügte er dann noch hinzu. Ich schwieg einen Moment, um die neuen Informationen zu verdauen. Ich musste zugeben, es klang befremdlich für mich, was er sagte. Zumal ich noch nie darüber nachgedacht hatte, ob es überhaupt möglich wäre, dass ein Mann einen anderen Mann in dieser Weise lieben kann oder eine Frau eine Frau. ,,Was sagst du zu meinem Angebot?", fragte der Werwolf mit einem anzüglichen Grinsen, das seinem alternden Gesicht überhaupt nicht stand. ,,Es ist inakzeptabel", antwortete ich schlicht, ,,Niemand verkauft für so etwas seinen Körper!" ,,Schade", meinte der Werwolf und einige der anderen lachten leise. ,,Das Angebot mit meinem Blut steht allerdings noch", sagte ich dann. Noch einmal berieten die Werwölfe sich ,,Schön", sagte der Werwolf dann, wenn auch offenbar etwas widerwillig, ,,Ich muss dein Angebot wohl annehmen." Dieser rasche Stimmungswechsel überraschte mich. ,,Du bekommst deine Informationen und wir dein Blut. So viel, dass es diesen Monat reicht. Für jeden von uns!", stellte der Werwolf seine Bedingungen. ,,So viel kann ich euch unmöglich auf einmal geben", entgegnete ich. ,,Dann eben in Etappen. Mir doch egal, Hauptsache wir kriegen es überhaupt. Falls nicht, verfluchen wir dich, deine Familie und Freunde bis in alle Ewigkeit", sagte er. Verwirrt sah ich ihn an. Wäre er überhaupt dazu fähig, einen Fluch auszusprechen, ganz abgesehen von seinem körperlichen Zustand. ,,Oh ja, das können wir. Blutmagie hält nicht nur ewig jung", meinte der Werwolf, als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich atmete kurz durch. ,,Ich bin ein Mann, der sein Wort hält, selbst wenn er es eingesperrten Verrätern gegeben hat", sagte ich mit fester Stimme und hielt dann eine kleine Phiole hoch. Darin hatte ich bereits ein paar Tage zuvor etwas Blut von mir gesammelt. Falls es doch noch Blutmagier gäbe, die auf freiem Fuß waren, hätte ich mich oder auch Vater mit der Phiole freikaufen können, schließlich zählte das Blut, nicht der Körper in dem es floss. ,,Hier ist eure erste Ration", sagte ich, gab sie dem Werwolf allerdings noch nicht, der die rote Flüssigkeit mit gierigen Augen anstarrte. ,,Zuerst will ich aber die Informationen", sagte ich. Der Werwolf knurrte etwas genervt, begann aber dann zu sprechen. Er berichtete von Blutmagie und ihren Anwendungen, den Regentänzen der Nomaden und den Heilungszaubern der Südelben, sowie einer dunklen, bösen Magie die einige Zeit den kleinen Wald östlich des Großen Waldes beherrschte. Das war jedoch nichts, was ich gebrauchen konnte. Die Heilungszauber unterschieden sich kaum von denen meines Volkes, Blutmagie kannte ich zum Teil bereits und die Regentänze hatten ebenfalls rein gar nichts mit Feuer oder etwas dergleichen zu tun. Und von schwarzer Magie wollte ich schon gar nichts hören. Sauron hatte damit bereits genug Schaden in dieser Welt angerichtet. ,,Gibt es Magie die sich speziell auf das Element Feuer bezieht?", hakte ich nach. Der Werwolf schien kurz zu überlegen. ,,Es gibt Legenden über eine Blume aus Feuer, die aus einem winzigen Überrest des Lichtbaums Laurelin von Valinor entstanden sein soll", meinte er dann. ,,Die Feuerrose", sagte ich. Taric horchte auf. ,,Dann gibt es sie wirklich?", fragte er. Ich nickte. ,,Was sagt man über ihre Kräfte?", hakte ich dann nach. ,,Am meisten bekannt sind ihre Heilkräfte, allerdings birgt sie angeblich noch eine viel tiefsitzendere Macht", begann er, hielt dann jedoch inne und sah mich prüfend an. Seine Augen weiteten sich ein wenig, als er begriff, wieso ich daran so interessiert war. ,,Du hast ihren Saft getrunken", stellte er vermeintlich fest. ,,Nicht ich", entgegnete ich, ging darauf aber nicht näher ein, sondern kam wieder auf die Kräfte der Rose zu sprechen: ,,Zeigt sich diese tiefsitzendere Macht darin, dass derjenige, der den Saft getrunken hat, fremde Sprachen verstehen kann und Flammen zu ihm sprechen?" Der Werwolf nickte. ,,Aber es heißt auch, die Macht könne auf die Seele übergehen und sie mit einem wütenden Feuer füllen", fügte er noch hinzu. Danach war er still. Offenbar war dies alles, was er wusste, was er nach einer Nachfrage meinerseits auch bestätigte. Jetzt verlangte er die Phiole mit Blut, welche ich ihm auch gab. ,,Vergiss die übrigen Rationen nicht", meinte der Werwolf und öffnete die Phiole. Ich schenkte ihm keine Beachtung mehr, sondern ging. Ich hatte die Informationen die ich brauchte. Was sie jetzt mit meinem Blut anstellten, ob sie es tranken oder sich auf Wunden träufelten, brauchte ich beim besten Willen nicht zu wissen. Jetzt musste ich zuerst einmal Vater davon berichten. Als ich um eine Ecke bog, erschien plötzlich Arvons Geistergesicht vor mir. Erschrocken sprang ich zurück, während Arvon lachte. ,,Entschuldige, aber diesen Spaß wollte ich mir nicht entgehen lassen", meinte der Geist. ,,Solange es bei diesem einen Mal bleibt", murmelte ich, wieder etwas gefasster und ging weiter. Arvon grinste noch immer und folgte mir. ,,Weißt du, das Leben als Geist ist eigentlich gar nicht so übel. Klar hat es auch Nachteile, ich meine, mich sieht außer dir niemand, aber es macht richtig Spaß, die Leute zu erschrecken. Du hättest das Gesicht von den zwei sehen sollen, denen ich die Stühle durch den Raum gezogen habe. Zum totlachen", erzählte er, und lachte über die Erinnerung an diesen Streich. ,,Gibt es einen Grund, weshalb du mich aufgesucht hast, Arvon?", fragte ich ihn, denn wenn ich ehrlich war, wollte ich in diesem Moment von niemandem aufgehalten werden. ,,Darf ich nicht meinen Freund begrüßen, der zurückgekommen ist, das Duell um den Thron gewonnen und es geschafft hat, die Bestie, die mich umgebracht hat, zu zähmen?", fragte Arvon. Er klang eigenartig unbeschwert, als er über den verfluchten Wolf sprach, der ihn in seinem Blutrausch doch getötet hatte. ,,Können wir die Wiedersehensfreude auf später verschieben? Ich muss dringend zu meinem Vater", meinte ich. Arvon blieb mit einem leicht beleidigten Gesichtsausdruck stehen. ,,Wenn es sein muss", seufzte er gespielt genervt. Ich nickte ihm dankbar zu und wandte mich der Tür zu, die zu dem kleinen Saal führte, in dem ich vorhin mit Vater und Lessien gesprochen hatte. Bevor ich den Raum allerdings betrat, wandte ich mich noch einmal an Arvon. ,,Es freut mich auch, dich wiederzusehen, Arvon", sagte ich. Der Geist lächelte mich daraufhin an und lehnte sich an die Wand des Flures. Ich betrat den Raum und war etwas verwirrt, Gimli alleine dort vorzufinden. Der Zwerg lag auf dem Boden vor dem Sofa, auf dem Vater und ich gesessen hatten. Im ersten Moment dachte ich, er würde schlafen, doch dann entdeckte ich seine Axt, die unweit von der rechten Hand des Zwerges auf dem Boden lag. Schnell lief ich zu meinem Weggefährten und rüttelte ihn ein wenig. ,,Gimli. Gimli, wach auf!", sagte ich, aber der Zwerg rührte sich zunächst nicht. Langsam bekam ich etwas Angst. ,,Arvon!", rief ich nach draußen und der Geist kam keinen Augenblick später hereingestürmt. ,,Was ist passiert?", fragte er aufgebracht, doch dann fiel sein Blick auf Gimli und er begriff. Ich rüttelte den Zwerg noch immer und gerade als Arvon sich zu mir kniete, regte er sich wieder. ,,Gimli, was ist geschehen? Wo sind Lessien und Vater?", fragte ich, sobald er die Augen aufschlug. Gimli brummte nur etwas unverständliches, während er sich aufrappelte. Erst als ich meine Worte noch einmal mit Nachdruck wiederholte, reagierte Gimli darauf. ,,Dieses Ding...sie hat sich in dieses Ding verwandelt. Mich hat sie einfach umgehauen und die anderen beiden hat sie wohl mitgenommen. Da aus dem Fenster ist sie gesprungen. Mehr konnte ich nicht mehr sehen", erklärte er etwas stammelnd. ,,Wer hat sich in was verwandelt?", hakte Arvon nach. Gimli, der ihn durch meine Berührung sehen konnte, zuckte gehörig zusammen. ,,Bei Durin, wenn ich nochmal erschreckt werde, wars das mit mir", brummte er. ,,Entschuldige", sagte Arvon, ,,Würdest du trotzdem meine Frage beantworten?" ,,Deine Tante und ich haben Lessien und deinen Vater hier getroffen und ein wenig geredet. Als das Thema auf Celleth fiel wurde deine Tante immer komischer und dann hat sie sich plötzlich in, ich weiß nicht, ein dunkles Wesen verwandelt", berichtete Gimli. Ein Aufschrei von draußen ließ uns zusammenfahren. Ich sprang auf und ging zum Fenster. Was ich draußen im Mondlicht erkennen konnte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Ein dunkles, mir unbekanntes Wesen war ganz in der Nähe des Waldes. Die Augen des Wesens glühten in einem feurigen Rot und in den klauenartigen Händen hielt es die Arme zweier Personen fest, die hinter ihm auf dem Boden schliffen.

Kissed by Fire ⚜A Middleearth Story | Book 3⚜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt