-8-

15 2 0
                                    

Abends versicherte ihr Max, dass zwischen ihm und Julian alles wieder in bester Ordnung sei. Man sagte Jungs wohl nicht umsonst nach, dass sie was Freundschaften anging unkomplizierter waren. Wobei sie für sich selber bei diesem Thema nicht wirklich aus eigener Erfahrung mitreden konnte. Seit sie in die Stadt gezogen war, hatte sie keine klassische beste Freundin mehr. Das hatte sich irgendwie nicht ergeben. Eigentlich nichts, worüber sie sich bisher Gedanken gemacht hatte, aber jetzt wäre es doch ganz schön, wenn es jemand gäbe, dem sie sich anvertrauen könnte. 

Julian meldete sich nicht bei ihr. Fast zwei Wochen vergingen ohne dass sie von ihm hörte oder ihn sah. Anscheinend machten sie jetzt tatsächlich wieder genauso weiter, wie in den vergangenen Monaten. Wahrscheinlich jetzt dahingehend verschärft, dass er es nun überhaupt nicht mehr riskierte, einen Fuß über ihre Türschwelle zu setzen.

Weihnachten stand unmittelbar bevor. Sie war versucht, tatsächlich irgendetwas Unbekömmliches zu essen, damit sie die geplante Magenverstimmung wenigstens nicht vortäuschen musste. So hätte sie ihr Gewissen immerhin um eine Lüge erleichtert.

Sie bemühte sich, Max nicht merken zu lassen, dass sie unter der Situation litt, aber es gelang ihr nicht ganz. Ihr Bruder war sensibel, und er hatte genug mitbekommen, um sich seinen Teil zu denken. Dennoch umschiffte sie alle Themen, die auch nur im entferntesten mit Julian zu tun hatten, ihm gegenüber großräumig. Sie wollte Max nicht in die Bredouille bringen. Denn egal, was sie sagte, alles brachte ihn unweigerlich zwischen ihre Fronten. Und das wollte sie um jeden Preis vermeiden.

 Umso verwunderter war sie, dass er freiwillig selbst davon anfing.

„Julian hat mich gebeten dir auszurichten, dass du mitkommen sollst an Weihnachten."

Misstrauisch hob sie den Kopf. „Ach, ja?"

„Ja", bestätigte Max. „Er meinte, du würdest wegen ihm vielleicht nicht kommen wollen, und das will er nicht."

Sie war verwirrt. „Was will er nicht? Dass ich nicht hinkommen will oder dass ich nicht dabei bin?" 

Max schnaubte und rollte genervt seine Augen. „Ist das nicht das Gleiche?"

Sie konnte ihm ansehen, dass er insgeheim bereits bereute, das Thema überhaupt aufgebracht zu haben. Er spielte hier nur seinem besten Freund zuliebe den Boten, das war offensichtlich. Dennoch konnte sie es Max jetzt leider nicht ersparen, genauer nachzuhaken.

„Nein, das ist nicht das Gleiche, absolut nicht! Für mich macht es einen Riesenunterschied!"

Ihr Bruder schüttelte den Kopf und sah sie verständnislos an. „Aber es kommt doch aufs Gleiche heraus, also kann es doch egal sein." 

„Mir ist es aber nicht egal!", beharrte sie. „Es ist ein entscheidender Unterschied, ob er mich dabeihaben will, oder ob er lediglich bereit ist, meine Anwesenheit zu erdulden!"

Max zog argwöhnisch die Augenbrauen zusammen. „Also stimmt es, dass du nicht mitkommen willst?" 

Sie beichtete ihm kleinlaut ihren Plan von der Magenverstimmung, den Julian ganz ohne ihr Zutun schon im Vorfeld durchschaut hatte.

„Na, toll! Hast du dabei vielleicht auch mal an mich gedacht? Ich möchte dich nämlich gern dabei haben!" Max wirkte ehrlich enttäuscht. „Ohne dich ist es irgendwie nicht vollständig. Und was willst du überhaupt die ganze Zeit alleine zu Hause? Das stelle ich mir noch viel schlimmer vor, also was bringt dir das? Es wird doch wohl möglich sein, dass ihr euch für ein paar Stunden zusammenreißt und irgendwie miteinander auskommt, oder? Ihr müsst euch ja nicht gleich nebeneinander setzen!"

So, wie er es formulierte, klang es tatsächlich eigentlich ganz simpel. Und anscheinend kam er gerade erst in Fahrt.

„Du kannst außerdem nicht von Julian verlangen, dass er dich dabei haben möchte, wenn du selbst eigentlich gar nicht hinkommen willst", brachte er es auf den Punkt. „Du kannst von ihm nicht mehr erwarten als du zu geben bereit bist!"

Liebe(r) ohne PlanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt