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Die Realität holte sie wieder ein, sobald er gegangen war.  In Julians Nähe war sie wie elektrisiert und absolut zuversichtlich, doch kaum war er weg, kamen ihr erneut Zweifel.

Hatten er und sie tatsächlich eine Chance? Seine Eltern mal außer Acht gelassen, wie würden ihre Freunde reagieren?

In ihrem eigenen Freundeskreis war sie selbst ja schon das Küken. Alle anderen waren noch einmal mindestens zwei Jahre älter als sie. Als sie damals mit sechzehn ins Wohnheim gezogen war, hatte sie ihre Freunde unter den Studenten gefunden. Die jüngsten waren zu dem Zeitpunkt bereits achtzehn gewesen und standen heute, so wie sie selbst, voll im Berufsleben. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie dort viel Verständnis dafür erwarten durfte, dass sie sich mit einem minderjährigen Schüler einließ.

Heute Abend war sie zu einem fünfundzwanzigsten Geburtstag eingeladen. Zwischen diesen Leuten und Julian lagen wirklich Welten.

Sie hingegen wirkte in seinem Freundeskreis sicher ähnlich deplatziert. Konnten sie beide überhaupt irgendwo in der Öffentlichkeit als Paar wahrgenommen werden ohne gleich Aufsehen zu erregen?

Oder reichte es für eine Beziehung vielleicht aus, in Zweisamkeit miteinander glücklich zu sein?

Natürlich erhoben Julians Eltern keine Einwände, dass er die nächste Nacht wieder, diesmal mit entsprechender Ankündigung, „bei Max" blieb. Diese Halbwahrheit belastete zwar Sabrinas Gewissen, aber nicht so sehr, dass es sie davon abhielt, die Nacht mit ihm zusammen verbringen zu wollen.

So verließ sie die Geburtstagsparty zeitig und sammelte auf dem Rückweg Julian in einer Bar ein, in der er sich mit seinen Leuten getroffen hatte. Da ihre Feier etwas außerhalb stattfand, war sie ohnehin mit dem Auto unterwegs.

„Komm doch noch kurz rein, ich stelle dich den anderen vor", bat Julian, als sie vor der Bar einparkte und ihn anrief. „Wir sind ganz hinten durch, in dem Raum mit dem Billardtisch." Er spielte also tatsächlich häufiger Billard, realisierte sie nebenbei.

Etwas nervös willigte sie ein und betrat zögerlich die urtümliche Kneipe, die von außen eher einem größeren Hexenhäuschen glich. Aus dem Inneren schallte ihr laute Rockmusik entgegen.

Hier war sie noch nie gewesen. Ihre Freunde hatten einen anderen Musikgeschmack und bevorzugten durchgestylte moderne Designerbars. Hier hingegen schien die Zeit seit mehreren Jahrzehnten stehen geblieben zu sein. Sie mochte die Aufmachung dieses Ladens auf Anhieb. Es erinnerte sie ein wenig an die heimelige Atmosphäre früherer Landjugend-Feten in ihrem Heimatdorf, und damit an glückliche und unbeschwerte Momente ihrer frühen Jugend.

Sie bahnte sich ihren Weg durch die zahlreichen Gäste und fand problemlos den von Julian beschriebenen Billard-Raum. Dort standen die Leute etwas weniger dicht gedrängt und die Musik lief etwas gedämpfter.

Julian war mit dem Schlagzeuger seiner Band und zwei Mädchen, deren Alter Sabrina auf um die achtzehn schätzte, in eine Partie vertieft. Eine Handvoll weiterer Personen, die offenbar zu der gleichen Runde gehörten, gruppierten sich auf Barhockern um einen Stehtisch.

Alle sahen erwartungsvoll auf, als sie sich näherte. Unter ihnen war auch der Sänger der Band, der sie schon am Vortag angesprochen hatte. Er grinste süffisant und hatte sicher bereits den nächsten kessen Spruch auf den Lippen. Julian kam ihm jedoch zuvor.

„Brini! Da bist du ja endlich!" Er stellte sein Billardqueue ab und schloss sie ungestüm in seine Arme. Ungeachtet ihres Publikums küsste er sie innig, bis sie, die sich vor seinen Leuten wie auf dem Präsentierteller fühlte, sich protestierend von ihm losmachte.

Liebe(r) ohne PlanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt